1. rosenheim24-de
  2. Bayern
  3. Landkreis Mühldorf

Vom Obstgarten in die Wüste: Adi Ruhaltinger und Ernst Amort starten bei Rallye Dakar Classic

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

Mit einem Peugeot 504 gehen Adi Ruhaltinger (links) und Ernst Amort bei der Rallye Dakar Classic an den Start. Zuvor gab es etliche Hindernisse zu überwinden.
Mit einem Peugeot 504 gehen Adi Ruhaltinger (links) und Ernst Amort bei der Rallye Dakar Classic an den Start. Zuvor gab es etliche Hindernisse zu überwinden. © Seitz

Das nächste Abenteuer wartet auf Rallyefahrer Adi Ruhaltinger und seinen Teamkollegen Ernst Amort. Nach vielen Rennen wie in Algerien, Tunesien oder Bulgarien gehen sie im Januar bei einer ganz besonderen Rallye an den Start: die Rallye Dakar Classic. Aber erst einmal mussten sie ihren Peugot 504 renntauglich machen.

von Kirsten Seitz

Kraiburg – Acht Jahre lang stand der alte marode Peugeot 504, Typ Coupé V6, Baujahr 1977 unbeachtet als Skulptur unter einem Obstbaum auf einer Wiese, mitten im tiefsten Bayern, bis ihn 2016 Adi Ruhaltinger entdeckte und in der Werkstatt seines Kumpels abstellte. Es schien, als hätte der alte Peugeot für den Rest seines Autolebens ausgedient, doch dabei sollte es nicht bleiben. Auf das Auto wartet nun eine große Reise.

Ruhaltinger und sein Team (von links nach rechts) Uwe Götzel, Ernst Amort, Adi Ruhaltinger, Sven Syfrig.
Ruhaltinger und sein Team (von links nach rechts) Uwe Götzel, Ernst Amort, Adi Ruhaltinger, Sven Syfrig. © Seitz

Als Ruhaltinger, der aus Mühldorf stammt, und sein Teamkollege Ernst Amort im Frühjahr 2021 als Pircher-Racing-Team bei der Fenix-Rallye in Tunesien mitfuhren, kam ihnen eines Abends im Camp eine Idee. Ihr Freund Gilles aus Frankreich erzählte ihnen am Lagefeuer von der Rallye Dakar Classic. Amort und Ruhaltinger war sofort klar: „Da müssen wir dabei sein!“

Rennwagen und Sponsoren suchen

Jede freie Minute schraubt und bastelt Ruhaltinger in seiner Kraiburger Hobbywerkstatt, doch noch im Frühjahr wussten er und sein Teamkollege nicht, wie ihr neues Abenteuer aussehen sollte. Ihr Pircher-Racing-Rallyewagen, mit dem sie seit vielen Jahren auf der Piste unterwegs sind, erfüllt nicht die Kriterien für die Wüsten-Rallye. Bei der Dakar Classic dürfen nämlich nur Autos mitfahren, die vor 2000 gebaut wurden. Somit musste erst einmal ein geeigneter Rennwagen gefunden werden. Dazu noch Sponsoren. Nach langer Suche kam Hilfe von der Firma KLV Rent. So lautet auch ihr Teamname: KLV-Racing-Team. „Anfangs überlegten wir, uns ein Auto aus den USA oder eines wie den VW Iltis zu besorgen. Der VW Iltis hat 1980 die erste Dakar im Pkw-Bereich gewonnen. Irgendwann dachte ich an den alten Peugeot in der Werkstatt meines Kumpels“, erzählt Ruhaltinger.

Viele Teile sind original, doch teilweise waren auch Spezialanfertigungen nötig.
Viele Teile sind original, doch teilweise waren auch Spezialanfertigungen nötig. © Seitz

Lesen Sie auch: Er fährt! Der unverwüstliche Wald-Käfer aus Unterreit macht seine erste Probefahrt

Auch Amort war von der Idee begeistert. Die Anmeldung zur Rallye im Juli war schwierig, weil nur 100 Fahrzeuge teilnehmen durften. Die Entscheidung traf eine Jury des französischen Veranstalters Amaury Sport Organisation. Ruhaltinger und Amort aber hatten Glück: Sie waren dabei. „Wir starten mit einem französischen Auto. Mit unserem Peugeot 504 gehören wir zu den Exoten. Vor allem fahren wir mit Zweiradantrieb und nicht mit Allrad. Das ist eine besondere Herausforderung“, sagt der Rennfahrer.

Optisch in gutem Zustand, doch unter der Motorhaube sah es ganz anders aus.
Optisch in gutem Zustand, doch unter der Motorhaube sah es ganz anders aus. © Seitz

Optisch sah ihr neuer Rallyewagen zwar gut aus, doch man sah, dass der Zahn der Zeit ordentlich an ihm genagt hatte. Vor allem Corona erschwerte die Restaurierung zusätzlich. „Ein großes Problem war natürlich, Teile für das Fahrzeug zu bekommen. Durch den Umbau haben einige Teile nicht gepasst.“ Ein Teil des Autos besteht aus Originalteilen, andere Teile sind von anderen Marken.

Rund 1200 Stunden Arbeit hat Adi Ruhaltinger in das Auto gesteckt.
Rund 1200 Stunden Arbeit hat Adi Ruhaltinger in das Auto gesteckt. © Seitz

Lesen Sie auch: Kino und Klettern mit 2G-Plus: Nach dem Neustart bleibt in Waldkraiburg die Skepsis

Die Stoßdämpfer sind Spezialanfertigungen, der Motor ist Original Peugeot und nicht leistungsgesteigert. Alle sicherheitsspezifischen Einbauten müssen FIA-Konform sein, ansonsten darf man nicht teilnehmen.

„Dazu kam noch der enorme Zeitdruck. Das meiste an dem Fahrzeug musste ich alleine in Eigenarbeit leisten. Ernst lebt in Meran. Da konnte er nicht mal eben vorbei kommen und mithelfen. Insgesamt habe ich rund 1200 Stunden an diesem Auto gearbeitet. Eingefahren ist es auch nicht, denn Zeit zum Fahren blieb uns keine“, erzählt der Auto-Freak.

Zwei Wochen früher verschifft

Nicht nur Corona, die nicht lieferbaren Ersatzteile und das kräftezehrende Zusammenschrauben des Rallyewagens trieben bereits vor dem Start ihren Adrenalinspiegel in die Höhe, sondern auch die politische Lage.

Durch die Blockade im Suezkanal wurde die Verschiffung des Rallyewagens um zwei Wochen vorgezogen. Ein großer Zeitverlust, die den Schraubern beim Restaurieren ihres Rennwagens verloren ging.

Am 25. November brachten Amort und Ruhaltinger ihr Fahrzeug nach vielen turbulenten Wochen endlich zum Hafen in Marseille. Von dort aus wurde es nach Saudi Arabien verschifft. An Weihnachten fliegen die Beiden in den Wüstenort Jeddah.

Wenige Tage später gehen sie mit der Startnummer 711 ins Rennen. Wenn sie dann auch noch mit ihrem 44 Jahre alten Peugeot sicher ans Ziel kommen, ist ihr eigenes Wüstenmärchen wahrgeworden.

Wer Adi Ruhaltinger folgen will, kann das über Instagram: pircher_racing / Facebook: Pircher-Racing

Auch interessant

Kommentare