1. rosenheim24-de
  2. Bayern
  3. Landkreis Mühldorf

75 Jahre Folienhersteller Renolit: Auch der Standort Waldkraiburg feiert kräftig mit

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Sonja Hoffmann

Kommentare

Rolf Trautbeck: Der neue Geschäftsführer ist stolz auf den familiär geprägten Umgang in „seiner“ Firma.
Rolf Trautbeck: Der neue Geschäftsführer ist stolz auf den familiär geprägten Umgang in „seiner“ Firma. © Hoffmann

Die Erfolgsgeschichte startet 1946 in Worms mit zwölf Mitarbeitern. Heute arbeiten fast 5000 Menschen bei Renolit.

Waldkraiburg – Das 75-jährige Bestehen des Mutterkonzerns Renolit in Worms feiert auch der Waldkraiburger Standort, dessen Wurzeln sogar noch weiter zurückreichen. Das Werk ist seit Jahrzehnten ein Ankerpunkt der Stadt – optisch, aber auch für die Menschen, die dort arbeiten. Zeit, seine Geschichte näher zu beleuchten.

Lesen Sie auch: Für eine Million Euro: Ebing wird 2022 an Kanal angeschlossen

Das Firmenjubiläum der Renolit gerade in Coronazeiten zu feiern, war eine Herausforderung. Eine gemeinsame Feier hat es nicht geben können, aber jeder Mitarbeiter hat eine Prämie und ein Geschenk bekommen. „Eine schöne Idee, die viele ganz toll fanden“, erzählt der Geschäftsleiter Rolf Trautbeck. „Das Werk hat eine große historische Bedeutung in Waldkraiburg. Ich habe Mitarbeiter, die sagen, sie tun alles für das Werk, weil es ihnen am Herzen liegt. Umgekehrt sind unsere Mitarbeiter auch unser höchstes Gut.“

1959 wurden das Fertigwarenlager und die Verwaltung (im Bild) neu errichtet.
1959 wurden das Fertigwarenlager und die Verwaltung (im Bild) neu errichtet. © Trautbeck, Rolf

Trautbeck ist stolz, dass seine Firma ein soziales Unternehmen ist. Unter den 186 Mitarbeitern im Haus herrsche ein sehr familiär geprägter Umgang miteinander. Das gehe schon auf die Gründerfamilie Ellinghausen zurück, denen soziale Strukturen in der Firma wichtig waren.

Gründung in Bunkern

Die Gründer des Waldkraiburger Werks, Hermann und Maria Ellinghausen, hatten bereits Erfahrung in der Produktion von Folien mitgebracht. Am 6. Juli 1938 gründeten sie mit zwei Partnern eine Firma in Bremen, die später nach Friedrichroda übersiedelte. Dort wurden Borsten für Besen und Bürsten aus Folie hergestellt. Nach dem Krieg siedelte sich die Firma auf dem Gelände der Pulverfabrik der Deutschen Sprengchemie (DSC), dem Werk Kraiburg, an, aus dem später die Stadt Waldkraiburg wuchs.

Auch interessant: Die Denava AG in Edling steht für Wachstum mit sozialer Verantwortung

Die Firma wurde 1948 in Elastonwerk Bayern GmbH umbenannt. Die „Elaston“ ist eine Bezeichnung, die heute noch häufig im Waldkraiburger Stadtjargon zu hören ist, wenn es um Renolit geht. Die Firma hatte in dem Jahr 14 Mitarbeiter.

Hausierer gibt Anstoß für Erfolgsprodukt

Ein Gutenburger Hausierer spielte die entscheidende Rolle für die weitere Entwicklung der Firma. Er wünschte sich dünne Folien für Windeln, die er verkaufen wollte. Dieselben Folien waren Ausgangsprodukt für die Regenbekleidung, die ab 1949 für lange Zeit das Hauptgeschäft der Firma war. Ende 1949 zählte die Firma bereits 696 Mitarbeiter und fertigte mit acht Zulieferbetrieben täglich 3000 Mäntel sowie weiterhin Borsten für Besen und Bürsten.

