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Pflegekräfte wütend über die Corona-Impfpflicht: „Jetzt wird man mit einem Arschtritt vor die Tür gesetzt“

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Von: Julia Grünhofer

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Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich sollen bis zum 15. März nachweisen, dass sie gegen Corona geimpft oder genesen sind. Das sorgt in der Bevölkerung für viele Diskussionen. Weitere Leser haben uns Ihre Meinung dazu geschildert:

Landkreis - Bundestag und Bundesrat haben am 10. Dezember 2021 die einrichtungsbezogene Impfpflicht beschlossen. Diese sieht vor, dass Beschäftigte in Einrichtungen wie Arztpraxen, Kliniken und Pflegeheimen bis zum 15. März nachweisen müssen, dass sie geimpft oder genesen sind. Damit sollen Patienten sowie Pflegebedürftige besser vor einer Corona-Infektion geschützt werden.

Ungeimpfte können ab 16. März vorerst weiter im Gesundheitssektor arbeiten

Die Bundesregierung räumte aber nun gegenüber businessinsider.de erstmals ein, dass die einrichtungsbezogene Impfpflicht ab dem 16. März nicht konsequent umgesetzt werden kann. Demnach können vorerst auch nach dem 16. März Ungeimpfte weiterhin in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen arbeiten.

So erklärt ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums auf Anfrage von Business Insider am Montag (31. Januar): Das zuständige Gesundheitsamt entscheide bei der Impfpflicht „über das weitere Vorgehen und die zu ergreifenden Maßnahmen im Rahmen seines Ermessens“.

Und weiter: „Bis das Gesundheitsamt die Entscheidung über ein Betretungs- bzw. Tätigkeitsverbot getroffen hat, dürfen die betroffenen Mitarbeitenden grundsätzlich weiterbeschäftigt werden. Kontrolliert und entschieden wird im Einzelfall. Dabei spielt natürlich auch der Aspekt eine Rolle, ob in einer Übergangszeit Personalengpässe in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen vermieden werden können“.

Was meint Ihr? Was haltet Ihr von der Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen? Wir haben Euch um Leserbriefe gebeten und Ihr habt fleißig geschrieben.

Impfpflicht im Gesundheitswesen: Das sind Eure Leserbriefe

Anonym aus Bayern

Ich arbeite als Stationsleitung (selbst ungeimpft) in einem Seniorenpflegeheim und bei mir ist sicher, dass sich aus meinem Team einige Kollegen verabschieden werden, sollte der Beschluss wie geplant umgesetzt werden. Keiner möchte kündigen, aber jeder riskiert ein Zutrittsverbot/Beschäftigungsverbot bis hin zum Bußgeld.

Auch Bewerbungen sind seit dem Beschluss der einrichtungsbezogenen Impfpflicht noch seltener als zuvor geworden Daher weiß ich nicht, wie das geimpfte Personal den kommenden Alltag ohne ihre ungeimpften Kollegen überstehen soll. Alle arbeiten wirklich mit Herzblut in ihrem Beruf, aber niemand versteh den Sinn hinter solch einer Maßnahme.

Niemand stellt infrage, dass unsere Senioren geschützt werden müssen, aber wir wissen nun aus Erfahrung, dass sowohl Geimpfte als auch Ungeimpfte Überträger sein können. Eine Impfpflicht halte ich daher maximal für Risikogruppen für sinnvoll, um eben diese vor einem schweren Verlauf zu schützen. Bis auf ein paar Ausnahmen, sind alle unsere Bewohner geimpft bzw. bereits geboostert. Zudem können wir Pflegekräfte voller Stolz behaupten, dass wir (trotz vieler ungeimpfter Mitarbeiter) bislang keinen Corona-Ausbruch zu verzeichnen haben.

Es macht mich aber auch sehr traurig zu sehen, wie es der Pflege immer nur noch schwerer gemacht wird, ihren wirklich anspruchsvollen, aber auch super schönen Beruf ausüben zu können. Sorry, aber das Klatschen hat uns rein gar nichts gebracht. Unsere Pflegedienstleitung erhält mittlerweile auch Anrufe von wütenden Angehörigen, die sie beschimpfen, da sie gewissenloses ungeimpftes Personal beschäftigt. Traurig, in welch einer Welt wir inzwischen leben.

Daniela aus Bayern

Ich bin gelernte Heilerziehungspflegerin und arbeite seit 20 Jahren in der Pflege. Ich liebe meinen Beruf, habe schon viele Bereiche gesehen und würde es immer wieder lernen. Vor knapp drei Monaten habe ich mich in der Arbeit mit Corona angesteckt und es an meine ganze Familie weiter gegeben. Mir ging es 14 Tage wirklich nicht gut und trotz Genesung hab ich immer noch gesundheitliche Probleme.

