Ist ein SUV mit Hybrid-Antrieb ein besserer SUV?

SUVs machen Angst, SUVs sind umstritten: Zu groß, zu durstig. Jetzt arbeiten die Hersteller am Image. Wie gut und sparsam sind die neuen Hybrid-SUVs?
- Land Rover schickt mit dem Evoque und dem Discovery gleich zwei Hybride ins Rennen.
- Audi hält mit dem Q3 e dagegen und verpasst auch dem Mutterschiff Q8 einen E-Motor.
- Zu wenig Reichweite, zu viel zusätzliches Gewicht, das sind die Haken der Hybrid-SUVs.
Der Defender machte Land Rover zur Kult-Marke. Aber erst mit Evoque und Discovery wurden die Engländer so richtig massentauglich. Der Schönling und das Arbeitstier bringen es auf stattliche Verkaufszahlen. Vom Evoque liefen 900.000 Exemplare vom Band, vom Disco Sport eine halbe Million. Jetzt macht Land Rover die beiden SUVs* fit für die Zukunft. Mit einem intelligenten Hybrid-Antrieb, der 309 PS leistet und mit nur zwei Litern Benzin auskommen soll.

Land Rover setzt gleicht auf drei Antriebe
Etwas sperrig heißt das Modell in beiden Fällen P300e PHEV. Ein so genanntes Plug-in Hybrid Electric Vehicel* ist ein aufladbares Hybridsystem, in diesem Fall sogar mit drei Komponenten. Da ist zum einen der 1,5 Liter große Benziner, der vom bestehenden Vierzylinder abgeleitet wurde und jetzt eine Brennkammer weniger hat. Er verfügt trotzdem über 147 kW (200 PS) und bringt seine Power über die Vorderachse an die Räder. Dazu gesellt sich die 80 kW (109 PS) starke E-Maschine, die wiederum auf der Hinterachse sitzt. So einfach geht Allrad. Als Dritter im Bunde stößt noch der von einem Riemen angetriebene Startergenerator dazu, der für ein schnelles Anfahren sorgt, und die Bremsenergie in Strom umwandelt.
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55 Kilometer fahren ohne Lärm und Abgase
Hört sich kompliziert an, und ist es auch technisch gesehen: Weil hier nicht einfach Kraft über die Kardanwelle an die Räder geschickt wird, sondern die verschiedenen Motoren je nach Anforderung untereinander kombiniert werden müssen. Am besten so, dass der Fahrer es nicht merkt. Das ist den Ingenieuren jedenfalls gelungen. Natürlich fällt die gedämpfte Lärmkulisse auf, wenn nur die E-Maschine läuft. Das tut sie im Idealfall 55 Kilometer lang und bis zu Tempo 135, dann schaltet sich der Verbrenner zu.
Der Dreizylinder-Motor ist nicht jedermanns Sache
Das auf drei Zylinder kastrierte Triebwerk werkelt bei Vollgas naturgemäß gerne im höheren Drehzahlbereich. Kann nervig sein. Dafür hat man dem Motor die typischen starken Vibrationen mit einer eigenen Ausgleichswelle abgewöhnt. Jetzt zu sagen, dass der Turbo-Benziner wie ein Kätzchen schnurrt, wäre auch übertrieben, aber letztendlich ist die Laufruhe überzeugend. So wie die Fahrwerte. In nur 6,4 und 6,6 Sekunden spurten Evoque und Discovery Sport von 0 auf Tempo 100.

