1000 Mitarbeiter und 40.000 Kunden betroffen
Bahnbetrieb in Mühldorf: Warum Klimaschutz zu teuer ist und nur wenig Geld für Wasserstoffzüge bleibt
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Vollmundig angekündigt und schon weitgehend vom Tisch: Derzeit ist völlig offen, wie viele klimafreundliche Wasserstoffzüge demnächst im Linienestern Mühldorf fahren. Im Ausschreibungsverfahren zeigt sich: Es ist zu teuer. Und das hat auch Auswirkungen auf die Klimatisierung und Barrierefreiheit der Züge.
Mühldorf – Die Vergabe für den Bahnbetrieb in der Region gestaltet sich schwierig. Das hat die Bayerische Eisenbahngesellschaft jetzt mitgeteilt. Als Grund nennt die BEG nicht finanzierbare Angebote interessierter Betreiber für den Betrieb von Wasserstofflokomotiven auf einem Teil der Bahnstrecken.Einer der Anbieter ist die Südostbayernbahn, die derzeit den Linienstern betreibt.
Die BEG plant, finanziert und vergibt die Regionalnetze im Auftrag und mit Geld des Freiststaats in gewissen Zeiträumen neu.
Aktuell betreibt die Südostbayernbahn den sogenannten Linienstern Mühldorf. „Das Vergabeverfahren hat auch nach mehreren Verhandlungsrunden kein für den Freistaat finanzierbares Angebot ergeben“, teilte die BEG jetzt mit. „Insbesondere die Fahrzeugkosten waren zu hoch.“
Umweltschutz ist zu teuer
Das bestätigt Matthias Krause, Sprecher der SOB in Mühldorf. „Die Umstellung auf Wasserstoffzüge hätte hohe Investitionen und größere Modernisierungen gefordert“, sagte er auf Anfrage. „Das ist aktuell für den Freistaat nicht finanzierbar.“
Laut Krause wollte die BEG Wasserstoffzüge auf den Strecken von Mühldorf nach Passau und nach Burghausen. Er sagt, „damit wäre eine gute Lösung für die Fahrgäste möglich gewesen“. Allerdings hätte der Bahnbetreiber die Infrastruktur für den Betrieb mit dem gegenüber Diesel umweltfreundlicheren Wasserstoff erneuern müssen. Und das, so jetzt die BEG, war dann wohl doch zu teuer.
„Der Freistaat will dennoch am Ziel festhalten, zumindest eine Regionalverkehrslinie mit Wasserstoffzügen im Regelbetrieb zu verwirklichen“, schreibt die BEG. Gedacht ist an die Strecke nach Burghausen, auf der vor allem der Güterverkehr ins und aus dem Gleisdreieck fließt.
Sicher ist der Einsatz von Wasserstoffzügen auf dieser Strecke ab Ende 2024 aber nicht. Denn die BEG fordert auch Angebote für Dieselbetrieb. Nach Angaben von SOB-Chef Krause sind jetzt vier Varianten verlangt, je zwei für Wasserstoff- und zwei für Dieselbetrieb: Je eine mit barrierefreien Zügen, für die neue Waggons gekauft werden müssten, und eine mit nicht barrierefreien, alten Zügen
Schwarzer Peter dem Bund zugeschoben
Wie viele Bewerber es um den Linienstern Mühldorf bislang gab, sagt die BEG nicht, die SOB als Teilnehmer weiß es nicht. Klar ist aber: Mit der Neuformulierung und Verlängerung der Ausschreibung bis 17. Juni können sich wieder alle Interessenten aus ganz Europa bewerben.
Der Zuschlag ist für Mitte 2023 geplant. „Trotz des längeren Verfahrens soll der neue Verkehrsvertrag weiterhin im Dezember 2024 starten“, teilt die BEG mit, die die Laufzeit von aktuell elf Jahren auf dann 14 verlängern will. „Aufgrund der kürzlich von DB Netz angekündigten Verzögerung beim Ausbau der Strecke München – Mühldorf – Freilassing sieht das neu aufgelegte Vergabeverfahren eine Laufzeit bis maximal Dezember 2038“ vor.
Zu wenig Geld vom Bund
Den Schwarzen Peter für die Finanzierung der Wasserstoffzüge schiebt die BEG dem Bund zu, der den Ländern sogenannte Regionalisierungsmittel zur Verfügung stellt. „Obwohl die Regionalisierungsmittel in den vergangenen Jahren aufgestockt wurden, halten sie längst nicht mit der Entwicklung der Kosten Schritt“, heißt es bei der BEG.
SOB will um Auftrag kämpfen
Denn sowohl die Gebühren für die Nutzung der Schieneninfrastruktur sind stark gestiegen als auch die Kosten auf Seiten der Verkehrsunternehmen – beispielsweise durch deutlich höhere Ausgaben für Energie, Personal, Fahrzeugbeschaffung und Instandhaltung.“ Damit beginnt für den Bahnverkehr nach der angekündigten Verzögerung des zweigleisigen Ausbaus zwischen München und Mühldorf auf die Zeit nach 2030 die nächste Hängepartie. „Wir tun alles dafür, dass wir es bekommen“, verspricht Krause. Für mehr als 40 000 Kunden und vor allem für die über 1000 Mitarbeiter bleibt es eine unsichere Zeit.