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Jedermann – Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes

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Jedermann – Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes.
Jedermann – Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes. © Jedermann

Das Besondere an der Inszenierung sind die einerseits sehr aktuellen tagespolitischen Bezüge, die die dekadente Partygesellschaft in Spannung zu Not und Armut durch Mietenwahnsinn und Ausbeutung osteuropäischer Arbeitskräfte einerseits und die für eine heutige Theaterinszenierung nahezu verpönte religiöse Ausrichtung des Schlusses andererseits. Aussehen und Auftreten ist modern und heutig, die Sprache bleibt, bis auf einige tagesaktuelle Bezüge und Abänderungen, in Hofmannstahls großartigem Knittelvers.

Die Mitteilung im Wortlaut:

In Anna Funks ungewöhnlicher Inszenierung des Jedermanns von Hugo von Hofmannsthal spielt Rainer Maria Schießler (Priester in St. Maximilian in der Au) den Glauben, der Jedermann retten soll. Der/die Jedermann wiederum ist weiblich. Warum auch nicht, ist doch gerade für kinderlose Frauen, bei denen, will man es trotz Gender- und Diversitywahnsinn wahrhaben oder auch nicht, die biologische Uhr nunmal weitaus schneller tickt als beim männlichen Geschlecht, die 40er Schwelle im Lebensalter ein entscheidender Punkt, was die Familien- und damit auch Lebensplanung betrifft; Somit ist bei erfolgreichen und reichen Frauen, wie es die Jedermann ist, in diesem Alter noch mehr Zunder für eine Midlifecrisis geboten.

Diese Midlifecrisis führt bishin zu Wahnvorstellungen und Todesängsten. Was bedeutet Jedermanns Liebesbeziehung zu dem jungen charmanten Musiker, den sie sich als Buhlen hält, was ihre Freundschaft zu ihrer engsten Freundin, dem bayrischen It-Girl aus der Schickeria, was die familiären Beziehungen zum Vater (die Kenner des Originalstücks merken schon, einige Geschlechterrollen sind gedreht), und anderen Verwandten? Man kennt sich und kennt sich doch nicht, lebt unter einem Dach oder feiert zumindest gemeinsam, und doch lebt man aneinander vorbei. Und in dieses Gefüge tritt nun, plötzlich, niemand rechnet damit, die Vorahnung des baldigen Todes.

Und plötzlich ist sie wieder da, die Frage, die man sich in einer Welt des Konsums und der Zerstreuung eigentlich nicht mehr stellen muss und die man so wunderbar verdrängen kann: Gibt es ein Leben danach? Ein Paradies vielleicht sogar? Und, wenn man da hinein will, spielt es dann eine Rolle, ob man im Leben hier „ein guter Mensch“ war? Spielt es eine Rolle, ob man gläubig war? Es ist im Grund ein tieftheologisches Stück, das Hofmannsthal hier geschrieben hat, und wenn man mit diesem theologischen Aspekt nichts zu tun haben will, weil man nichts am Hut hat mit Jesus oder mit der Heilslehre der christlichen Kirchen oder einer Transzendenz oder dem Glauben überhaupt, dann sollte man ein anderes Stück inszenieren.

Und weil Rainer Maria Schießler eine Persönlichkeit ist, die die Menschen dort abholt, wo sie stehen, sie hinführt zu existenziellen Fragen, so ist er in der Rolle des Glaubens eine richtungsweisende Besetzung, der nicht nur die Jedermann (Ulrike Dostal, Gärtnerplatztheater), sondern auch das Publikum abholen und ermutigen möchte, sich die Frage nach dem Sinn und dem Danach zu stellen. Im Sommer 19 wurde die Inszenierung in den Höhlen des Klösterls am Donaudurchbruch in Kelheim als beeindruckendes Naturschauspiel gezeigt und sorgte für überregionale Aufmerksamkeit, 2020 wurde sie in der Maximilianskirche in der Au anschaubar.

Pressemitteilung Jedermann

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