Das Werksgelände der Elastonwerk Bayern GmbH in den 50er Jahren.Renolit
Das Werksgelände der Elastonwerk Bayern GmbH in den 50er Jahren.Renolit © Trautbeck, Rolf

Im November 1950 allein wurden 70 350 Päckchen mit Mänteln ausgeliefert. Im selben Jahr errichtete die Familie Ellinghausen die „Bayerlandsiedlung“ mit vierzig Einfamilienhäusern für Mitarbeiter. „Die Bedeutung der Firma wird deutlich, wenn man sich die Entschließungsurkunde ansieht, mit der Waldkraiburg zur Gemeinde erhoben wurde“, so Stadtarchivar Konrad Kern, der viel zur wirtschaftlichen Entwicklung Waldkraiburgs weiß. „Dort wird explizit auf die Firma verwiesen. Ich gehe davon aus, dass der Staat wegen der Elaston mit so vielen Mitarbeitern und solch großer Bedeutung entschieden hat, es zu wagen, Waldkraiburg zur eigenen Gemeinde zu erheben. Das ist schon sehr bezeichnend.“

Lesen Sie: Firmen müssen kreativ werden: Freie Auswahl bei der Lehrstelle im Landkreis Mühldorf

1951 erfolgte die Umwandlung von Bunker 98 in eine Produktionsstätte. Dieses Gebäude an der Troppauerstraße gehörte später der Firma „Primus“. Die Bunker 25 und 94, später Mooshammer und Moser & Göttlicher, wurden für die Konfektionsfertigung umgerüstet und mit Maschinen ausgestattet. Etwas nördlich davon wurde ein „Betrieb für Schwerbeschädigte“ eingerichtet, der Plastikbälle fertigte.

Noch zur Gemeindegründung 1950 hatten 1912 Einwohnern von Waldkraiburg 850 Mitarbeiter bei Elaston gegenübergestanden. Leider kam das Unternehmen durch Umsatzeinbrüche in den Folgejahren und hohe Investitionen in finanzielle Schwierigkeiten. Dies hatte schließlich die Versteigerung der Firmenanteile der Familie Ellinghausen zur Folge. Sie wurden am 25. Februar 1958 von der Firma Renolit erworben. Zwischenzeitlich war die Anzahl der Mitarbeiter auf 340 gesunken.

Neuausrichtung und Umstellung

In den Jahren darauf wurde rege gebaut. Die Rohstoffhalle, das Fertigwarenlager und die Verwaltung wurden neu errichtet, während andere Teile des Unternehmens veräußert wurden, zum Beispiel an Primus. Die Produktion wurde umgestellt auf Fußböden.

Die sechs großen Silotürme, die rund 100 Tonnen Granulat fassen, wurden 1979 und 1983 aufgestellt und sind bis heute das weithin sichtbare Zeichen für den Renolit-Standort Waldkraiburg. Im Jahr 2000 wurde mit einer weiteren Lagerhalle der jüngste Bau vollendet.

Weitere Nachrichten aus dem Landkreis Mühldorf

Heute sind Werbefolien aus Kunststoff, etwa für Schaufenster oder Autofolierungen, sowie Büroartikel aus Kunststoff die Hauptprodukte am Standort Waldkraiburg. Geschäftsleiter ist Rolf Trautbeck, der schon seit 1997 als Produktionsleiter in der Firma beschäftigt ist. Der Garser führt das Unternehmen seit 1. Juli 2021 und freut sich über aktuell wieder sehr gute Aussichten.

„Natürlich hat es aufgrund von Corona auch einen Einbruch gegeben, wir hatten eine Kurzarbeiterphase, aber momentan sind die Aussichten wieder hervorragend“, betont Trautbeck. Die Rohstoffversorgung und die Preise seien allerdings neben der Verfügbarkeit von Handwerkern und dem Fachkräftemangel ein Thema. „Es ist viel Arbeit da, aber das ist schwierig. Wir suchen auch laufend Auszubildende, um dem entgegenzuwirken.“

Ob man das Jubiläum des eigenen Standortes in zwei Jahren ebenfalls groß feiern wird oder kann, das weiß Rolf Trautbeck noch nicht. In jedem Fall hofft er, die traditionsreiche Waldkraiburger Firma noch viele weitere Jahre erfolgreich zu führen.

Auch interessant

Kommentare