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Gerhard Polt wird heute 80: Von Tschurangrati bis Longline

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Von: Sascha Ludwig

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Der Kabarettist Gerhard Polt spricht im Prinz-Carl-Palais nach der Verleihung des Bayerischen Verdienstorden
Gerhard Polt feiert seinen 80. Geburtstag - seine besten Stücke zum Jubiläum © Peter Kneffel/dpa/pa

Auf der Bühne wird der in Altötting aufgewachsene Kult-Satiriker gefeiert; am Samstag (7. Mai) darf er selbst feiern: Der vielfach ausgezeichnete Kabarettist Gerhard Polt wird heute 80 Jahre alt. Ein Blick auf seine besten Filme, unvergessliche Bühnen-Stücke und den Mann hinter dem Leasingvertrag.

Altötting/München/Schliersee - Was Humor ist - Gerhard Polt sollte das wissen. Seit fast einem halben Jahrhundert bringt er seine Fans zum Lachen - das zugleich gern mal im Halse steckenbleibt und eine Art Schluckauf macht zwischen Betroffenheit und Erheiterung. Gerhard Polt beobachtet haarscharf die menschlichen Abgründe und bringt sie mit unschuldiger Bosheit auf den Punkt. Aber zur Frage, was denn Humor nun genau sei, sagt er nur: „Das weiß ich nicht. Das müssen Sie einen anderen fragen.“ Stimmt natürlich nicht; doch dazu etwas später mehr. Am Samstag (7. Mai) wird der Kabarettist, Filmemacher, Autor und Träger Dutzender Preise 80 Jahre alt.

Ein halbes Jahrhundert im Zeichen bayerischer Völkerverständigung

Und er mache einfach gerne weiter. Also steht Polt weiter auf der Bühne, am Mikrofon, vor der Kamera. Gerade hat er für Servus TV eine schräge Idee seines Sohnes Martin umgesetzt: In eigenwilliger Interpretation haben Gerhard Polt, Gisela Schneeberger und andere die japanische Soap „Hanbun, Aoi“ synchronisiert - in bairischem und anderen Dialekten, unter dem Titel „Die Vroni aus Kawasaki“. Und auch in der Region ist der humorige Grantler ein gern gesehener Gast; wie etwa bei den Dreharbeiten zu ... und Äktschn!“ im Berchtesgadener Land. Gen Italien zog es Polt dagegen bereits Ende der 1980er, wo sein wahrscheinlich bekanntester Film entstand.

Ab Mai ist er wieder auf Tournee mit den Well-Brüdern von der Musiker-Großfamilie, die einst als Biermösl Blosn in Bayern für Furore sorgten. Im Dezember beginnen Proben in den Kammerspielen - Details gibt es noch nicht. Es gehe um ein schwieriges Thema, sagt er Polt. „Es ist eine im Grunde sehr traurige, triste Sache, versucht so zu erzählen, dass sie erträglich ist.“ Vermutlich mit der ihm eigenen Ironie, die stets tief in menschliche Seelengründe blicken lässt.

Auch neue Bücher sind erschienen, eines mit seinen Interviews aus vielen Jahrzehnten, in einem anderen nimmt Polt einen Tegernseer Privatier aufs Korn. Auf seiner Internet-Seite finden Anhänger weitere Polts jüngeren Datums. Am Gartenzaun vor ländlicher Kulisse präsentiert er Tratsch aus der kleinen Welt daheim - und spiegelt darin die große. Gerhard Polt liebt das «Kleinräumige», wie er es einmal nannte. Das große Ganze erschließt sich daraus.

Polts Figuren, das ist das Gemeine, sind keine Erfindungen: Da ist der Makler, der Familienvater, der Nikolaus - und der Papst. Die Anni, der Erwin. Man trifft sie auf der Straße, im Supermarkt - und auch, wenn man im Bad in den Spiegel schaut. Derb oft in der Wortwahl und gespickt mit bairischen Kraftausdrücken, kehrt Polt das Innerste der Menschen hintersinnig nach außen.

Der gebürtige Münchner wuchs - evangelisch getauft und später katholisch gefirmt - zeitweise im streng katholischen Altötting auf. Nach dem Abitur studierte er in München und später in Göteborg und lebte einige Jahre in Schweden. Zurück in München arbeitete Polt als Übersetzer, Lehrer und Dolmetscher. 1976 trat er in München erstmals mit einem kabarettistischen Programm auf. Es folgten Auftritte unter anderem in Berlin und in Dieter Hildebrandts Fernseh-«Scheibenwischer». Für eine bissige Satire zum umstrittenen Bau des Rhein-Main-Donau-Kanals, die den damaligen CSU-«Übervater» Franz Josef Strauß auf die Palme trieb, bekam er den Grimme-Preis in Silber.

Mal ein langanhaltendes Schweigen statt Dankesrede wie bei der Verleihung des Deutschen Kleinkunstpreises 1980, mal eine eklige Geschichte über den im Maßkrug schwimmendem Lungenschleim bei der offiziellen Vorstellung des Oktoberfest-Krugs: Polt ist unberechenbar. Er derbleckt geschickt auch mit Konventionsverstoß. Seit 1971 verheiratet, lebt Polt am oberbayerischen Schliersee - und teils in Italien. Er hat einen erwachsenen Sohn und ist inzwischen Großvater.

Humor über die Grenzen des guten Geschmacks, bis es richtig weh tut

Zurück zur Frage nach dem Humor. Natürlich befasst er sich damit. Seit vier Jahren versuche man, ein „Forum Humor“ zu etablieren, um das Thema voranzubringen. Die Fähigkeit zur Ironie sei eine der bei den Menschen am schwächsten ausgeprägten Eigenschaften. Dabei könne Humor ein „Kitt der Gesellschaft“ sein - „wenn er denn da ist.“ Und weiter: „Humor ist etwas zutiefst Politisches.“. Er könne auch über schwierige Situationen helfen, trösten und ablenken. „Wenn der Humor aufhört, ist es nicht mehr weit zu Brutalisierung oder zu Barbarei.

Den Geburtstag wird Polt auf der Bühne verbringen. „Die Münchner Kammerspiele haben uns eingeladen. Er werde „auf die Bühne gehen“ und „irgendwas machen“.

sl mit Material der dpa

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