„Frauenrollen jenseits aller Klischees reizen mich“ – Schauspielerin Teresa Rizos im Interview

Als erstes fallen bei ihr die Augen auf, die einen direkt ansehen – bisweilen mitten hinein ins Herz. Zumindest hat man das Gefühl, auch wenn Teresa Rizos meterweit weg auf der Leinwand agiert. Diese Augen prädestinieren sie für die Bühne, das glaubte zumindest eine Kundin ihrer Oma in den 1980er Jahren. Und bewies damit seherische Qualitäten. Denn heute spielt Teresa Rizos auf Augenhöhe mit Stars wie Florian Brückner und Katharina Thalbach, ist ein Teil der Erfolgsserie „Servus Baby“ und brilliert als Brigitte Beckenbauer in dem Film „Der Kaiser“.
von Raphaela Kreitmeir
Man ist mit ihr, wenn nicht älter, so doch lebenserfahrener geworden. Gehörte Teresa Rizos als Caro Ertl fünf Jahre lang bei „Dahoam is Dahoam“ zum Fernsehalltag, wechselte sie mit der preisgekrönten BR-Serie „Servus Baby“ 2018 vom ländlichen Lansing in die Großstadt München und beschäftigte sich zwei Staffeln lang mit Geschlechterkampf und Partnersuche. Jetzt zeigt sie in der dritten Staffel, dass auch mit Partner das Suchen um die richtigen Lösungen im Leben nicht aufhört, sondern eher ganz neu anfängt.
Prägnante Frauentypen, darauf versteht sich die 36-jährige Schauspielerin, wobei die Stärke dieser Typen erst auf den zweiten oder dritten Blick erkennbar ist. Wie bei Brigitte Beckenbauer, die sie im Biopic „Der Kaiser“ darstellt. Wir haben uns mit Teresa Rizos darüber unterhalten, warum es für sie bereits als Kind nur einen Berufswunsch gab, wie sie sich auf Rollen vorbereitet und warum der direkte Kontakt zum Publikum glücklich macht.
Du wusstest bereits als Vierjährige, dass du unbedingt Schauspielerin werden willst. Wie kamst du auf die Idee?
Diese Frage stelle ich mir selbst auch häufiger. Und ich habe bis heute keine Antwort. Wir hatten zu Hause noch nicht einmal einen Fernseher, meinen ersten Film habe ich mit Zwölf gesehen, ich hatte dadurch also eigentlich keine Ahnung von diesem Beruf. Und ahnte doch, dass es genau das ist, was ich machen will. Als ich mit fünf Jahren im Geschäft meiner Oma, die Musikalienhändlerin am Gärtnerplatz war, von einer Kundin angesprochen wurde, schlug mir das Herz bis zum Hals. „Mädchen“, sagte die Dame, „mit so schönen Augen, wie du sie hast, muss man eigentlich Schauspielerin werden“. Endlich, dachte ich mir, werde ich entdeckt.
Hattest du Vorbilder?
Ich komme aus einer durch und durch musikalischen Familie, habe Cello und Klavier gelernt und mit sieben Jahren angefangen im Chor der Bayerischen Staatsoper zu singen. Aber schauspielerisch ambitioniert war bei uns niemand.