Meinen Mann hat es sogar so schwer erwischt, dass er auf die Intensivstation gebracht werden musste. Seitdem hat auch er immer wieder starke Probleme, die unser Leben sehr beeinträchtigen. Wir haben drei Kinder, die auch unter den ganzen Corona-Folgen leiden. Einschränkungen überall, Maske in der Schule und sogar im Sportunterricht, keine Teilnahmen an gesellschaftlichen Angeboten oder Freizeitaktivitäten - alles haben wir hingenommen und versucht das beste daraus zu machen, aber jetzt geht es um unsere Existenz.

Vor einem Jahr waren wir noch die Helden der Nation und wurden beklatscht und jetzt wird man mit einem Arschtritt vor die Tür gesetzt und zu etwas gezwungen, das man aus persönlichen Gründen einfach nicht möchte. Es macht meiner Meinung nach keinen Unterschied, ob man geimpft ist oder nicht. Ich arbeite deswegen nicht schlechter oder mit weniger Leidenschaft. Ich bin meiner Meinung nach auch als Ungeimpfte keine Gefahr für die Patienten oder Klienten weil ich mich, genauso wie die Geimpften, an die aktuellen Hygienevorschriften halte und das zu 100 Prozent.

Es ist eine Frechheit, was hier passiert und wie mit den Pflegekräften umgegangen wird. So schlimm kann der Notstand in der Pflege dann wohl nicht sein. Es geht schon lange nicht mehr um die Gesundheit oder um das, was das Volk will. Es geht einfach nur ums Geld. Wo soll man denn hin als Pflegekraft, wenn das einfach der Beruf ist, für den man sich entschieden hat, den man gelernt hat, in dem man sich fortgebildet hat und für den man lebt? Wo verdammt nochmal soll man dann plötzlich arbeiten und für das finanzielle Wohl seiner Familie sorgen?

Ich würde mir wünschen, dass all die Pflegekräfte, die sich bis jetzt nicht impfen haben lassen, es durchzuziehen. Denn nur so wird ans Licht gebracht, was schon seit Jahren schiefläuft: ein Kaputtsparen des Gesundheitssystems und den damit verbundenen Pflegenotstand. Denn wer kümmert sich um das Wohl der Patienten, wenn es noch mehr unbesetzte Stellen gibt? Die Politiker werden sich die Finger bestimmt nicht schmutzig machen. Ich werde mich jedenfalls nicht zwingen lassen, auch wenn es bedeutet, dass ich meinen Beruf nicht mehr ausüben kann.

Bojan Hufnagl aus Bayern

Als ob die Ausbildung in einem Pflegeberuf nicht schon genug ist und Lerninhalte in der Praxis gefestigt werden müssen, verschärft sich die Lage durch die Impfpflicht weiter. Personalmangel gab es schon immer in Pflegeberufen, gefühlt hat sich die Lage mit Corona aber weiter verschärft.

Eine allgemeine Impfpflicht wäre meiner Meinung nach besser gewesen. So wie es derzeit ist, werden Mitarbeiter nur ausgeschlossen. Die Leidtragenden sind dann die Patienten und Bewohner. Ich stehe gerne für meine Bewohner ein, schütze sie so gut es geht und unterstütze sie nach bestem Wissen und Gewissen, aber dies kann nur mit ausreichend Personal bewerkstelligt werden. Die Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigung hat mit dieser Impfpflicht einen Rückschlag erlitten!

Impfpflicht im Gesundheitswesen: Schickt uns Eure Leserbriefe

Eure Meinung ist gefragt: Was haltet Ihr von einer Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen? Seid Ihr für eine allgemeine Impfpflicht oder geht das für Euch zu weit? Wie ist Eure Haltung zu diesem Thema oder empfindet ihr es als eine überzogene Diskussion?

Arbeitet Ihr vielleicht sogar im Gesundheitswesen und spielt wegen der Impfpflicht mit dem Gedanken, Euren Job zu kündigen oder habt dies bereits getan? Wir freuen uns auf Eure Meinungen und Erfahrungsberichte.

Schreibt uns zum Thema per Mail an leserbriefe@ovb24.de (Kennwort: „Impfpflicht im Gesundheitswesen“ im Betreff). Bitte sendet uns neben Euren Zeilen auch unbedingt Euren Namen und Euren Wohnort – und am besten auch ein Foto von Euch. Die Redaktion veröffentlicht Eure Leserbriefe samt komplettem Namen und Wohnort anschließend in einem Artikel. d

Anm. der Red.: Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften entsprechend zu kürzen oder die Veröffentlichung gegebenenfalls ohne Angabe von Gründen zu verweigern.

jg

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