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So viele Kilos mehr schleppen Discovery und Evoque mit
Sieht gut aus - auf dem Papier! Beim Fahrtest kommt die Beschleunigung zumindest gefühlsmäßig nicht ganz so überzeugend rüber. Dabei wäre mit 540 Newtonmeter (Nm) ausreichend Drehmoment vorhanden. Da die beiden Maschinen jedoch ihre Leistungsspitzen bei unterschiedlichen Drehzahlen erreichen, fühlt sich das nicht ganz so homogen an, wie man sich das wünscht. Hier hilft der Lahme dem Blinden. Und natürlich spürt man, dass die beiden SUV´s auch jede Menge an Gewicht herumschleppen. Normal wiegt so ein Evoque mit 162 PS-Diesel-Motor an Bord knapp 1,79 Tonnen. Der Discovery Sport bringt es auf 1,84 Tonnen. Durch die Hybrid-Technik werden die zwei Wuchtbrummen noch mal um 320 Kilogramm (Disco) und 370 Kilogramm (Evoque) schwerer.
Brauchen die Autos wirklich nur zwei Liter Benzin?
Das merkt man beim Verbrauch. Die angegebenen zwei Liter beziehen sich auf den Idealfall, also mit vollem 15-kWh-Akku. Im Testbetrieb landeten wir flugs bei knapp sieben Litern, auch weil wir ausprobieren wollen, was tatsächlich geht. Wer dosierter mit der Kraft umgeht, könnte aber tatsächlich bei vier Litern landen. Die aufwendige Hybrid-Technik hat auch ihren (stattlichen) Preis. Im Gegensatz zur Grundmotorisierung mit dem 163-PS-Diesel (rund 38.000 Euro) kommt ein Hybrid-Evoque auf circa 55.000 Euro, beim Disco Sport sind es statt 37.000 rund 55.500 Euro.

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Beim Audi Q3 kostet die Hybridtechnik Kofferraum
Auch Audi gibt Gas bei den Hybrid-Autos. Jetzt schicken die Ingolstädter ihren beliebten Kompakt-SUV Q3 e ins (Prämien-)Rennen. Denn beim Erwerb eines Hybrid-Wagens zahlen Hersteller und Staat bis zu 6.750 Euro, so dass diese Fahrzeuge fast auf dem preislichen Niveau eines herkömmlichen Verbrenners rangieren. Dafür gibt es bei Gewicht und Platzangebot Minuspunkte. Die Hybrid-Variante des Q3 bringt durch die zusätzliche Technik (Motor und Akku) rund 200 Kilogramm mehr auf die Waage. Und die kosten nicht nur Energie, sondern auch Platz. 150 Liter weniger stehen im Kofferraum des Plug-In-Q3 zur Verfügung. Damit sind es nur noch 380 Liter Volumen, und damit knapp ein Drittel weniger als normal.
Elektromotor als leiser Turbolader
Soweit die Nachteile – aber es gibt auch Vorzüge. Der Q3 45 TFSI e schafft immerhin bis zu 50 Kilometer rein elektrisch. Und damit emissionsfrei. Zumindest auf dem Papier. Wenn man wie bei unserer Testfahrt bei Temperaturen unter 0 Grad unterwegs ist, schmilzt die Spannung der 13 kW großen Batterien schnell dahin. Merke: Wer es warm haben will, und noch dazu gerne mit dem Gaspedal spielt, kommt nur halb so weit wie angegeben. Es ist aber auch zu verlockend, den Elektromotor als stillen Turbo zu missbrauchen, um den 1,4 Liter großen und 150 PS starken Benziner so richtig auf Trab zu bringen. Die E-Maschine steuert noch mal 116 PS dazu und wuchtet das Drehmoment auf 400 Newtonmeter (Nm). Dabei überpinselt sie geschickt das Leistungsloch, bis genügend Druck für die Turbinenräder im Verbrenner aufgebaut ist. Das führt zu Top-Beschleunigungswerten von 7,3 Sekunden im Q3 (im fast baugleichen A3 sind es 7,6) Sekunden. So gut sich das in den unteren Drehzahlen anfühlt, so weniger angenehm hört sich das in den höheren Bereich an. Denn da muss sich der kleine Benziner ziemlich lautstark abstrampeln.

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Warum es den Audi Q3 e nicht als Allradmodell gibt
Aber das fällt noch weniger ins Gewicht als das Antriebs-Manko. Leider gibt es weder A3 noch Q3 mit Allrad, das ist im gemeinsamen Baukasten des VW-Konzerns nicht vorgesehen. Also muss man mit Frontantrieb leben. Bei der Kompaktlimousine stört das eher weniger – bei einem Salon-Geländewagen wie dem Q3, der schon serienmäßig mit entsprechenden Offroad-Fahrprogrammen ausgestattet ist, schon eher. Dafür dürfte der Verbrauch ein gutes Argument sein, wenn man mit einem hart gesottenen SUV-Gegner diskutieren muss. Zwar wird man unter zwei Litern, wie angegeben, nicht auskommen. Aber selbst bei winterlichen Temperaturen schluckte der Testwagen nur knapp sechs Liter. Für 1,8 Tonnen und 245 PS schon fast ein Schnäppchen.

