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„Nicht mehr hinnehmbar“: Fast 20.000 Lkw mehr auf der B20 wegen Sperre in Salzburg

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Im kleinen Deutschen Eck herrscht nachts ein Lkw-Fahrverbot.
Im kleinen Deutschen Eck herrscht nachts ein Lkw-Fahrverbot. © Michael Hudelist

Nach Corona-bedingten Lockdowns und „ruhigen Straßen“ nimmt der Verkehr jetzt wieder deutlich zu und soll im Sommerreiseverkehr nach ersten Prognosen wieder an früherer Spitzenwerte anschließen.

Bad Reichenhall/Freilassing/Laufen/Salzburg – Zwei Landkreise und sieben BGL-Kommunen fordern in einem Schreiben an Salzburgs Verkehrslandesrat Stefan Schnöll unter anderem die Rücknahme der Transitsperre auf den Bundesstraßen von Braunau nach Salzburg und ein Ende der Blockabfertigung im Großen Deutschen Eck bei Kufstein.

Bei der von Salzburg ebenfalls geplanten Blockabfertigung am Walserberg drohen die bayerischen Gemeinden mit „drastischen Gegenmaßnahmen wie Straßensperren“. Eine Antwort aus Salzburg steht noch aus.

Auf drei Seiten führen die Kreise Berchtesgadener Land und Traunstein, sowie unter anderem die Städte Bad Reichenhall, Freilassing und Burghausen vor allem drei Punkte an, die sie besonders stören. Verschickt wurde das Schreiben von der Stadt Laufen, Bürgermeister Hans Feil sagt, dass der gesamte grenznahe Raum in Südostoberbayern seit Jahren unter „einseitigen Maßnahmen“ der Salzburger Seite leide, mit denen der eigentlich „österreichische“ Verkehr auf die bayerische Seite verlagert wird.

Von der Lkw-Transitsperre auf der B156 und B147 ab Braunau bis zu Blockabfertigung bei Kiefersfelden-Kufstein, über die Problematik am Kleinen Deutschen Eck bis hin zu den fast ausschließlich über deutsches Staatsgebiet stattfindenden Starts und Landungen am Flughafen Salzburg und der jetzt auch noch angekündigten Blockabfertigung am Walserberg. „Leider fühlen wir uns mit unseren berechtigten Anliegen nicht wahrgenommen und haben den Eindruck, dass wir von Ihnen nicht als Partner auf Augenhöhe ernst genommen“, werfen Hans Feil und alle anderen Unterzeichner dem Salzburger Verkehrslandesrat vor.

LKW-Transitsperren in Salzburg – 13 Prozent mehr in Bayern 

Bereits seit 1. Juni 2020 sind österreichische Bundesstraßen von Braunau nach Lamprechtshausen und Bergheim und von dort aus zur A1 und damit zur Tauernautobahn oder zum Walserberg für Lkw ab 7,5 Tonnen im Durchgangsverkehr gesperrt. Die Intention des Salzburger Verkehrslandesrates Stefan Schnöll war klar, er wollte Salzburger Gemeinden entlasten.

Sein Gegenüber aus Oberösterreich machte mit, beide wissend, dass sich der Lkw-Verkehr damit auf die bayerische Seite verlagern wird, also auf die B12 und die B20 durch die Städte Burghausen, Tittmoning und Laufen. „In vielen Schreiben und Gesprächen haben wir auf diese Problematik hingewiesen und an Salzburg appelliert, eine einvernehmliche, gemeinsame Lösungen zu finden“, so Feil. Doch Salzburg und Oberösterreich blieben stur.

Keine Ortsumfahrungen in Laufen und Burghausen

Die nun vorliegenden Zählungen des staatlichen Bauamts Traunstein mit einer dynamischen Achslastwaage an der B20 in Niedervillern bei Laufen bestätigen die deutliche Zunahme des Lkw-Verkehrs, er hat im Monatsmittel im Vergleich der Jahre 2019 zu dem Jahr 2021 um rund 13 Prozent zugenommen. Das entspricht in etwa einer durchschnittlichen täglichen Mehrbelastung von 52 Lkw größer 7,5t.

„Die Befürchtung auf bayerischer Seite haben sich somit bestätigt“, so BGL-Landrat Bernhard Kern, man könne davon ausgehen, dass die Verkehrsbeschränkungen auf den österreichischen Bundesstraßen B156 / B147 zur deutlichen Steigerung des Lkw-Verkehrs auf der B20 geführt hätten und somit rund 52 Brummis täglich mehr auf dieser Strecke verkehren.

