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Endstation Flüchtlingsheim: Keine Chance auf dem bayerischen Wohnungsmarkt für Ukraine-Flüchtlinge

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Von: Natalia Aleksieieva, Katrin Woitsch

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Ukraine-Flüchtlinge
Ukrainische Flüchtlinge in einer Notunterkunft (Symbolbild). © Stephan Schulz/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

Die Flüchtlingsunterkünfte in Bayern sind fast voll. Auch, weil Geflüchtete kaum Chancen auf dem Wohnungsmarkt haben. Gleichzeitig kommen wieder mehr Asylsuchende an.

München – Nachts liegt Yana oft wach und kann nicht schlafen. Nicht nur, wegen der Sorgen um ihre Familie und ihre Freunde in ihrer ukrainischen Heimatstadt Charkiw. Sondern auch, weil es laut ist in der Unterkunft in der Neuherbergstraße in München. Dort lebt die 48-Jährige seit Monaten. Sie hat einen kleinen Bereich: ein Spint, ein schmales Brett, ein Regal. Dünne, halbhohe Holzwände schützen sie vor den Blicken anderer, aber nicht vor den Geräuschen.

Yana lebt in der Unterkunft seit mehr als drei Monaten. Als sie nach Bayern geflüchtet war, kam sie zuerst bei einer Familie unter. Doch als deren Sohn aus Amerika zurückkehrte, brauchte sie das Zimmer wieder. Yana musste ausziehen. Eine Wohnung konnte sie nicht finden – also blieb ihr nichts anderes übrig als die Unterkunft. Sie fürchtet, dass das noch lange so bleibt.

Gerade in Ballungsräumen wie München ist es für Geflüchtete fast unmöglich, Wohnungen zu finden. Beim Sozialreferat der Stadt gehen jährlich bis zu 14.000 Anträge auf sozial geförderte Wohnungen ein – durch den Ukraine-Krieg nun noch deutlich mehr. „Aber nur etwa 3000 Wohnungen pro Jahr werden frei“, sagt Sprecherin Edith Petry. „Es ist ein riesiges Dilemma.“

In München leben knapp 15.000 Geflüchtete aus der Ukraine

In München leben knapp 15.000 Geflüchtete aus der Ukraine, 1330 in Gemeinschaftsunterkünften. Bayernweit sind 13.000 ukrainische Flüchtlinge in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Bei den meisten Einrichtungen handelt es sich um Übergangseinrichtungen, zum Beispiel um Leichtbauhallen, die wie in der Neuherbergerstraße Bereiche nur durch Stellwände abtrennen. Für langfristige Unterkünfte gelten andere Standards, sagt eine Sprecherin des Sozialreferats. Dort leben die Geflüchteten in Mehrbettzimmern, Familien haben einen Raum für sich. Diese Einrichtungen sind laut Regierung von Oberbayern nahezu voll belegt. Rund 1851 sogenannte Fehlbeleger leben dort – anerkannte Asylbewerber, die keine Wohnungen finden.

Denn im Münchner Umland ist der Wohnungsmarkt ähnlich angespannt. Und die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge nimmt stetig zu. In einigen Regionen werden deshalb bereits neue Unterkünfte geplant, um zu verhindern, dass bald wieder Turnhallen umfunktioniert werden müssen.

Der Kreis Weilheim-Schongau plant sechs Unterkünfte mit insgesamt 520 Plätzen. In den jetzigen Einrichtungen gibt es 1738 Plätze, 167 Fehlbeleger leben dort – einige schon seit fünf Jahren, weil sie auf dem Wohnungsmarkt keine Chance haben. Noch sind 180 Betten frei. Doch das Landratsamt beobachtet die steigenden Flüchtlingszahlen mit Sorge. Bis Anfang August wurden in Deutschland mehr als 115.000 Erstanträge auf Asyl gestellt, Tendenz steigend. Die neuen Unterkünfte im Kreis Weilheim-Schongau könnten im Frühsommer 2023 bezugsfertig sein.

In Puchheim ist der Widerstand gegen eine Aufstockung der Unterkünfte groß

In Puchheim im Kreis Fürstenfeldbruck ist der Widerstand gegen eine Aufstockung der Unterkünfte groß. Dort wollte der Eigentümer einer Asylunterkunft die vorhandenen Kapazitäten mehr als verdoppeln. Statt bisher 160 Menschen würde dann Platz für 400 Geflüchtete entstehen. Bürgermeister Norbert Seidl ist alarmiert: „Das ist eine Größenordnung, die wir nicht mehr stemmen können.“ Denn mit Betten sei es ja nicht getan. Die Menschen bräuchten auch Kindergartenplätze, Schulen und Hilfe bei den Behördengängen.

Die Zahl der Asylhelfer ist – wie in vielen anderen Regionen auch – drastisch gesunken. Von den anfangs 100 Ehrenamtlichen in Puchheim sind noch 15 übrig. Durch die größere Unterkunft würde sich die Zahl der Geflüchteten verdreifachen. Integration sei dann nicht mehr zu leisten. Das sah auch der Puchheimer Stadtrat so – und lehnte die Erweiterung einstimmig ab.

Doch die Zahl der freien Plätze in den Unterkünften wird kleiner. Auch, weil viele Privatleute, die Ukrainer aufnahmen, ihren Wohnraum zurückbrauchen. Die meisten Geflüchteten müssen in Unterkünfte umziehen. Dem Sozialreferat in München bleibt nichts anderes, als die Menschen auf die Wartelisten zu setzen, sagt Edith Petry. „Aber die sind sehr lang.“ Wer nicht auf eigene Faust eine Wohnung findet, hat kaum eine Chance. (mit bo/op/gar)

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