Und so schnell ist das hybride SUV-Mutterschiff Q8
Damit kommt man mit dem großen Bruder, dem Q8 TFSI e, der heuer ebenfalls als Zwitter auf den Markt kommt, natürlich nicht einmal ansatzweise hin. Ausgestattet mit dem gleichen Antriebsstrang wie Panamera E-Hybrid oder VW Tiguan R, pfeift der 2,5 Tonner mit seinen 462 PS auf die Gesetze der Schwerkraft und rennt in 5,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Fühlt sich gut an, vor allem, wenn man seinem Q8 mit den modernen Segnungen der Audi-Technik wie zum Beispiel Luftfederung gegönnt hat. Da liegt man dann aber schon im sechsstelligen Bereich.
Hybridtechnik um jeden Preis? Unser Fazit
Immer wenn in der Industrie von Überbrückungstechnologie gesprochen wird, dann heißt es: Aufpassen! Meistens ist damit ein fauler Kompromiss gemeint. Das trifft auch auf Hybrid-Autos zu, wenn man sie nicht konsequent aufladen kann. Mit leerem Akku verbraucht der Verbrenner noch mehr als sonst. Deshalb stellt sich auch die Frage, welches Auto für welchen Kunden. Liegt die tägliche durchschnittliche Kilometerleistung bei 50 bis 60 Kilometern kann es schon Sinn machen einen Hybriden zu fahren. Der große Vorteil ist neben geringen Verbrauch und Emissionen auch die Langstreckentauglichkeit eines PHEV. Man kann damit auch große Distanzen überwinden, darf sich dann aber auch nicht wundern, wenn der Verbrauch entsprechend hoch ist.
Technische Daten Range Rover Evoque P300e PHEV
- Hubraum 1.498 ccm
- Verbrenner (Front) 147 kW (200 PS)
- E-Motor (Heck) 80 kW (109 PS)
- Systemleistung 227 kW (309 PS)
- Systemdrehmoment 540 Nm
- Batteriekapazität 15 kWh
- On-Board-Lader 7 kW
- Ladedauer 6,5 Stunden (Steckdose); 2 Stunden (Wallbox)
- elektr. Reichweite 55km
- Länge / Breite / Höhe: 4,37 / 2,10 / 1,65 Meter
- Leergewicht/Zul. 2.157 / 500 kg
- Anhängelast gebr. 1600 kg
- Kofferraum 591 – 1.383 l
- 0-100 km/h: 6,4 Sekunden
- Spitze: 180 km/h
- Normverbrauch: 2,0 l Super / 100 km
- 16,7 - 17,2 kwH Strom / 100 km
- CO2-Emission: 46 - 48 g/km
- Preis: ab 55.974 Euro
Technische Daten Audi Q 3 Sportback 45 TFSI e:
- Hubraum 1.395 ccm
- Verbrenner 110 kW (150 PS) bei 5000 – 6000 U/min
- E-Motor 85 kW (116 PS)
- Systemleistung 180 kW (245 PS)
- Systemdrehmoment 400 Nm
- Batteriekapazität 13 kWh
- On-Board-Lader 3,6 kW
- Ladedauer zwischen 3,5 und 5 Stunden (Wallbox / Steckdose)
- elektr. Reichweite 50km
- Länge / Breite / Höhe: 4,50 / 2,02 / 1,57 Meter
- Leergewicht/Zul. 1.800 / k.A.
- Anhängelast gebr. k.A.
- Kofferraum 380 – 1.250 l
- 0-100 km/h: 7,3 Sekunden
- Spitze: 210 km/h (abgeregelt)
- Normverbrauch: 1,4 l – 1,7 l Super / 100 km
- 14,6 – 15,9 kwH Strom / 100 km
- CO2-Emission: 32 - 39 g/km
- Preis: ab circa 47.000 Euro
(Rudolf Bögel) *tz.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes