„In Paradisum“: Salzburger Passionssingen in der Pfarrkirche St. Martin in Unterwössen

Am Samstag, 25. März, findet das Salzburger Passionssingen 2023 „In Paradisum“ von Josef Radauer in der Pfarrkirche St. Martin in Unterwössen statt. Josef Radauer vom Salzburger Passionssingen und Wolfgang Kurfer, Chorleiter des Kirchenchors Unterwössen, geben einen Einblick
Unterwössen – Wie schon bei der Uraufführung 2019 und der Wiederaufnahme 2022 stehen beim Salzburger Passionssingen in Unterwössen auch heuer die beiden „namenlosen“ Schächer im Mittelpunkt, die links und rechts von Jesus gekreuzigt wurden. Der eine findet sich mit seinem Schicksal ab, der andere hadert damit. Daraus ergibt sich eine spannende Begegnung mit der biblischen Materie, ein ungewohnter, überraschender Blick auf die Passion.
Das Interview mit Josef Radauer vom Salzburger Passionssingen und Wolfgang Kurfer, dem Chorleiter des Kirchenchors Unterwössen, gibt einen Einblick zum Hintergrund des Gastspiels in Unterwössen.
Passionsspiele haben eine lange europäische Tradition. Warum faszinieren und bewegen die Geschehnisse um Jesu Tod auch nach über 2000 Jahren die Menschen?
Josef Radauer: Die Geschichte um Jesu Tod ist nicht nur das Epizentrum der christlichen Kultur. Sie ist an Dramatik nicht zu überbieten, denn es geht um Leben und Tod und um die Frage, was nach dem Tod ist. Diese Frage lässt niemand – egal ob gläubig oder nicht – unberührt.
Wie aktuell sind die Themen aus dem Passionssingen in der heutigen Zeit? Gibt es in ihrem Passionssingen den einen ‚Leitgedanken‘?
Josef Radauer: Bei unserem Passionssingen leuchten sehr viele aktuelle Themen auf: Die Frage nach der Zivilcourage, die Frage nach dem Gehorsam gegenüber der „Obrigkeit“ – leider sehr aktuell im Moment – die Wandlung des römischen Hauptmannes vom militärischen Befehlsempfänger zum Pazifisten.
Die beiden Schächer, die mit Jesus gekreuzigt werden, sind für mich Sinnbild der typischen „zwei verschiedenen Seelen in einer Brust“, die uns im Alltag beschäftigen:
Der eine klagt: „Warum muss es so sein? Kann man dagegen nicht ankämpfen?“.
Der andere: „Wie es ist, wird es schon recht sein, versuchen wir, das Beste daraus zu machen.“
Beide Verhaltensweisen sind wertvoll und gefährlich zugleich: Der eine geht den Dingen auf den Grund und bringt neue Ideen und Lösungen, der andere hilft in schwierigen Situationen Ruhe zu bewahren und diese zu bewältigen.

Was erwartet die Zuschauer beim Salzburger Passionssingen in der Pfarrkirche St. Martin in Unterwössen – musikalisch, aber auch darstellerisch?
Wolfgang Kurfer: Musikalisch erwartet die Besucher eine Mischung aus volksmusikalischen und klassischen Elementen, vom gregorianischen Choral „In Paradisum“ bis zu Faures berühmtem ‚In Paradisum‘ aus seinem Requiem, vom langsamen Landler bis zur Galliarde, vom Bachchoral bis zur volksmusikalischen Bläserweise. Für die Zuhörenden wird es viele Überraschungen und unerwartete Wendungen geben. Aber immer sind berührende Emotionen im Spiel – besonders auch bei den Schauspielern, die fast ausnahmslos auch als Sänger agieren.
Welche Bedeutung hat bei Ihren Aufführungen die Pflege des volksmusikalischen Schatzes an Passionsliedern?
Josef Radauer: Die Beschäftigung mit den alten Passionsliedern, die meist aus der barocken Passionsspieltradition kommen, ist mir persönlich sehr wichtig. Es ist ein besonderer volksmusikalischer Liedschatz, den es immer wieder aufs Neue zu heben gilt. Um diese Lieder entwickle ich dann die Handlungen. Besonders fasziniert mich, wie diese Lieder neben den Werken großer Meister bestehen können – ja oft sogar die musikalischen Höhepunkte bilden – wie in diesem heurigen Stück das Volkslied „Trauert ihr himmlischen Chöre und weinet“.
Wie kommt es dazu, dass das Salzburger Passionssingen Gastspiele in anderen Kirchen gibt?
Josef Radauer: Es gibt so viele schöne Kirchen im Land, die der Passion mit ihrer Atmosphäre eine besondere Intensität verleihen – auch die Zusammenarbeit mit den ortsansässigen Chören ist spannend und bereichernd. Und im Gegensatz zu den Adventssingen gibt es relativ wenige Passionssingen, obwohl das Thema eigentlich viel wichtiger und spannender ist. So möchten wir einen Beitrag dazu leisten, dass sich wieder mehr Menschen mit diesem Thema beschäftigen.
Wie kam die Veranstaltung in der Pfarrkirche St. Martin in Unterwössen zusammen? Und wer sind die Mitwirkenden aus Unterwössen?
Josef Radauer: Der Kontakt zum Chorleiter des Unterwössener Kirchenchores Wolfgang Kurfer kam über Franz Meier, dem „Walchschmied Franz“, mit dem mich eine lange und intensive musikalische Freundschaft verbindet. Und es ist etwas ganz Besonderes für mich, in diese Kirche zurückzukehren, wo wir vor langer Zeit und über viele Jahre hindurch beim Unterwössener Erntedank zu Gast waren. Das ist mit besonders wertvollen und schönen Erinnerungen verbunden: an den Niegel Franz, an Tobi Reiser und die alten Musikantenpersönlichkeiten, an die Fischbachauer Sängerinnen und Jochen Langer und natürlich an die herrlichen Weißwurstfrühstücke als Belohnung fürs frühe Aufstehen.

Bei Ihren Gastspielen trifft ein eingespieltes Ensemble immer wieder auf neue Laiendarsteller und Musiker aus den jeweiligen Aufführungsorten. Wie können wir uns die gemeinsamen Proben vorstellen? Welche Vo raussetzungen müssen die Darsteller und Musiker aus den Gastgeber-Gemeinden wie hier in Unterwössen mitbringen?
Josef Radauer: Das Wichtigste ist die Neugier auf diese Art des Passionssingens. Das Zusammenwirken von Laien und professionellen Sängern und Musikanten ist für mich immer besonders beglückend. Meine Aufgabe ist es, aus allen Mitwirkenden ein inspiriertes Team zu formen – das ist auch bei unserem Salzburger Hirtenadvent in der Aula ein wesentliches Geheimnis des Erfolges.
Wie groß ist das Ensemble beim Gastspiel in Unterwössen?
Wolfgang Kurfer: Neben dem großen Chor sind fünf Blechbläser, zehn Musikanten von meinem Ensemble, die sieben Sänger vom Salzburger Dreigesang und Ruperti Viergesang sowie zwei Schauspieler dabei. Hinter den Kulissen sind noch vier Personen, die sich um Licht, Ton und Organisation kümmern. Also alles in allem circa 80 Personen...
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