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Ein „indischer Investor“ beim TSV 1860 Rosenheim – Wer steckt hinter der Betrugsmasche?

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Von: Sascha Ludwig

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‚Betrug am TSV 1860 Rosenheim: Verhandlung gegen 34-Jährigen am Traunsteiner Landgericht
Es geht um ein 10-Millionen-Sponsoring für den TSV 1860 - und um einen dreisten Betrug bei der filmreifen Geldübergabe in Mailand. © Montage Symbolbilder dpa/pa

Bereits am ersten Verhandlungstag im Fall des Millionenbetrugs im Umfeld des TSV 1860 Rosenheim beleuchtete das Gericht die Hintergründe der dreisten Tat. Am zweiten Prozesstag sollen zusätzliche Zeugen das Wirrwarr um die undurchsichtigen Sponsorings weiter aufklären.

Traunstein/Rosenheim - Hemmungslose Dreistigkeit trifft auf blauäugige Naivität: Im Oktober 2020 ging ein Mann aus dem Landkreis Rosenheim einer gerissenen Betrügerbande auf den Leim. Bei der Suche nach Sponsoren für die Fußballabteilung des TSV 1860 Rosenheim fiel der Mann auf eine besonders trickreiche Masche herein. Bereits am ersten Verhandlungstag lieferten mehrere Zeugen tiefe Einblicke.

„Ich habe einfach vertraut. Das hätte ich nicht tun sollen.“

Eine 64-jährige Frau aus Niedersachsen - eine Bekannte des späteren Opfers - berichtete dem ehrenamtlichen Vereinsmitglied zunächst über eine einmalige Gelegenheit: Eine große Summe – genauer 10 Millionen Euro - wäre „teilweise als Kredit und teilweise als geschenktes Geld“ verfügbar. Die einzige Voraussetzung: Eine Ausfallversicherung für den Kredit in Höhe von 200.000 Euro müsste persönlich in Mailand übergeben werden – im Austausch gegen die erste Rate in Höhe von 1.000.000 Schweizer Franken.

Mit der sechsteligen Summe in Bar im Gepäck begab sich der Rosenheimer schließlich nach Mailand. Dort sollte die Übergabe erfolgen. Ein erster Versuch auf einem Parkplatz scheiterte; bei der zweiten Übergabe in einer Kneipe geschah es dann: Anstatt der ersten Sponsoring-Rate wurde dem Rosenheimer Vereinsmitglied eine große Menge Falschgeld untergejubelt. Erst Zuhause bemerkte der Geschädigte den Betrug. In der Verhandlung am Traunsteiner Landgericht soll nun geklärt werden, inwieweit der 34-Jähre Angeklagte und auc weitere Hintermänner an der Tat beteiligt gewesen waren.

Welche Rolle spielt der Angeklagte? Und wer war noch am Betrug beteiligt?

Ein Beamter der Kriminalpolizei Rosenheim macht am Dienstag (17. Januar) den Anfang. Als Sachbearbeiter im Fall gegen den 34-jährigen Angeklagten war der Polizist an der Vernehmung von Zeugen beteiligt. Unter anderem befragte er auch den Geschädigten aus dem Landkreis Rosenheim, sowie seinen Begleiter, der mit dem Geschädigten nach Mailand gefahren war. Bei der Befragung legte der Polizist den beiden Männern mehrere Bilder möglicher Täter vor. Während sich der Begleiter des Geschädigten sicher gewesen sei, dass der Angeklagte bei der ersten, missglückten Übergabe vor Ort war, habe der Geschädigte den heute Angeklagten auch in der Bar – im Rahmen der zweiten, dann erfolgreichen Geldübergabe – gesehen.

Begleiter des Geschädigten als Augenzeuge vor Gericht

Der Begleiter des Geschädigten ist sich auch in der Verhandlung am Dienstag sicher; er habe den Angeklagten bei der missglückten Übergabe auf dem Parkplatz eindeutig gesehen. „Einer ist ausgestiegen mit einer Box. Das war wie im Film“, berichtet der Begleiter des Geschädigten. Nach einigem Hin und Her habe er noch gefragt: „Geht das hier alles mit rechten Dingen zu?“ Und weiter: „Aber irgendwie wollte keiner so richtig Heim fahren.“

„Dann kam es zu einer weiteren Übergabe in einem Restaurant,“ schildert er weiter. Dort seien die Männer der ersten Übergabe aber nicht mehr vor Ort gewesen, so der Zeuge. „Der eine lehnte über der Schachtel, wie über einem Schatz. Immer wieder nahmen die dann einzelne Bündel heraus“, berichtet der Begleiter des Geschädigten von seinen Beobachtungen. Irgendwelche Tricks seien dem Zeugen nicht aufgefallen – ausschließen könne er ein absichtliches Vertauschen der Bündel gegen Falschgeld aber auch nicht.

Umfangreiche Ermittlungen – Sachbearbeiter der Polizei berichtet

Ein Beamter der Rosenheimer Kriminalpolizei sorgt am Ende des zweiten Prozesstag für weitere, erhellende Momente. Der Beamte hatte die Anzeige des Geschädigten wegen des erfolgten Betrugs aufgenommen. „Beim TSV 1860 Rosenheim waren große Investitionen geplant“, erinnert sich der Zeuge. Der Geschädigte habe sich dafür um die Finanzierung gekümmert. Weiter rekonstruiert der Polizist das Tatgeschehen. Er bestätigt die Annahme, dass bei der Geldübergabe in der Bar immer wieder ein und dasselbe Geldbündel durch die Zählmaschine gelaufen sein muss. Bei der Beschlagnahmung des Falschgelds in Rosenheimer seien allerdings keine echten Banknoten festgestellt worden.

„Diese Masche gibt es schon seit Jahren. Das ist aber meines Wissens der erste Fall, in dem ein deutscher Zwischenhändler eingeschaltet ist“, so der Beamte abschließend. Wie genau die Tatbeteiligung der 64-jährigen Bekannten des Geschädigten und deren persönliches Umfeld aussehen könnte, kann der Beamte nicht mit Sicherheit sagen. Die Frau hatte den Kontakt zwischen dem „indischen Investor“ und dem Geschädigten ursprünglich hergestellt.

„Wir gehen da von sehr eingespielten Strukturen aus, die teils sicher schon über Jahre arbeiten.“ Die 64-Jährige und noch weitere beteiligte Personen wurden vom Amtsgericht Rosenheim bereits wegen einer ganz ähnlichen Tat wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt.

Prozess wir Anfang Januar fortgesetzt – Ergebnisse zu zentralem Beweismittel erwartet

Am dritten und voraussichtlich letzten Verhandlungstag am 6. Februar erwartet Oberstaatsanwalt Dr. Martin Freudling schließlich noch ein interessantes Gutachten. Die Geldzählmaschine, die für den Betrug genutzt worden war, wird derzeit noch von der Polizei auf Spuren des Angeklagten untersucht. Die Schlussvorträge der Prozessbeteiligung und das Urteil gegen den 34-jährigen Angeklagten sollen dann ebenfalls ergehen.

sl

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