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Bad Reichenhaller Ausnahmekoch erklärt, was in keiner Küche fehlen darf

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Von: Raphaela Kreitmeir

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Bild von Stefan Begovic
Zurückgekommen in seine Heimatstadt: Stefan Begovic. © Peter Raider

Er ist viel in der Welt herumgekommen und kocht heute in Bad Reichenhall: Stefan Begovic ist Wirt in der Salzkantine, stellt kulinarische Videos auf YouTube, hat für die SEESPITZE ein Menü kreiert und konzentriert sich mit seiner Alpine Cuisine auf regionale und nachhaltige Zutaten. Warum das so ist, was Gerichte mit Emotionen zu tun haben und welche Basics in keiner Küche fehlen sollten, erzählt der 39-jährige Ausnahmekoch im Interview. 

von Raphaela Kreitmeir

Wenn die vielzitierte Fee bei dir vorbeikäme und dich nach deinen drei Wünschen fragen würde, was wäre deine Antwort?

Als Allererstes ewige Gesundheit für alle, die mir am Herzen liegen, dass alle Nöte und Ängste fernbleiben und ich meinen Beruf lange – angetrieben von der Flamme der Leidenschaft – ausüben kann.

Pandemie und Lockdown stehen ja definitiv auf der Albtraumliste jedes Küchenchefs. Gibt es dennoch etwas Positives, was du aus dieser Zeit mitnimmst?

Die Zeit war und ist noch hart. Ich habe im April 2020 die Werkskantine der Bad Reichenhaller Saline übernommen und wollte am Abend auch „normale“ Gäste bewirten, hatte Koch-Events und Schulungen am Wochenende geplant sowie Caterings, und dann kam Corona. Wenn mich diese Phase, in der uns allen ja imaginäre Handschellen angelegt und der Handlungsspielraum stark eingeschränkt wurde, was gelehrt hat, dann das, was frei nach Einstein folgendes beschreibt: „Es gibt zwei Arten, sein Leben zu leben: Entweder wundert man sich jeden Tag oder man entdeckt jeden Tag ein Wunder.“ Und ich habe mich fürs Zweite entschieden, versuche jeden Morgen dankbar zu sein und das Schöne zu sehen.

Hast du beruflich Neues ausprobiert?

Ich habe die staatlich verordnete Auszeit für neue Projekte genutzt. So nehme ich in Videos auf YouTube Menschen mit auf eine kulinarische Reise. Damit will ich den Menschen das Kochen einfach näherbringen und zeigen, dass auch gute Köche im Grunde nur mit Salzwasser kochen. Vielleicht macht mir das so viel Spaß, weil ich früher mal Berufsschullehrer werden wollte. Das bin ich jetzt auch nebenbei irgendwie geworden, zumindest unterrichte ich seit Dezember an der Montessori-Schule Hauswirtschaft und Kochen.

Wie kamst du eigentlich in die Küche?

Fakt ist, dass Koch bei meinen Traumberufen gar nicht vorkam. Ich wollte erst – typisch Junge – Hubschrauberpilot und dann Kfz-Mechatroniker werden. Für Ersteres haben meine Noten nicht gereicht. Und dann hat mein Papa einem Bekannten von meiner erfolglosen Lehrstellensuche erzählt und der kannte jemanden, der einen Kochlehrling suchte. Ich arbeitete zur Probe und hatte den Ausbildungsplatz im „Historischen Landgasthof Hofwirt“ in meiner Heimatstadt Bad Reichenhall.

Stimmt das Bild vom rauen Umgangston in der Küche, der viele Auszubildende am Job zweifeln lässt?

Bis ungefähr zum Jahr 2000 hatte eine ganz andere Generation von Köchen das Sagen. Es wurde oft gebrüllt und cholerische Anfälle der Chefs gehörten in vielen Küchen zu den heimlichen Zutaten. Aber das hat sich geändert. Heute geht es um Teamwork, um respektvollen Umgang miteinander. Trotzdem ist die Küche kein Ponyhof und man muss durchhalten. Aber es lohnt sich, als Koch steht einem die Welt offen. 

Bild von dehydriertem Ei
Der Umgang mit dem dehydrierten Eidotter verlangt Fingerspitzengefühl. © Peter Raider

Nach deiner Ausbildung bist du erst mal als Zeitsoldat zum Militär und dann kochend um die Welt gereist. Welche Stationen haben dich beeindruckt?

Der absolute Wahnsinn war der Einsatz als Küchenchef bei der Fußball-WM 2010 in Südafrika. Nicht so sehr wegen des Händedrucks von Prinz Albert von Monaco oder des Kennenlernens von Fußballlegenden wie Zinedine Zidane und Luis Figo, sondern weil das Land mit seinen Menschen und seiner unvergleichlichen Natur wirklich beeindruckend ist. Wobei das Schwätzchen mit Shakira schon auch ziemlich beeindruckend war, eine tolle Frau und Sängerin.

Du hast nicht nur bei der Fußball-WM in Südafrika, sondern auch beim Formel-1-Grand-Prix in Abu Dhabi und beim Confed-Cup in Rio de Janeiro für die Schönen und Reichen gekocht. Was hat dich an der Reichenhaller Salzkantine gereizt?

