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Streit um fragwürdiges Schild in Chieming eskaliert – Mieterin: „Werde angepöbelt und beleidigt“

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Von: Sebastian Aicher

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Schild an Chieminger Ortsdurchfahrt (Collage)
Ein geschmackloses Schild hing mehrere Tage lang an der Chieminger Ortsdurchfahrt. Die Bewohner des Hauses wurden teilweise angefeindet – inzwischen wurde die Tafel vom Eigentümer des Gebäudes demontiert. © privat/ps (Collage)

Nach der Diskussion um das in mancher Hinsicht fragwürdig formulierte Schild gegen den Durchgangsverkehr in Chieming äußerten sich nun die Mieter der betroffenen Wohnung exklusiv gegenüber chiemgau24.de. Im persönlichen Gespräch erhoben sie schwere Vorwürfe gegen den Eigentümer.

Chieming – Ein Schild, mit dem ein Hauseigentümer in Chieming direkt an der Ortsdurchfahrt auf das aus seiner Sicht zu hohe Verkehrsaufkommen protestieren will, sorgt weiter für Diskussionen. Während Bürgermeister Stefan Reichelt (CSU) die Formulierung ein Dorn im Auge ist, zeigte sich der Aufsteller der Tafel gegenüber chiemgau24.de erstaunt angesichts mancher Interpretationen seines Textes. Von vermeintlicher Hetze gegenüber Flüchtlingen distanzierte er sich klar.

Doch neben den teils fragwürdigen Formulierungen und den damit verbundenen Diskussionen gibt es offenbar noch ein weiteres Problem: Angeblich habe der Hauseigentümer, der selbst nicht in dem Gebäude wohnt, das Schild auf dem Balkon seiner Mieter gegen deren Willen dort angebracht. Dies berichteten jedenfalls zwei Mieter der betroffenen WG im Gespräch mit chiemgau24.de.

WG-Mieter erheben schwere Vorwürfe

Demnach habe der Vermieter des Gebäudes das Schild ohne das Einverständnis der Mieter beziehungsweise sogar gegen deren expliziten Willen an der Brüstung montiert. Dabei sei der Mann über eine Leiter im Garten zu dem Balkon hochgestiegen und habe dort anschließend die Tafel angeschraubt.

Nachdem mehrere Mieter der WG – die explizit darum baten, nicht namentlich erwähnt zu werden – das unliebsame Schild eigenhändig wieder vom Balkongeländer demontierten, sei es zu einem Streitgespräch mit dem Hauseigentümer gekommen. Am Ende habe dieser allerdings das Schild erneut angebracht. Laut Aussagen der beiden WG-Mieter habe er dabei darauf gepocht, dass es „sein Grundstück und sein Haus“ sei und er „dort machen kann, was er will“.

Irrglaube vieler Vermieter

Dieser Auffassung erteilte aber Jörg Eschenfelder, Erster Vorsitzender beim Mieterschutz Burghausen und Umgebung e.V. und Beirat im Deutschen Mieterbund (DMB) Landesverband Bayern, eine Absage.

Das Thema sei zwar aus rechtlicher Sicht durchaus komplex und man könne hier keine „Schwarz-Weiß-Aussage“ treffen – allerdings sei es ein Irrglaube vieler Vermieter, dass sie auf dem vermieteten Grundstück oder an der vermieteten Wohnung alles dürften. Juristisch gesehen könne unter Umständen sogar der Tatbestand des Hausfriedensbruchs – je nach Rechtslage vor Ort – im Raum stehen.

Mieterin wegen Schild „angepöbelt und beleidigt“

Nichts desto trotz prangte das Schild vorerst weiterhin an dem Balkon mitten in Chieming – auch sehr zum Nachteil der Bewohner. Wie eine Mieterin der WG im persönlichen Gespräch schildert, sei sie bereits von Außenstehenden wegen der Formulierungen auf dem Schild als Rassistin bezeichnet worden. „Ich und Rassistin? Das haut gar nicht hin, meine Mutter ist selber eine Ausländerin“, erklärte sie fassungslos.

Doch es kommt offenbar noch schlimmer: „Ich werde angepöbelt, ich werde beleidigt – das ist nicht schön“, sagt die junge Frau fast schon verzweifelt. Unterdessen sorgen sich die beiden Mieter auch wegen ihres Rufs: Schließlich würden viele Einwohner der beschaulichen Chiemseegemeinde wissen, wer in dem Haus wohnt. Viele würden dementsprechend denken, dass die Bewohner für das am Balkon angebrachte Schild verantwortlich wären. Das sei aber ausdrücklich nicht der Fall, unterstreichen die beiden zum Abschluss des Gesprächs.

Eigentümer für keine Stellungnahme bereit – Schild inzwischen demontiert

Nach den teils schwerwiegenden Anschuldigungen der beiden Mieter versuchte chiemgau24.de eine Stellungnahme des betroffenen Hauseigentümers einzuholen. Auf Anfrage war dieser allerdings nicht dazu bereit, sich im persönlichen Gespräch zu den Vorwürfen zu äußern und entsprechend Stellung zu nehmen.

Fest steht allerdings, dass das Schild seit Donnerstagvormittag (16. März) nicht mehr am Balkon des Gebäudes in der Chieminger Hauptstraße prangt. Angaben der Bewohner des Hauses zufolge sei es in den Morgenstunden von dem Vermieter demontiert worden. Ob der Balkon nun zukünftig ohne Schild bleibt, oder ob ein Protest gegen den Durchgangsverkehr in anderer Form folgen wird, ist unklar.

aic

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