Bist du besonders ehrgeizig oder diszipliniert?
Mein Leben drehte sich gut sieben Jahre lang um Musik, neben der Schule übte und probte ich jeden Tag. Ich habe dieses Leben geliebt, vielleicht weil ich klare Strukturen sehr gerne mag. Diese nehme ich nicht als Korsett wahr, sondern als Stütze, um tiefer gehen und mehr daraus machen zu können.
Und wie kamst du zur Schauspielerei?
Mit 15 habe ich im Chor aufgehört und zu meinen Eltern gesagt, dass ich Schauspielunterricht möchte, was sie mir ermöglicht haben. So kamen zu Cello und Klavier noch Sprechunterricht sowie Proben in zwei Theatergruppen dazu.
Dann warst du bereit für die Bühnenkarriere?
Ich wäre bereit gewesen, aber die Schauspielschulen sahen das wohl anders. Ich habe mich nach dem Abi zwei Jahre lang bei vielen Schulen beworben, kam zum Teil auch in die Endrunde, aber es hat nicht klappen wollen. Zeitgleich habe ich als Komparsin gejobbt und auch bei einem Casting für einen Werbefilm mitgemacht. Aus dem Werbefilm wurde nichts, aber mich hat ein Caster angerufen, gefragt, ob ich auch Bairisch kann und zu einem Casting für „Dahoam is Dahoam“ eingeladen. Die Zusage bekam ich übrigens an meinem 21. Geburtstag. Wir feierten eine riesengroße Party, weil ich meinem Traumberuf dadurch einen großen Schritt näher gekommen war.
Du hast bei fast 1.000 Folgen bei „Dahoam is Dahoam“ mitgespielt. Was war die wichtigste Lernerfahrung dort?
Die Abläufe vor und hinter der Kamera kennenzulernen, ins Spiel zu kommen, mich auszuprobieren. Die ersten Jahre war ich so begeistert, dass ich am liebsten auch am Wochenende gedreht hätte. Aber nach knapp fünf Jahren war es an der Zeit, andere Rollen zu spielen, andere Genres kennenzulernen und andere Charaktere darzustellen.
Seitdem warst du in zahlreichen Produktionen dabei, u.a. in den „Rosenheim Cops“, und „Hubert und Staller“. Wie suchst du deine Rollen aus?
Aus dem Bauch heraus, keineswegs strategisch. Wenn mein Gefühl „Ja“ zu dem Charakter sagt und ich sofort, schon beim Lesen des Drehbuchs, eine Verbindung zu der Rolle spüre, dann bin ich dabei.

War das bei „Servus Baby“ auch so?
Als ich die ersten Szenen las, wusste ich, die Rolle der Eve passt. Mit jeder Seite des Drehbuchs wurde es klarer: Ja, genau die will ich spielen. Und als ich dann die Regisseurin Natalie Spinell kennenlernte, die mit ihrem Mann Felix Hellmann auch das Drehbuch geschrieben hat, verstärkte sich dieser Wunsch. Die Serie erzählt die Geschichte von vier Freundinnen auf Sinn- und Partnersuche im Großstadtdschungel mit ganz viel Humor und ist trotzdem ganz nah dran an den Gefühlen der Vier.
Die Serie wurde 2019 mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet und fortgesetzt. In der zweiten Dezemberhälfte lief jetzt die dritte Staffel im Fernsehen. Was sind die zentralen Themen der vier Freundinnen inzwischen?
Es geht um Liebesbeziehungen, Kinderwunsch, um alternative Familienkonzepte, um Selbstfindung, alte Muster und die Frage: „Wer bin ich?“ und „Wie will ich sein?“
Kannst du eigene Lebenserfahrungen mit in die Rolle der Eve einbringen?
Natalie und Felix beschreiben bereits im Drehbuch Szenen, die ganz viel zu tun haben mit dem Leben und den Problemen von Frauen Mitte/Ende Dreißig – und da gehöre ich dazu.
Im Kino läuft gerade der Film „Wer gräbt den Bestatter ein?“ von den Priener Filmemachern Tanja und Andreas Schmidbauer. „Glanzstück des Films ist Teresa Rizos“, schreibt das Online-Portal film-rezensionen.de. Was hat dich an der Figur der Kaminkehrerin gereizt?
Das Zusammenprallen von zwei Wirklichkeiten: Auf der einen Seite sieht sich meine Kaminkehrerin als absolute Glücksbringerin, auf der anderen Seite haben alle Pech, die mit ihr zu tun haben. Meine Figur macht eine Entwicklung im Film durch und wird schlussendlich selbst glücklich. Diese kleine Heldenreise ist nicht nur im Film, sondern auch im Leben ein hilfreiches Mittel, um Krisen zu überstehen, ihnen im Rückblick sogar einen positiven Sinn abzugewinnen.