Wer so viel arbeitet und unterwegs ist, sehnt sich irgendwann nach seinen Wurzeln. So war es bei mir. In all den Jahren zuvor hatte ich nicht wirklich viel Zeit für meine Freunde und meine Familie, also habe ich mit Mitte 30 beschlossen, etwas zur Ruhe zu kommen und mich zu erden. Und das konnte ich nirgendwo so gut wie in meiner Heimatstadt. Als sich dann die Möglichkeit mit der Kantine der Salzwerke ergab, war mir klar: Das mach ich jetzt.

Was bedeutet für dich gutes Essen?

Gutes Essen ist ein Seelenwärmer – ganz egal ob man selbst kocht oder bekocht wird. Essen und Emotionen stehen in einer direkten Verbindung. Dazu braucht es gar kein Chichi, gute Produkte, aus denen man bei der Zubereitung das Beste herausholt, reichen völlig.

Und Gastfreundschaft?

Die ist mir privat wie beruflich ganz wichtig. Wenn sich Gäste wohl- und wie zuhause fühlen, dann entsteht eine authentische Atmosphäre, die besondere Momente möglich macht. 

Welchen Stil kochst du?

Alpine Cuisine – und zwar lange bevor das etliche Kollegen als Marke „erfunden“ haben. Also einen kreativen regionalen und nachhaltigen Mix, von München bis hin zur Adria. Aufgrund meiner Wurzeln integriere ich stilistisch auch ein bisschen die Balkanküche. Wichtig und wesentlich sind die Produkte, die ich verwende. Sie stammen soweit möglich von regionalen, nachhaltigen Landwirten und Betrieben. Das ist auch meine „Botschaft“: Vor Ort einkaufen, dann sind die Zutaten frisch und nachhaltig. 

Hast du Vorbilder in Sachen Kochen?

Es gibt viele bemerkenswerte Kollegen, aber mit Abstand am meisten hat mich Hans Haas beeindruckt. Er hat als ehemaliger Küchenchef des Tantris nicht nur zwei Sterne erkocht und gehalten, er ist dabei auch frei von Allüren geblieben. Dabei ist er ein Meister darin, kulinarische Erlebnismomente zu schaffen. 

Bild von Fleisch
Qualität und Regionalität spielen beim Fleisch eine große Rolle. © Peter Raider

Was isst du selbst am liebsten?

Rindssuppe, die hat meine Mutter immer zu Weihnachten gekocht. Während die Vorfreude aufs Fest immer größer wurde, durchzog das Aroma die Wohnung. Daher macht mich Rindssuppe auch heute noch ein wenig glücklich. Danach gab es übrigens das Rindfleisch aufgeschnitten mit Kren und warmem Kartoffel-Endivien-Salat. Ein einfaches Gericht, das kaum zu toppen ist, weil es mit vielen positiven Erinnerungen verbunden ist. Von meinen eigenen Kreationen mag ich derzeit vor allem die in Nussbutter geschwenkten, mit Rote Bete und Sellerie gefüllten Ravioli an karamellisiertem Blutorangen-Filet und Granatapfelkernen. 

Was hat dich zu dem Menü inspiriert, das du für die SEESPITZE gekocht hast?

Meine Inspirationsquelle war die Jahreszeit Frühling/Sommer, in der diese Ausgabe der SEESPITZE erscheint. Die Zutaten, das ist mir ja besonders wichtig, sollten aus der Region stammen und durch die Kombination und Zubereitung Aha-Momente ermöglichen. Ausschlaggebend war und ist für mich auch, dass die Farben eine Stimmung erzeugen und die Struktur des Essens ein Gefühl – und da ging es mir bei diesem Menü um den belebenden Spannungsbogen zwischen kühler Frische, warm-erdigen Elementen und fruchtig schmeichelnden Akzenten.

Bild von Schweinebauch-Gericht
Stefan Begovic ist leidenschaftlicher Koch und Tattoofan. Mit einer Espuma vom Bergkäse rundet er auf dem Bild seine Komposition aus gegartem Schweinebauch und Spargel-Mousseline ab. © Peter Raider

Welche drei Zutaten braucht man, um gut kochen zu können – mal ganz abgesehen von den Zutaten, die im Rezept angegeben sind?

Drei wichtige Basics sind Salz, Pfeffer und Öl. Beim Salz haben wir es hier gut, denn mit dem Bad Reichenhaller Salz haben wir ein tolles Produkt direkt vor der Haustür, das traditionell abgebaut und verarbeitet wird und daher ohne irgendwelche Trennmittel auskommt und zudem nicht „nur“ salzt, sondern ein echter Gaumenschmeichler ist. Pfeffer male ich immer frisch, da dadurch eine besonders erdige, leicht scharfe Note entsteht, und beim Öl verwende ich zum Braten heimisches Rapsöl und als Geschmacksträger Kürbiskern- oder Olivenöl. Ich finde übrigens, man braucht noch eine vierte Zutat, zumindest ist das bei mir der Fall. Denn eine Küche ohne frische Kräuter kann ich mir gar nicht vorstellen. Besonders interessant finde ich übrigens Liebstöckl, der richtig eingesetzt ein tolles Aroma entfaltet.

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