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Porsche 911 Dakar: Mit dem Rallye-Elfer zum Härtetest in die Wüste

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Von: Rudolf Bögel

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Er heißt Dakar, und ist der vielleicht radikalste 911, den Porsche gebaut hat. Ein Sportwagen fürs Gelände – aber mit Straßenzulassung.

Auf den Dünen surfen mit einem Porsche 911? Surfen und Safari – Schnapsidee oder Wahnsinnstrip? Porsche schickt uns in die Wüste. Genauer gesagt in die Dünenlandschaft von Erg Chebbi im marokkanischen Hinterland. Die rötliche Sandwüste erstreckt sich hier über 22 Kilometer Länge und 5 Kilometer Breite. Die höchsten Dünen ragen bis zu 150 Meter auf. Eine beeindruckende Kulisse auch für Film-Leute. Historienschinken wie „Lawrence von Arabien“ wurden hier gedreht, aber auch Szenen von „Star Wars“.

Porsche 911 Dakar Dünen Sand
Nur nicht vom Gas gehen. Der 911 Dakar fräst sich wie ein Schaufelraddampfer durch die Dünenlandschaft. © Rossen Gargolov / Porsche

Porsche 911 Dakar – was hat er wirklich drauf?

Für uns ist dieses Stück Sahara die ideale Spielwiese für den radikalsten Porsche aller Zeiten. Den 911 Dakar. Für Abenteuerreisen dieser Art hat der Dakar jede Menge Technik an Bord. Wenn man so will, das Best-Off der 911-Reihe mit ein paar Leckerbissen obendrauf: Herzstück ist der Sechszylinder-Biturbo-Motor aus dem GTS mit seinen 480 PS und 570 Nm Drehmoment. In 3,4 Sekunden geht es von 0 auf 100. Bei 240 km/h ist Schluss – der Geländereifen wegen. Die technische Basis des Dakars stammt vom Carrera 4, die besonders leichte Fronthaube mit den oben liegenden markanten Lufteinlässen vom GT3 und auch die Motorlager kommen aus dem Rennsport.

Porsche 911 Dakar Wüste Dromedar
Zwei Wüstenschiffe in der Sahara. Die Dromedare sind die einzigen Wesen in der Wüste, die dem Porsche Dakar mit Gleichmut begegnen. © Rossen Gargolov / Porsche

Sieg bei der Rallye Paris – Dakar: Die Geburt einer Legende

Beim Antrieb setzt Porsche auf die Technik, die beim Dakar-Sieg 1984 erstmalig eingesetzt wurde. Allrad für einen Sportwagen. Einen Prototyp hatte Porsche bei der IAA schon 1981 gezeigt. Idee und Auto elektrisierten den damaligen viermaligen Le-Mans-Sieger Jacky Ickx. Das Auto muss zur härtesten Straßen-Rallye der Welt. Der Paris-Dakar. Auch Entwicklungsvorstand Helmuth Bott ließ sich von der verrückten Idee überzeugen. Feuertaufe bestanden: Nach 11.000 Kilometern unter Extrembedingungen kamen die drei 911er (Boxermotor, 225 PS) tatsächlich ins Ziel. Das Team René Metge/Dominique Lemoyne sogar als Sieger. Geburt einer Legende.

Porsche 911 Dakar Abschlepp-Ösen rot
Spätestens an den roten Abschleppösen erkennt man, dass dieser Porsche 911er ein besonderer Vertreter seiner Art ist. © Rossen Gargolov / Porsche

Höhergelegt schafft der 911 Dakar sogar Tempo 170

Mit dem hemdsärmeligen Allrad von damals hat der heutige im Antrieb im Dakar-Nachfolger kaum mehr etwas zu tun. Heutzutage werden die Kräfte zwischen Vorder- und Hinterachse in Millisekunden verschoben. Die als „Torque Vectoring“ bezeichnete Technik verschiebt die Drehmomente sogar zwischen den einzelnen Reifen und sorgt bei Bedarf mit der voll elektronisch geregelten Hinterachs-Quersperre für optimale Traktion. Sogar in den marokkanischen Dünen. Dort, wo im Sommer der Sand brennt. Als wir im Wüstencamp ankommen, haben wir schon Dutzende Kilometer über Geröll- und Steinpisten hinter uns. Vorbei an kauenden Dromedaren, die sich auch durch die Porsche-Karawane nicht aus der Ruhe und aus dem Kauvorgang bringen lassen. Für die Einheimischen sind das hier ganz normale Straßen. Mit ihren Land Cruisern und Land Rovern schaukeln sie gemächlich durch die Sahara. Mit dem Dakar flitzen wir vorbei wie Pod Racer auf den Outer Rims. Tempo 80, 90, 110 – das Fahrwerk des Dakars mit seinen Stahlfedern und variablen Dämpfern schluckt verblüffend viel unebenes Gelände weg. Beim wilden Ritt durch die Wüste hilft natürlich auch die große Bodenfreiheit. Im Gegensatz zum normalen Carrera liegt der Rallye-Elfer schon mal um 50 Millimeter höher, das eingebaut Liftsystem holt noch mal 30 Millimeter heraus und bietet damit Werte wie ein SUV. Das Hochniveau hält der Extrem-Porsche sogar bis Tempo 170. „Für ambitionierte Offroad-Fahrten“, wie Porsche sagt. Was wir nicht unbedingt ausprobieren wollen.

