Almabtrieb als Tierquälerei: „Der IQ mancher Tierschützer ist niedriger als der der Tiere ...”

Nach der Debatte um die Kuhglocken steht jetzt der Almabtrieb als Ganzes am Pranger: Tierschützer fordern die Abschaffung dieser alpenländischen Tradition. Im Allgäu wurden bereits einige Viehscheide aufgrund von Hass-Briefen und Drohungen abgesagt. Das sorgt vielerorts für Aufsehen - auch einige OVB24-Leser haben bereits ihre Meinung dazu geäußert. Wie steht Ihr zu dem Thema?
Maierhöfen - In vielen Alpenregionen finden im September traditionell die Almabtriebe statt. Zum Beispiel im Allgäu, wo sie „Viehscheid“ heißen. Die Rinder wandern ins Tal, um in den Ställen zu überwintern. Dafür werden sie mit Kränzen und Glocken geschmückt, und dazu gibt es ein großes Fest im Dorf.
Nach vehementen Protesten von Tierschützern wurden etliche Viehscheide im Allgäu nun abgesagt. In Maierhöfen etwa hat man sich entschieden, nach der Corona-Pause diese Tradition nicht mehr in der gewohnten Form wiederaufleben zu lassen. Seit 1906 liefen dort alljährlich die Kühe vom Hochgrat zurück ins Tal.
Tierschützer beklagen seit Jahren den Almabtrieb, da der 30 Kilometer lange Zug den Berg runter eine zu große Belastung für die Rinder sei. Jetzt hatten sie mit ihren Protesten offenbar Erfolg.
Nach Morddrohungen: Aus für traditionellen Viehscheid
Laut Bild würden die Bauern am Hochgrat Hassbriefe von Tierschützern bekommen. „Tierunwürdig“ sei der Abstieg ins Tal nach Maierhöfen. Alpmeister Herbert Mader sagte der Bild hierzu: „Tiermörder, Tierquäler und andere Beschimpfungen standen in den Briefen. Auch Morddrohungen waren dabei.“ Die Tiere seien das Kapital der Bauern. „Wenn wir das Jungvieh halb tot den Berg runterjagen, haben wir nichts davon.“
Ein Sprecher der LMU Klinik für Wiederkäuer sieht das anders. Gegenüber der Bild erklärte er, es komme vor, dass Kühe sich beim Weg ins Tal hinfallen und ein Bein brechen. Auch die Teerstraßen seien nicht optimal. „Es ist eine ruppige Tradition.“
Die von den Tierschützern vorgeschlagene Alternative: Die Tiere in Lkw verladen und den Berg hinauf und hinab transportieren. Das Zusammenpferchen im Lkw macht den Landwirten Sorgen. Zumal dieser Lkw-Tal-Transport der Rinder in Eigenregie laut Bild-Zeitung rund 10.000 Euro kostet.
Kommt das Aus des Almabtriebs auch bei uns?
Hass-Briefe und Drohungen hat Kaspar Stanggassinger vom Almwirtschaftlichen Verein Oberbayern, Bezirk Berchtesgaden, noch nicht erhalten, wie er in einem Gespräch mit chiemgau24.de sagt. Allerdings seien die hiesigen Almabtriebe bei Weitem nicht so groß wie im Allgäu.
Allerdings stellt sich Stanggassinger natürlich auch die Frage, weshalb Almabtriebe und Viehscheide nicht mehr stattfinden dürfen. „Zunächst waren die Kuhglocken das Problem, jetzt ist es gleich der ganze Almabtrieb. Die Tiere sind den ganzen Sommer über bei Wind und Wetter auf der Alm, sind in dem unwegsamen Gelände trainiert. Die haben eine unglaubliche Kondition, sind fit. Der Weg hinab ist bei uns im Gau überdies eine Strecke von zwei, maximal drei Stunden, ehe die Kühe ihre Stallungen erreichen.“
Für Stanggassinger verkennen die vermeintlichen Tierschützer komplett die Situation: Bevor der traditionsreiche Almabtrieb an den Pranger gestellt werde, sollte der Blick eher in so manche Betriebe mit fragwürdigen Schlachtmethoden gehen. „Doch da passiert auch seitens der Politik nichts. Stattdessen mischen sich Leute in Dinge ein, von denen sie keine Ahnung haben und die seit Jahrzehnten einwandfrei funktionieren.“
Ähnliche Worte findet Alfons Leitenbacher, Behördenleiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Traunstein. „Für unseren Bereich - insgesamt 225 Almen in den Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein - weise ich den pauschalen Vorwurf der Tierquälerei mit Nachdruck zurück“, unterstreicht er auf Nachfrage von chiemgau24.de.
