Ford Explorer als Plug-In-Hybrid: Wie grün ist das SUV-Monster?

Auf Entdeckungsfahrt mit dem neuen Explorer von Ford. Ein Dinosaurier der SUV-Kultur erfindet sich neu. Eine erste Testfahrt.
- Der neue Ford Explorer trumpft nicht nur beim Antrieb auf.
- Er hat 457 PS, soll aber trotzdem umweltfreundlich sein. Geht das?
- Rekordverdächtig sind die 10 WLAN-Anschlüsse und die 12 Becherhalter.
Aus welchem Land soll dieses Fahrzeug schon stammen? Es hat zwölf Becherhalter, zehn W-Lan-Anschlüsse und schluckt im Notfall knapp 2.300 Liter Kofferraumvolumen. So ein Auto kann doch nur aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten kommen. Und das tut er auch, der neue Ford Explorer. Der große SUV* wird in Chicago, Illinois, produziert. Auch für den europäischen Markt, auf dem jetzt die Auslieferung beginnt.
Der neue Ford Explorer: Ein Hauch von Klimafreundlichkeit als Plug-In-Hybrid

30 Jahre nach seiner Geburt und acht Millionen Fahrzeuge später weht um den amerikanischen Ur-SUV, der den Boom in Nordamerika eigentlich erst auslöste, sogar ein Hauch von Klimafreundlichkeit. Als Plug-In-Hybrid verfügt er über zwei Antriebsarten und leistet Gewaltiges: Der konventionelle Verbrenner, ein drei Liter großer V6-Benziner, bringt zusammen mit einem 102 PS starken Elektromotor 457 PS und ein Drehmoment von sagenhaften 825 Newtonmetern auf die Straße.
Keine Frage: Es macht schon Spaß dieses Flaggschiff amerikanischer Autobauer-Kunst leichtfüßig durch die Gegend zu jagen. Wenn die mächtige Motorhaube, um die Kurven zirkelt, wenn die vier Auspuffrohre blubbern, als würde man in einem 70er-Jahre-Cadillac sitzen. Zumindest bei den Emissionen kann der Zwitter-Antrieb überzeugen. Mit nur 71 Gramm CO2 pro Kilometer (nach WLTP-Norm) ist der Explorer ein echter Saubermann. Das wäre er auch, wenn der Verbrauch tatsächlich nur bei den angegebenen 3,1 Litern (WLTP) liegen würde. Dieser Wert ist freilich nur rein rechnerisch, der das konsequente Aufladen der Batterie voraussetzt. Da aber niemand seinen Explorer nach der ebenfalls theoretischen Elektro-Reichweite von 42 Kilometern wieder an den Strom hängt, kommen in der Praxis ganz andere Werte heraus. Unser Testfahrzeug, zeigte im Langstreckenverbrauch realistische zehn Liter nach knapp 1.500 Kilometern an, davon waren immerhin 335 Kilometer elektrisch.
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Ford Explorer Plug-In-Hybrid: Diese Fahrstufen gibt es

Das Rekuperieren, also die Energierückgewinnung beim Bremsen, beherrscht der Ford Explorer scheinbar recht gut. Auf der kurzen rund 50 Kilometer langen Probefahrt verlor die Batterie von ihrer ursprünglichen E-Reichweite in der Höhe 28 Kilometern nur rund die Hälfte. Und auch erst dann als dem Auto per Knopfdruck der reine E-Betrieb verordnet wurde.
- "EV Jetzt" heißt diese Fahrstufe, die ein Tempo bis 135 Stundenkilometer erlaubt. Sie ist eine von vier möglichen.
- Bei "EV Auto" wechselt der Antrieb je nach Anforderung und Ladezustand in den bestmöglichen Status.
- "EV später" spart Batteriekraft für eine eventuell noch kommende Umweltzone
- und bei "EV aufladen" treibt der Benziner nicht nur das Auto an, sondern lädt die Akku wieder auf.
Apropos: Wer morgens mit voller E-Power zu seinem Weg in die Arbeit aufbrechen will, braucht an der Haushaltssteckdose fünf Stunden 50 Minuten, an einer Wallbox oder öffentlichen Ladestation dauert es vier Stunden 20 Minuten.
Der neue Ford Explorer: Fahrprogramm variabel einstellbar
Angetrieben wird der Explorer von einem intelligenten Allradsystem. Alle zehn Millisekunden ruft der Computer Sensordaten ab (darunter Geschwindigkeit, Gierbewegungen und Reifengrip) und verteilt die Kraft dann je nach Bedarf zwischen den Achsen. Heckbetont, wenn es dynamisch sein soll, frontgetrieben, wenn es der Straßenzustand erfordert.
Ob Schnee, Sand, Matsch, Gelände oder Anhängerbetrieb - für jede fast jede Situation gibt es wiederum ein eigenes Fahrprogramm. Genauso wie bei den Hybrid-Alternativen dreht man dafür am Rad, das in der Mittelkonsole untergebracht ist. Unnötig zu betonen, weil Amerikaner: Das ganze läuft natürlich über eine Automatik. Und weil der Explorer Maßstäbe setzen will, gibt es sogar zehn Gänge.