Auf das Jahr gesehen seien somit fast 20.000 Lkw zusätzlich auf dieser schon zuvor viel befahrenen Strecke unterwegs. „Gerade für Burghausen und Laufen stellt dieser zusätzliche LKW-Schwerverkehr eine nicht hinnehmbare, enorme Belastung dar“, so die beiden Bürgermeister. Beide Orte kämpfen seit Jahren für eine Ortsumfahrung, die bis jetzt noch nicht verwirklicht wurde, wofür allerdings Österreichs nichts kann. Der Lkw-Verkehr fließt nach wie vor mitten durch die Wohngebiete in diesen Ortschaften, in etwa 20.000 Lastwagen mehr pro Jahr. „Dieser Zustand kann so keinesfalls hingenommen werden“, so Kern.

„Kleines Deutsches Eck“ sperren?

In dem Schreiben nach Salzburg beklagen die sieben Kommunen auch, dass das Nachfahrverbot zwischen 22 Uhr und 6 Uhr für Lkw über 7,5 Tonnen im Kleinen Deutschen Eck kaum eingehalten wird. Kontrollen zeigen, dass fast kein Lkw in der Nacht über eine Ausnahmegenehmigung verfügt, die meisten Fahrer sagen, sie würden wegen der Blockabfertigung in Kufstein über Bad Reichenhall und Lofer ausweichen.

„Auch das zeigt, dass sogar die Dosierungsmaßnahmen des Landes Tirol bei Kufstein noch große Auswirkungen auf das Verkehrsnetz im Landkreis Berchtesgadener Land haben“, so der Landrat. Bei den angedrohten Gegenmaßnahmen ist gut möglich, dass der Landkreis die Transitstrecke über Lofer weiter beschränken oder für den Schwerverkehr gar sperrt.

Blockabfertigung Walserberg als Drohung?

Nach dem Vorbild der Blockabfertigung für Lkw in Kufstein meinte Salzburgs Verkehrslandesrat Schnöll bereits vor den Corona-Sommern, er könne sich auch eine Art Pkw-Blockabfertigung am Walserberg vorstellen, dass also nur mehr so viele Urlauber-Autos einreisen dürfen, wie die Tauernautobahn eben vertrage. Hintergrund ist, dass die Kontrollen der Abfahrtssperren immer höhere Kosten verursachen und nur zum Teil wirken.

Kern befürchtet, dass so eine Blockabfertigung am Walserberg die Straßen im Berchtesgadener Land zusätzlich verstopfen würde. „Bereits die im Sommer 2020 aufgrund des Lockdowns eingerichteten Grenzkontrollen führten zu massiven Rückstaus auf der A8 bis hinter die Gemeinde Anger“. Diese Rückstaus sind allerdings auch ohne Grenzkontrollen an verkehrsstarken Sommertagen üblich, wenn die Tauernautobahn überlastet ist und zum Beispiel schon bei Golling die Blockabfertigung vor den Tunnels geschaltet wird.

Erschwerend komme aber laut Landrat hinzu, dass die A8 im Vergleich zur Inntal-Autobahn über keinen Standstreifen verfüge, aber auch dafür kann Österreich eigentlich nichts, auch nicht, dass eine Umfahrung beispielsweise über die Marktgemeinde Marktschellenberg wegen einer „sehr maroden Brücke im Ortszentrum für den Schwerverkehr über 7,5t mit Risiken verbunden ist“.

Durch den umfahrenden Individualverkehr würden die bereits belasteten Grenzübergänge in Laufen und Freilassing zum Erliegen kommen, mit extremen Rückstaus auf die B20. Allerdings zählen Staus vor der Saalbrücke zwischen Freilassing und Salzburg auch an normalen Einkaufssamstagen und erst recht im Sommer fast zur Tagesordnung. 

Kern und die Unterzeichner drohen dem Salzburger Verkehrslandesrat: „Um einem Erliegen des Verkehrs im Berchtesgadener Land entgegenzuwirken, müssten drastische Gegenmaßnahmen wie Straßensperren getroffen werden“. Die Salzburger Seite würde zum wiederholten Male einseitige Maßnahmen zu Lasten des grenznahen bayerischen Raums setzen und damit bayerische Wohn- und Arbeitsverhältnisse, sowie die damit verbundenen Umweltbelange gefährden.

„Wir können diesem Verkehrsaufkommen, den einseitigen Sperrungen und Belastungen nicht weiter tatenlos gegenüberstehen und werden sonst in unseren Städten und Gemeinden geeignete Maßnahmen einleiten müssen, um ein gesundes Wohnen weiterhin zu ermöglichen.“ Eine Antwort von Schnöll steht noch aus, dass er die Maßnahmen zurücknimmt, ist aber auszuschließen. 

hud

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