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„Immunsystem die Arbeit machen lassen“ und zunehmend aggressives Verhalten von Eltern

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Von: Isabella Schweiger

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Leserin Manu Lang / Eine Ärztin untersucht ein Baby, das mit einem Atemwegsinfekt auf der Intensivstation beatmet wird. (Montage)
Leserin Manu Lang / Beatrix Schmidt (r), Chefärtzin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am St. Joseph-Krankenhaus, untersucht ein Baby, das mit einem Atemwegsinfekt auf der Intensivstation beatmet wird. (Montage) © privat/dpa | Christoph Soeder

Volle Notaufnahmen, lange Wartezeiten bei den Kinderärzten, keine freien Betten in den Krankenhäusern und viele kranke Kinder: In den bayerischen Kinderkliniken herrscht immer noch Ausnahmezustand - von Entwarnung keine Spur. Dennoch ist am 10. Dezember die Maskenpflicht im bayerischen ÖPNV gefallen. Eine richtige Entscheidung? Das sagen unsere Leser:

München/Passau - In Schulen fehlen halbe Klassen, mancherorts müssen Kindergartengruppen schließen - in Bayern grassieren Viren und Bakterien, allen voran: Influenza, Corona, Magen-Darm und der RS-Virus. Alles zum Teil alte Bekannte, die jeden Winter für Fieber, Gliederschmerzen, Husten oder Erbrechen sorgen. Dennoch ist es in diesem Jahr so, dass es vor allem die Kleinsten trifft. Nach zwei Jahren Corona-Schutzmaßnahmen, kommen sie jetzt durch Schule, Kita oder ältere Geschwister in Kontakt mit Viren, die das Immunsystem noch nicht kennt. Und das trifft im ersten Winter ohne Corona-Schutzmaßnahmen dann mehr Kinder gleichzeitig als die Jahre davor.

Das Problem wird zusätzlich verschärft durch den Personalmangel in den Krankenhäusern, das heißt Betten wären eigentlich vielerorts vorhanden, aber das nötige Personal zur Versorgung fehlt. „Die Wartezeiten sind weiterhin lang und wir müssen auch immer noch kranke Kinder in näher und weiter entfernt gelegene Kinderkliniken verlegen“, sagte Johannes Hübner, Leiter der Pädiatrischen Infektiologie des Dr. von Haunersches Kinderspital am Klinikum der Ludwig-Maximilian-Universität in München. „Unsere Klinik ist im Moment voll, wir müssen Kinder entlassen oder verlegen, um neue aufzunehmen. Gleichwohl wird bisher kein Kind, das eine stationäre Betreuung benötigt, weggeschickt.“

Ein Abflauen der Infektwelle ist nicht in Sicht. Grund für die überfüllten Kliniken sind schwere Atemwegserkrankungen. Die betroffenen Kinder haben sich häufig mit dem RS-Virus angesteckt, der vor allem für Säuglinge und Kleinkinder gefährlich werden kann, die dann in der Klinik beispielsweise eine Sauerstoffzufuhr oder Flüssigkeit per Infusion brauchen. Auch Influenza und Lungenentzündung sind häufig. Die jetzige Lage zeige „wie im Brennglas“ auf, welche Defizite es seit Jahren gebe, so Matthias Keller, Leiter der Kinderklinik Dritter Orden in Passau und Vorsitzender der süddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, gegenüber der dpa. In den vergangenen Tagen beobachtet der Passauer Chefarzt zunehmend aggressives Verhalten von Eltern in den Notaufnahmen. Hierfür habe er kein Verständnis. Die Teams aus Ärzten und Pflegekräften würden ihr Möglichstes geben, „aggressives Verhalten ist aber inakzeptabel“. 

Immunsystem „nicht genug trainiert“? Das ist Unsinn

 „Das Immunsystem ist kein Muskel: Es bildet sich nicht zurück, wenn es nicht oder weniger gebraucht wird“, sagt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl. Das Immunsystem sei in den vergangenen zwei Jahren sicherlich ein Stück weit geschont worden, aber nicht überflüssig geworden. „Es hatte ja dennoch zu tun: Menschen kommen nicht nur über die Atemwege, sondern auch über die Haut oder die Nahrung mit Krankheitserregern in Kontakt, so dass das Immunsystem anspringt.“

Der Immunologe hat einen anderen Erkläransatz: Bei manchen Erkältungskrankheiten sei man einfach alle zwei, drei Jahre fällig. „Dafür sind zum Beispiel saisonale Coronaviren ein Beispiel. Wer die während der vergangenen zwei Jahre verpasst hat, kann jetzt mehrere Erkältungen nacheinander kriegen.“ Das sei ein Nachholeffekt, ähnlich wie man das bei den RSV-Infektionen bei Kindern derzeit sieht.