Damit noch nicht genug mit den Superlativen: Über fünf Meter lang, fast 2,30 Meter breit - der US-Koloss bietet seinen Passagieren Platz satt. Sogar eine dritte Sitzreihe hat er an Bord für insgesamt sieben Reisende oder für eine ganze Basketballmannschaft nebst zwei Ersatzspielern. Und wer dem örtlichen Möbelgiganten am Wochenende einen Besuch abstatten will, der sollte über ein gutes Bankkonto verfügen. Denn in den Explorer passt richtig was rein. Wenn hinten per "Easy Fold Flat-System" alles elektrisch und per Knopfdruck umgeklappt ist, dann entsteht eine Fläche von 2,14 Metern Länge und 1,22 Meter Breite. Dort lassen sich exakt 2.274 Liter unterbringen. Zum Vergleich: Ein 5er Kombi von BMW schluckt rund 1.700 Liter.

Der Innenraum bietet zahlreiche digitale Features
Zur Komfortzone im neuen Ford-Explorer gehört natürlich auch das digitale Innenleben. Überall gibt es Ladebuchsen, insgesamt zehn WLAN-Anschlüsse lassen sich problemlos einrichten. Und auch bei den Bildschirmen wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Tesla lässt grüßen: Die Instrumententafel, früher auch Tacho genannt, misst eine Bildschirm-Diagonale von 31,2 Zentimetern, der Infotainment-Touchscreen 25,7 Zentimeter. Voll digital sind auch die Fahrzeugassistenten, die das teilautonome Fahren möglich machen.

Allerdings funktioniert das hier alles nicht so smart wie bei Mercedes oder BMW. Das System greift teilweise ziemlich ruppig in das Geschehen ein, so als ob einem der Fahrlehrer ins Lenkrad greift. Und noch was aus der Mecker-Ecke: Die Bilder der Rückfahrkamera und die 360-Grad-Rundumsicht sind zu klein. Platz wäre auf dem senkrecht gestellten Tablet eigentlich genug.
Aber zurück zu den uramerikanischen Tugenden. Laufruhe und Dämmung verdienen Bestnoten. Auch wenn bei der Lärmbekämpfung digital nachgeholfen wird. "Aktive Geräuschkompensation" (ANC) nennt man das. Dabei lokalisieren Mikrofone im Innenraum störende Laute wie etwas Reifen- und Windgeräusche. Mit gegenläufigen Schallwellen, die über das Audiosystem übertragen werden, neutralisiert das ANC diese unangenehmen akustischen Begleiterscheinungen. Apropos Audio. Auch hier ist America great again. 14 Lautsprecher und 980 Watt sorgen für einen wahren Soundgarden.
So viel kostet der neue Ford Explorer
Der Preis des Explorers, der in einer Liga mit BMW X7, Mercedes GLS oder Volvo XC90 spielt, ist heiß. In Deutschland gibt es ihn in zwei Ausstattungsvarianten. Als ST-Line ab 76.000 Euro und als Platinum-Ausgabe ab 77.000 Euro. Dafür steckt aber schon so viel Schnickschnack im Auto, dass man fast nicht mehr bestellen will und kann. Eine echte Kampfansage an andere Premium-Hersteller.
Unser Fazit zum Explorer

Die Entdeckungstour mit dem neuen Explorer fing mit einer Menge Vorurteile an. Zu dick, zu schwer, zu unbeweglich. Von wegen! Dieser SUV von Ford ist ein leichtfüßiges, schnelles Biest mit viel Platz und Komfort. Zehn Liter Verbrauch sind zwar kein Pappenstiel, aber in Anbetracht der Größe und der Verwendungsmöglichkeiten des Autos durchaus gerechtfertigt. Und bei den CO2-Emissionen ist man mit diesem Plug-In-Hybrid auch noch auf der richtigen Seite.
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Datenblatt Ford Explorer Plug-In-Hybrid ST-Line
Hubraum: | 3.000 ccm |
Verbrenner-Motor: | V6-Benziner |
Leistung: | 363 PS |
E-Motor: | 102 PS |
Max. Systemleistung: | 457 PS bei 5.750 U/min |
Max. Drehmoment: | 825 Nm bei 2.500 U/min |
Getriebe: | 10-Gang-Automatik |
Antrieb: | Allradantrieb |
Länge/Breite/Höhe: | 5,05/2,28/1,78 m |
Leergewicht (zul): | 2.466 kg / 694 kg |
Kofferraum: | 240 - 2274 l |
0 auf 100: | 6,0 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit: | 230 km/h |
Normverbrauch (WLTP): | 3,1 l |
Stromverbrauch: | 20,5 kWh/100 km |
Co2-Emission (WLTP): | 71 g/km |
Preis: | ab 76.000 Euro |
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Rudolf Bögel
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