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Im ersten Fall gleich ein Kinderschänder

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Gerhard Deißenböck hat als Jugendschöffe in den letzten zehn Jahren viel erlebt.
Gerhard Deißenböck hat als Jugendschöffe in den letzten zehn Jahren viel erlebt. © sb

Mühldorf - Gerhard Deißenböck war die letzten neun Jahre als Jugendschöffe tätig. Er spricht von seinen Erfahrungen. Es werden nämlich wieder neue Schöffen gesucht.

Derzeit können sich interessierte Bürger als Jugendschöffe und als normaler Schöffe bewerben. Der 34-jährige Gerhard Deißenböck war die letzten neun Jahre als ehrenamtlicher Jugendschöffe tätig. Er spricht von einer interessanten, aber nicht einfachen Aufgabe.

Das Jugendschöffengericht ist ein Jugendgericht, das über Verfehlungen Jugendlicher und Heranwachsender entscheidet. Es ist ebenso wie der Jugendrichter ein Spruchkörper beim Amtsgericht und besteht aus einem hauptamtlichen Richter als Vorsitzende und zwei Jugendschöffen. Dabei ist ein Schöffe männlichen und einer weiblichen Geschlechts. Die Jugendschöffen sind den Berufsrichtern im Allgemeinen gleichgestellt.

Stadträtin sprach ihn an

Der Verwaltungsangestellte und Relgionspädagoge wurde von der Waldkraiburger Stadträtin angesprochen, ob er sich nicht als Jugendschöffe zur Verfügung stellen würde. "Ich habe nicht lange überlegt und dann zugesagt, hab aber nicht gewusst, was auf mich zukommt", erklärt Deißenböck.

Zu Beginn des Jahres werden den Schöffen die Termine der Verhandlungen mitgeteilt. Auf bis zu zehn Gerichtstermine im Jahr ist Gerhard Deißenböck gekommen. In der Regel werden an einem Tag mehrere Fälle behandelt. Die Schöffen sollten unvoreingenommen dem Verfahren beiwohnen und den Argumenten der Rechtsanwälte, Zeugen und Aussagen des Angeklagten folgen. "Anfangs habe ich gedacht, ich könnte die Welt verbessern, da haben mich die Verhandlungen schnell eines Besseren belehrt", berichtet der studierte Religionspädagoge.

In seiner Zeit als Jugendschöffe waren die Diskussionen mit dem Richter und der zweiten Schöffin immer sehr homogen. Die Diskussionen über das Straßmaß liefen zwar hin und wieder kontrovers, doch in der Regel wurde ein Konsens gefunden.

Im ersten Fall ein Kinderschänder

Sein erster Fall war der eines Kinderschänders, an den er sich bis heute noch erinnern kann. "Ehrlich gesagt, das fand ich wirklich zum Kotzen, als das alles im Detail geschildert wurde. In diesen Momenten habe ich des Öfteren den Glauben an die Menschheit verloren", berichtet Deißenböck.

Er erzählt auch, dass es schon Verhandlungen gegeben habe, die einen belasten und sehr nachdenklich stimmen. Nach der ersten Periode konnte Gerhard Deißenböck nicht mehr viel erschüttern. "Manchmal dachte ich, jetzt haben wir den schon wieder. Das Klientel und die Richter und Schöffen sehen sich öfters. Wie bei alten Bekannten. Einmal haben wir einen Jugendlichen zu einer Bewährung verurteilt. In der Bewährungszeit hat er dann einen Kiosk überfallen. Du denkst, manche lernen es nie", sagt Deißenböck.

Reich wird man als Schöffe nicht

Er sah seine Aufgabe darin, den Jugendlichen aufzuzeigen, dass es andere Wege gebe. "Mir hat die Arbeit als Jugendschöffe wirklich gefallen. Reich wird man mit dieser ehrenamtlichen Tätigkeit mit Sicherheit nicht. Rund 50 Euro an einem Verhandlungstag erhalten die Schöffen. Wegen des Geldes habe ich es nie gemacht", berichtet der 34-Jährige.

Nach zehn Jahren kann er als Jugendschöffe nicht mehr kandidieren. Gerhard Deißenböck überlegt derzeit, sich als normaler Schöffe zu bewerben.

Für Informationen über das Amt des Jugendschöffen stehen im Mühldorfer Landratsamt, Amt für Jugend und Familie, Robert Hofmann, Telefon 0 86 31/ 69 97 89, oder Detlef Dressnandt, Telefon 0 86 31/ 69 94 17, zur Verfügung.

Der Bewerbungsbogen kann beim Landratsamt Mühldorf unter Telefon 0 86 31/69 97 63 angefordert werden oder hier im Internet ausgedruckt und dann unterschrieben gesendet werden.

sb/Mühldorfer Anzeiher

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