Fachleute sehen zudem - ebenfalls eine Pandemiefolge - eine gestiegene Aufmerksamkeit für das Thema und womöglich eine dadurch veränderte subjektive Wahrnehmung. „Viele von uns haben sich in der Pandemie daran gewöhnt, lange Zeit am Stück keine Erkältungen mehr zu haben. Dabei war es davor schon so, dass man immer wieder einmal betroffen war“, sagt Watzl.

Maskenpflicht im ÖPNV fällt - zu Lasten der Kinder?

Nachdem man gerade den Kindern während der Pandemie viel abverlangt habe, um ältere und vorerkrankte Menschen zu schützen, werden die Stimmen lauter, dass nun Kinder verstärkt in den Fokus rücken sollen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat weitere schnelle Unterstützung wegen der akuten Engpässe in der Kindermedizin zugesichert. „Wir werden es nicht zulassen, dass die Kinder, die in der Pandemie so viel aufgegeben haben, jetzt nicht die Versorgung bekommen, die sie brauchen“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag (15. Dezember) in Berlin. Geplant sind Regelungen, um mehr Pflegekräfte in Kliniken zu finanzieren und Mehrarbeit überlasteter Praxen besser zu honorieren. Lauterbach schloss nicht aus, dass in einem nächsten Schritt notfalls planbare Eingriffe für Erwachsene verschoben werden könnten. Kommen sollen auch Maßnahmen gegen Lieferengpässe bei manchen Medikamenten. Der Gesundheitsminister bleibt ein Befürworter der Masken, da dadurch Infektionen reduziert und bereits bestehende Infektionsketten zu unterbrochen werden könnten.

Dem entgegen steht, dass im Freistaat Bayern, wie auch in Sachsen-Anhalt, zuletzt die Maskenpflicht im Öffentlichen Nahverkehr abgeschafft wurde. Dort, wo Menschen auf engstem Raum nebeneinander sitzen, setzt man nun auf Eigenverantwortung. Ein längst überfälliger Schritt oder ein Schritt, der viel zu früh kommt? Hier scheiden sich die Geister, Karl Lauterbach kritisierte das Vorgehen: „Ich bin einfach nicht davon überzeugt.“ Er verwies auf die Probleme mit dem RS-Virus und eine bevorstehende, ansteckendere Virusvariante bei Corona, während Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) dagegen twitterte: “Hoffe, dass dieser Entschluss bald auch bundesweit Schule macht“.

Auch die ovb24.de-Leser haben verschiedene Ansichten:

Doris Huber (wasserburg24.de)

Trag ich sowieso…. Noch nie damit aufgehört. Es ist mir total schnurz was andere sagen oder wie sie lästern. Kostet mich nur ein Lächeln. Meine Entscheidung Maske zu tragen, beim Einkaufen, in Lokalen, bei Ansammlungen von Menschen usw. usw. 

Danny Wadewitz (chiemgau24.de)

Den RS Virus und die Influenza kann man schon einmal nicht in einen Topf werfen. Gegen die eine Erkrankung kann man sich impfen lassen und das Immunsystem lernt bei einer Erkrankung damit umzugehen und bei der anderen Erkrankung lernt das Immunsystem nix und es gibt auch keine Impfung. Würden Eltern und Erzieher achtsamer mit Erkrankungen umgehen, würden auch Infektionsketten unterbrochen. Es bringt nix Kinder mit Medikamenten voll zu pumpen und in eine Einrichtung zu bringen. Genau so bringt es aber auch nix wenn man als Erzieher, gesundheitlich angeschlagen auf Arbeit geht.

Sandra Winkler (chiemgau24.de)

Alls ich damals vor über 20 Jahren ziemlich krank war, also die Influenza Grippe hatte, habe ich meine Kinder, die noch kein Jahr und noch keine zwei Jahre alt waren, mit so einer Maske vor mir geschützt ....und ja um Säuglinge und Kleinkinder zu schützen würde ich so eine Maske tragen....aber nur wenn ich krank bin !

Manu Lang (chiemgau24.de)

Wie wäre es, wenn wir es einfach machen wie zuvor und das Immunsystem seine Arbeit machen lassen!

Freiwillig Maske tragen, um Kinder zu schützen?

Haltet Ihr es für sinnvoll, jetzt freiwillig Maske zu tragen, um Kinder vor den RS- und Influenza-Viren zu schützen und die jetzige Krankheitswelle zu unterbrechen? Oder glaubt Ihr, dass die Maske eher kontraproduktiv ist? Schreibt uns Eure Meinung an leserbriefe@ovb24.de (Stichwort RS-Virus) Bitte sendet uns neben Euren Zeilen auch unbedingt Euren Namen und Euren Wohnort – und am besten auch ein Foto von Euch. Die Redaktion veröffentlicht Eure Leserbriefe samt Namen und Wohnort anschließend in einem entsprechenden Artikel.

Anm. der Red.: Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften entsprechend zu kürzen oder die Veröffentlichung gegebenenfalls ohne Angabe von Gründen zu verweigern.

si/dpa

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