Porsche 911 Dakar Sanddüne
Wenn der Porsche Dakar durch die Sanddünen kreuzt, hört sich das so an, als ob die ganze Karosserie sandgestrahlt wird. Ist auch so. © Rossen Gargolov / Porsche

Wie ein Schaufelraddampfer rauscht der Dakar durch die Dünen

Die Fahrt in die Dünen ist jedoch Pflicht. Der Blick schweift durch die rote Hügellandschaft mit ihren langen Kämmen und Dünen, die sich auftürmen wie die Monsterwellen vor dem portugiesischen Nazaré. Dass man hier mit dem bewährten Vier-Huf-Antrieb eines Dromedars hinaufkommt, das sehen wir. Aber das Ganze auch mit einem Sportwagen? „Immer Gas geben, nie stehenbleiben, wenn es nach oben geht“, schärft uns der Instruktor mehrmals ein. Wenn man sich erstmal festgefahren hat, dann heißt es schaufeln. Für diesen Fall haben wir oben auf dem Dach einen Klappspaten und Bergeboards dabei. Alternativ kann man hier auch ein Dachzelt montieren. Original von Porsche entwickelt natürlich. Aber die Schmach, hier steckenzubleiben, ist keine Option. Mit Respekt folgen wir den Spuren im Sand. Sie führen ins Nichts. Immer am Gas bleiben, die Traktion nicht verlieren. Und los geht’s. Nicht zaghaft, sondern Vollgas. Verblüffend, wie sich der 911 Dakar die Piste hochkämpft. Wie ein Schaufelraddampfer, bloß auf Sand. Ein echtes Wüstenschiff. Nur Mut und nicht Gas geben, wenn das Heck des Führungsfahrzeugs hinter der Kuppe verschwindet und die eigene Fronthaube in den Himmel schießt. Nach ein paar hundert Metern fühlt sich das aber so richtig gut an. Die Traktion ist immer da, das Vertrauen auch. Und der Spaß sowieso. Surfen und Safari – diese Surfari ist nach unserem Geschmack.

Porsche 911 Dakar Geröll Dachkorb
Über Stock und Stein fährt der vielleicht radikalste Elfer so, als ob er sich auf Asphalt bewegen würde. Deshalb liegt die Karosserie höher, so wie bei einem waschechten SUV. © Rossen Gargolov / Porsche
Porsche 911 Dakar Autor Rudolf Bögel
Im Dachkorb befinden sich Benzin- und Wasserkanister sowie ein Klappspaten und Bergebleche, falls sich der Porsche doch mal im Gelände festbeißt. © Rossen Gargolov / Porsche

Pirelli Scorpion All Terrain – ein Spezialreifen fürs Gelände

Ob Sanddüne, Kies oder Geröll – der 911 Dakar hat immer den nötigen Grip. Liegt auch an den richtigen Reifen. Zusammen mit Pirelli hat Porsche den Scorpion All Terrain Plus entwickelt. Vorne in der Dimension 245/45 ZR 19, hinten mit 295/40 ZR 20. Das grobe Profil hat eine Tiefe von neun Millimetern, also etwas mehr als ein Winterreifen im Neuzustand. Um sich die Pneus nicht schon beim ersten unter dem Sand versteckte Stein aufzuschlitzen, wurden die Seitenwände verstärkt und auch die Lauffläche besteht aus zwei Karkassen. Dass die Scorpions von Pirelli im Gelände kräftig zustechen, respektive beißen, das konnte man noch erwarten. Aber kann man mit den groben Stollen auch auf normalen Straßen fahren? Verblüffend gut. Da rumpelt nichts, da rattert nichts – und wenn doch, dann werden Abrollgeräusche vom satten Boxersound des Sechszylinders elegant weggebügelt.

Porsche 911 Dakar Interieur
Im Cockpit gibt es kaum Überraschungen, hier sieht es aus wie in jedem 911, nur bei den Fahrprogrammen kommen mit Rallye und Offroad zwei Neue dazu. © Rossen Gargolov / Porsche

Die Sanddünen von Erg Chebbi verschwinden langsam hinter dem Horizont. Der Porsche ist wieder da, wo er ursprünglich herkommt. Auf Asphalt. Nur 2.500 Exemplare des Rallye-Elfers will Porsche produzieren. Sie dürften auch trotz des stattlichen Grundpreises von 222.000 schon längst ausverkauft sein, wobei die meisten Kunden dieses Auto wohl ganz gepflegt auf öffentlichen Straßen ausführen werden.

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