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Gruberwirt hat einen neuen Besitzer

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Von: Alexander Belyamna

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Der Gruberwirt hat einen neuen Eigentümer
Der Gruberwirt hat einen neuen Eigentümer © bla

Mühldorf - Unter großem Zuschauerandrang wurde der frühere Neonazi-Treffpunkt Gruberwirt von einem Halsbacher ersteigert. *neu: Stellungnahme von Landrat Schneider*

Bis in die hintersten Reihen war der Sitzungssaal 116 des Mühldorfer Amtsgerichts gefüllt. Dutzende Menschen, darunter sehr viele Halsbacher, wollten sehen, wer das ehemalige Gasthaus Gruberwirt ersteigert. Den Zuschlag bekam schließlich ein Mitbürger, Johann Obermaier, der den Gruberwirt auch zum Wohle der Gemeinde gekauft hat. Als Richter Kasparek das Versteigerungsergebnis verkündete, gab es spontanen Applaus für den Halsbacher.

Das Wirtshaus war als Neonazi-Treffpunkt genutzt worden

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Das ehamalige Wirtshaus war mehrfach in die Schlagzeilen geraten, weil Neonazis das Gebäude als Treffpunkt auserkoren hatten. Doch die Halsbacher setzten sich gegen die rechten Umtriebe mit Demonstrationen zur Wehr, zuletzt im Februar 2012.

Bereits im September 2010 hatte die Sparkasse Altötting-Mühldorf, die Hauptgläuberin des hoch verschuldeten Gruberwirts, die Zwangsversteigerung beantragt. Seitdem das Gebäude im Februar letzten Jahres unter Zwangsverwaltung gestellt worden war - ein Vorgang zum Schutz des Gebäudewertes im Rahmen der Zwangsversteigerung - stand der Gruberwirt leer. Auch von Neonazi-Veranstaltungen blieb die Gemeinde seitdem verschont.

Obermaier erhält für 325.000 Euro den Zuschlag

Bei der Zwangsversteigerung am Mühldorfer Amtsgericht hatte es lange so ausgesehen, als würde die sogenannte "Bieter-Halbestunde" ganz ohne Gebot verstreichen. Erst rund zehn Minuten vor Ablauf der Frist gab Michael Kufner für die Sparkasse Altötting-Mühldorf ein Gebot in Höhe von 320.000 Euro ab. Den Verkehrswert des Gebäudes hatte im Vorfeld ein Gutachter auf 530.000 Euro taxiert. Hätte kein Gebot mindestens die Hälfte dieser Summe erreicht, hätte der Zuschlag von Amts wegen versagt werden müssen.

Kurz nach Kufner gab Johann Obermaier mit 325.000 Euro das letzte Gebot des Tages ab. Als die Bieter-Halbestunde verstrichen war und Richter Kasparek das Ergebnis verkündete, gab es spontanen Applaus für Obermaier. Mehrere Halsbacher bedankten sich sichtlich erleichtert bei ihrem Mitbürger. Bis zuletzt hatten viele befürchtet, der Gruberwirt könnte erneut in die Hände von Neonazis fallen. Halsbachs Bürgermeister Georg Pfaffinger, der sich stark gegen die rechten Umtriebe eingesetzt hatte, konnte krankheitsbedingt nicht nach Mühldorf kommen.

UPDATE: Stellungnahme von Landrat Schneider:

Am frühen Mittwochnachmittag erreichte unserer Redaktion diese Stellungnahme von Landrat Erwin Schneider zur Versteigerung:

"Ich bin überglücklich, dass der braune Spuk in Halsbach vorbei und unsere Strategie voll aufgegangen ist. Die rechtsradikale Szene, die die Gemeinde sowie den Landkreis über Jahre hinweg tyrannisiert hat, hat die maximal mögliche Niederlage erlitten.

Sie ist nicht nur mit leeren Hosen, sondern gar nicht bei der Versteigerung aufgetreten und hat damit auch dokumentiert, dass sie weder in Halsbach, noch in unserem Landkreis auch nur die geringste Basis gefunden haben. Die Gemeinde Halsbach mit Bürgermeister Pfaffinger hat den größtmöglichen Sieg errungen. Ohne den Einsatz auch nur eines Euro an Steuergeldern konnte dieses Thema erledigt werden.

Ich bedanke mich bei der Gemeinde Halsbach mit Bürgermeister Georg Pfaffinger, der Stadt Burghausen mit Bürgermeister Hans Steindl sowie den Verantwortlichen der Sparkasse Altötting- Mühldorf, die mit uns an einem Strang gezogen und stets die richtigen Schritte gesetzt haben."

"Halsbach soll zur Ruhe kommen"

Konkrete Pläne für das Gebäude hat Obermaier, der in Halsbach einen Reperaturbetrieb für Fahrzeuge aller Art leitet und der unmittelbare Nachbar des Gruberwirts ist, noch nicht. "Es war sicher keine kaufmännische Entscheidung", sagte er nach der Versteigerung. Dies sei jedoch allemal besser, als wenn den Gruberwirt jemand anderes gekauft hätte. Obermaier hofft nun, "dass die Halsbacher Bürgerinnen und Bürger zur Ruhe kommen". Die Veranstaltungen der Neonazis seien schlicht eine "Rufschädigung" für Halsbach und seinen Betrieb gewesen. Seine Kunden hätten sich sogar beschwert, dass man wegen der vielen Polizeiautos schon gar nicht mehr parken könne.

Obwohl Obermaier das Gebäude deutlich unter dem Verkehrswert von 530.000 Euro erstanden hat, kommen wohl diverse finanzielle Belastungen auf ihn zu. Wie der bisherige Zwangsverwalter Dr. Thomas Kimmel vor der Versteigerung erläuterte, bestehe für das Gebäude ein "Sanierungsstau". Eine wirtschaftliche Nutzung sei derzeit nicht möglich, da der Vorbesitzer die Heizanlage verkauft hat.

Aus dem Archiv:

Bilder vom Gruberwirt

Bilder von der Anti-Neonazi-Demo im Februar

Bürgermeister Georg Pfaffinger im Vorfeld der Versteigerung

Die Demo gegen Rechts in Halsbach

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