„Die Almbauern möchten beim Almabtrieb ihre Tiere natürlich gesund und unverletzt nach Hause bringen und treffen daher die nötigen, der Situation angepassten Vorkehrungen, um dieses Ziel zu erreichen“, untermalt Leitenbacher und verweist beispielsweise auf die Absicherung gefährlicher Stellen, die Organisation einer ausreichenden Zahl von Helfern, die die Herde begleiten sowie ausreichende Tränkmöglichkeiten.
Von der Alternative, die Tiere in Lkw zu verladen und den Berg hinauf und hinab zu transportieren, zeigt sich Leitenbacher nicht begeistert. Das Be- und Entladen von Viehanhängern berge eine gewisse Verletzungsgefahr. „Nach meiner Überzeugung kann der Transport über oft steile und unebene Almstraßen im Übrigen einen größeren Stress für die Tiere darstellen, als wenn sie den Weg - ihrer Natur entsprechend - zu Fuß zurücklegen.“
Lesermeinungen zu Almabtrieb und Tierwohl: „Profilierungssucht und Wichtigtuerei”
Die Meinungen gehen bei diesem Thema auseinander. Doch was halten die OVB24-Leser von der Tradition des Almabtriebs unter dem Gesichtspunkt des Tierwohls? Unsere Umfrage im Artikel „Tradition oder Tierquälerei - Kommt das Aus des Almabtriebs auch bei uns?” zeigt ein deutliches Stimmungsbild, denn 97,71 Prozent der OVB24-Leser sind der Meinung, dass es sich um ein erhaltenswertes Brauchtum handelt. Nur 2,29 Prozent halten es für eine Tierquälerei, die abgeschafft gehört. (Stand: Dienstag, 23. August, 11.50 Uhr)
Auch in den Leser-Reaktionen auf den Artikel spiegelt sich das Umfrageergebnis wider. So schreibt etwa Master_Tom in den Kommentaren: „Dieser Blödsinn, zu behaupten, dass Viehscheide und Almabtriebe Tierquälerei seien, zeigt deutlich, dass der IQ so mancher Tierschützer niedriger ist als der der Tiere, die sie angeblich schützen wollen. Aber bei so etlichen „Tierschützern“ geht es ja auch eher um Profilierungssucht, Wichtigtuerei und Selbstdarstellung. Ich kenne eine dieser nahezu militanten Tierschützerinnen persönlich ...”
So sieht es auch Tanja K.: „Wo bitte ist das Tierquälerei, wenn die Kühe den ganzen Sommer frei auf einer Alm weiden können und dann den Berg hinuntergehen?? Das kann ich leider kein bisschen nachvollziehen. Ich selbst war schon öfter bei einem Almabtrieb dabei, und mir wäre nichts aufgefallen, was dabei einer Kuh schaden könnte!! Warum dürfen Mastbetriebe, Tiertransporte, Schlachtungen etc. weiterhin existieren - ist das keine Quälerei?? Hier läuft definitiv einiges verkehrt!“
Und ich_seh_dich schreibt dazu: „Um die Tiere zu „schützen“, müssen also jetzt zig Tausende Liter Diesel unnötig verblasen werden? Wundert mich eigentlich, dass keine Umweltschutzorganisation sich darüber aufregt.”
Was haltet Ihr von einem Verbot der traditionellen Almabtriebe? Schickt uns Eure Leserbriefe
Aufgrund vehementer Proteste von Tierschützern, die die Almbauern als Tierquäler beschimpfen und sogar Morddrohungen schicken, wurde in einigen Bergregionen jetzt die Tradition gekippt und Viehscheide abgesagt. Tierschützer sehen den Fußmarsch der Rinder kritisch, weil er zu belastend sei. „Quatsch“, sagen die Almerer, denn die Rinder würden schließlich den ganzen Sommer auf der Alp verbringen und seien das Laufen im Gelände gewohnt.
Schreibt uns Eure Meinung zum Thema per E-Mail an leserbriefe@ovb24.de (Kennwort: „Almabtrieb“ im Betreff). Bitte sendet uns neben Euren Zeilen auch unbedingt Euren Namen und Euren Wohnort – und am besten auch ein Foto von Euch. Die Redaktion veröffentlicht Eure Leserbriefe samt Namen und Wohnort anschließend in einem entsprechenden Artikel.
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