Über eine Heldenreise erzählt auch der Film „Der Kaiser“, bei dem du Franz Beckenbauers erste Ehefrau Brigitte spielst. Allerdings gehört diese Heldenreise allein dem Franz, Brigitte bleibt eher auf der Strecke. Wie hast du dich auf diese Rolle vorbereitet?
Ich habe mir die Bilder von ihr ganz genau angesehen und versucht, mich in sie hineinzudenken und hineinzufühlen. Es geht um die Phase von Franz’ Aufstieg bis hin zur Weltmeisterschaft. Die ganz großen Tragödien, die in ihrem Leben stattgefunden haben, kamen erst später.
Und was hast du gefühlt?
Dass Brigitte auf der einen Seite sehr emanzipiert und modern war, so hat sie sich für ihre große Liebe Franz, der jünger als sie war, scheiden lassen, seinen Sohn mit aufgezogen, hat früh erkannt, dass die Beziehung gefährdet ist. Aber statt Beziehungsarbeit zu leisten, hat sich „ihr“ Franz neu verliebt und sie verlassen. Dass sie trotzdem bedingungslos an ihn geglaubt hat, sich zum Lebensinhalt gemacht hat, Franz bei seiner Karriere und seinen Träumen zu unterstützen, ist die andere Seite dieser Figur.

Du bist auch auf der Bühne daheim, bist mit dem Kabarettprogramm „Selten schön“ on Tour. Was traut sich dein Bühnen-Alter-Ego Franzi Riedinger zu sagen, was du dir im wahren Leben eher verkneifen würdest?
Fast alles. Franzi nimmt kein Blatt vor den Mund, erzählt wirklich alles, was ihr durch den Kopf geht, spricht auch über schlimme Momente in ihrer Kindheit, das aber mit einem Lächeln im Gesicht und Sonne im Gemüt. Dadurch nimmt sie dem Leben einiges an Tragik.
Wie wichtig ist Humor für dich?
Sehr entscheidend. Wenn man in einem Problem gefangen ist, im Detail drinsteckt, dann kann ein Lachen wirklich befreien. Denn dann erkennt man, so wahnsinnig wichtig ist das jetzt auch wieder nicht. Das funktioniert nicht „nur“ im Leben, sondern auch bei jeder guten Geschichte, die in Filmen, Büchern oder auf der Bühne erzählt wird.
Welche Rolle würdest du unbedingt gerne spielen?
Ich werde – vielleicht aufgrund meiner runden, blauen Augen – oft besetzt als die naiv Wirkende, die eher unterschätzt wird, zunehmend spiele ich auch ernste Rollen mit Brüchen in der Biographie. Beide Typen finde ich toll und spannend. Was mich noch reizen würde, wären Frauenrollen, die man nicht berechnen oder greifen kann. Ganz konkret würde ich wahnsinnig gerne mal eine richtige Diva spielen – eine Frau, die sich überhaupt nicht versteckt, sondern ihre ganze Größe leben will.
Und in welcher Rolle sehen wir dich als nächstes?
In einem Film, der am Osterwochenende im ZDF zur Hauptsendezeit gezeigt wird. Titel und Inhalt sind noch „Geheimsache“, aber was ich schon verraten kann: unbedingt einschalten, es lohnt sich. Und ich bin weiterhin mit meinem Programm „Selten schön“ unterwegs. Weil ich auf der Bühne das schönste Gefühl von allen erleben kann: Denn manchmal entwickelt sich eine Verbindung mit dem Publikum, man kommt sich nahe und tauscht etwas aus, das direkt zu Herzen geht.
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