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Handy sichergestellt, Wohnung durchsucht: Polizei bestätigt schrecklichen Verdacht gegen Lokführer

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Von: Martin Weidner

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S-Bahn Unglück Schäftlarn
Die zerstörten Züge nach dem S-Bahn-Unglück bei Schäftlarn. © Feuerwehr Hohenschäftlarn (Montage)

Schäftlarn/München - Drei Tage nach dem schrecklichen S-Bahn-Unglück bei Schäftlarn (Landkreis München) mit einem Toten und zahlreichen (Schwer-)Verletzten hat sich die Polizei nun auf einer Pressekonferenz zum aktuellen Ermittlungsstand geäußert.

Steffen Küpper, Leiter der Münchner Verkehrspolizei, bestätigte, was verschiedene Medien - darunter auch rosenheim24.de - am Tag nach dem Unglück bereits berichtet hatten: Es besteht ein konkreter Verdacht, dass ein Lokführer ein rotes Signal überfahren hat. Laut Küpper habe das Signal in Fahrtrichtung München kurz vor dem Unfall Rot gezeigt: „Ich möchte allerdings betonen, dass dies der derzeitige Stand der Ermittlungen ist. Es kursieren diverse Gerüchte und Spekulationen, an denen wir uns nicht beteiligen möchten.“

Wohnung durchsucht, Handys sichergestellt

Der Lokführer, der den Zug in Richtung München/Kreuzstraße fuhr, wird von der Staatsanwaltschaft München I, die für die Ermittlungen unter anderem zuständig ist, nun deswegen als Beschuldigter geführt. Wie Sprecherin Anne Leiding bestätigte, ist dessen Wohnung inzwischen durchsucht worden. Der Schwerverletzte ist inzwischen formell auch zum ersten Mal vernommen worden. Sein Anwalt ließ jedoch verlauten, dass er zunächst keine Angaben zur Sache machen möchte.

Im Zuge der aufwendigen Ermittlungen mussten sich beide Lokführer sowie beide Fahrdienstleiter aus den Stellwerken in Höllriegelskreuth bzw. Wolfratshausen Alkoholtests unterziehen. Alle hätten jedoch einen Wert von 0,0 ergeben, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Die Handys der beiden Zugführer wurden sichergestellt, die beiden Fahrdienstleiter hätten diese freiwillig abgegeben, hieß es.

Zudem wurde ein Gutachter aus Stuttgart, der auch schon die Unfallursache nach dem Unglück in Bad Aibling im Februar 2016 untersucht hat, eingeschalten. Der Mann konnte sich am Dienstag (15. Februar) ein umfangreiches Bild vor Ort von der Lage machen. Am Mittwoch sei die Unfallstelle aus polizeilicher Sicht dann freigegeben worden, so dass nun die Bergungsarbeiten vollumfänglich stattfinden können.

Renommierter Gutachter hinzugezogen

Die Untersuchungen werden sich aber wohl einige Zeit ziehen, was nicht zuletzt an der hohen Menge an Daten liegt, die die Polizei vor Ort sichergestellt hat. Es seien „zahlreiche Speichermedien“ zu untersuchen, hieß es. Deswegen hat die Münchner Polizei sogar eine eigene Ermittlungsgruppe mit dem Namen „S-Bahn“ mit acht Mitarbeitern eingerichtet. Ausgewertet werden müssen auch die Datenschreiber der beiden S-Bahnen, die interne Sprachkommunikation sowie das Stellbild aus den Stellwerken in Höllriegelskreuth bzw. Wolfratshausen, das die Ermittler am Unfalltag ebenfalls sichern konnten.

Ob nun menschliches Versagen oder ein technischer Fehler als finale Unglücksursache zu nennen sind, darauf wollte sich Leiding zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einlassen: „Es wäre falsch, sich jetzt schon endgültig festzulegen in Sachen Unfallursache.“ Die sichergestellte Datenmenge sei mit der bei einem Flugzeugabsturz vergleichbar, so dass es mit Sicherheit längere Zeit dauern wird, bis alles ausgewertet ist.

Anklage wegen fahrlässiger Tötung droht

Zum drohenden Strafmaß - sollte sich der Verdacht gegen den Lokführer wirklich bestätigen - sagte Leiding, dass dann - unter gewissen Voraussetzungen - unter anderem Anklagen wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässiger Körperverletzung in zahlreichen Fällen sowie gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr möglich seien.

Bei dem Unglück am Montagnachmittag (14. Februar) waren gegen 16.35 Uhr im Bereich Schäftlarn-Ebenhausen zwei S-Bahnen frontal zusammengestoßen. rosenheim24.de hatte darüber bereits berichtet. Ein 24-jähriger Afghane starb, sechs Menschen (die beiden Lokführer sowie vier Fahrgäste) wurden schwer verletzt. Die Zahl der leicht und mittelschwer verletzten Personen korrigierte die Polizei auf der Pressekonferenz auf „etwa 25“ nach oben. Nach der Katastrophe gab es einen nahezu beispiellosen Großeinsatz, an dem in der Spitze bis zu 800 Einsatzkräfte beteiligt waren.

mw

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