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3-Sterne-Hotel statt Turnhalle: Eklat um Flüchtlingsbus in Miesbach - „noch nicht erlebt“

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Von: Markus Zwigl, Christine Stanggassinger

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Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat am 24. Februar begonnen. Nach UN-Angaben sind seitdem mehr als drei Millionen Menschen aus der Ukraine ins Ausland geflohen - viele auch nach Deutschland und die Solidarität ist groß. Ein Vorfall am vergangenen Dienstag (15. März) in Miesbach überschattet derzeit allerdings die Situation ein wenig. Ein vollbesetzter Bus mit 57 Flüchtlingen musste nach turbulenten Szenen vor einer Turnhalle zurück nach München geschickt werden.

Miesbach - Die von Bundes- oder Landespolizei festgestellte Zahl der in Bayern angekommenen Flüchtlinge liegt mit Stand Freitag (18. März) bei etwa 60.000. „Grob geschätzt kann man nach diesen Zahlen derzeit davon ausgehen, dass rund ein Drittel der bei uns ankommenden ukrainischen Flüchtlinge im Freistaat bleibt“, so Innenminister Joachim Herrmann.

Die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine laufe allerdings gut, heißt es von vielen Seiten. „Angesichts der schrecklichen Bilder aus der Ukraine ist es sehr berührend, die unglaubliche Unterstützung und Solidarität in unserer Bevölkerung zu spüren“, sagte Staatsministerin Michaela Kaniber. Auch der Polizeidirektor Edgar Dommermuth, der Leiter der Bundespolizeiinspektion Freilassing, versicherte, dass die für die Registrierung der ankommenden Flüchtlinge zuständige Bundespolizei alles tue, um die Prozesse so wenig belastend wie nötig und so human wie möglich zu gestalten.

Auch in Miesbach wurden bereits zahlreiche Geflüchtete aufgenommen. „Ich bin überwältigt von der Solidarität unserer Landkreisbürger und den zahlreichen eingegangenen Hilfsangeboten.(...) Mein Krisenstab gibt das Möglichste, Geflüchteten aus der Ukraine einen sicheren Zufluchtsort in unserem Landkreis bieten zu können. Bitte unterstützen Sie uns und helfen Sie mit!“, sagte Landrat Olaf von Löwis bereits Anfang März.

Vorfall in Miesbach wirft viele Fragen aus

Doch nun kam es am vergangenen Dienstag vor der Sporthalle im Windfeld in Miesbach zu unschönen Szenen. Zum wiederholten Mal sollte dort ein Bus mit Kriegsflüchtlingen in Empfang genommen werden. „Wir erhielten keine Informationen über die Personen, die im Bus saßen. Wir gingen also davon aus, dass der Ablauf ähnlich sein würde wie bei den Bussen, die in den Tagen zuvor von der Regierung von Oberbayern an uns verwiesen wurden. Das klappte bislang absolut hervorragend und reibungslos“, erklärt eine Sprecherin des Landratsamtes auf Anfrage von rosenheim24.de. Diese Mal jedoch sollte vieles anders laufen.

Als der Bus in Miesbach ankam, sollen sich die 57 Insassen vehement dagegen gewehrt haben, in Miesbach zu bleiben. Gegenüber Mitarbeitern und Ehrenamtlichen vor Ort hätten die Insassen erklärt, dass ihnen ein 3-Sterne-Hotel versprochen worden sei und keine einfache Turnhalle. Ein freiwilliger Helfer, der die Situation gegenüber unserem Partnerportal merkur.de etwas anders einschätzt, vermutet, dass die Menschen „möglicherweise tatsächlich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in den Bus gebracht wurden“.

Personen konnten bzw. wollten sich nicht ausweisen

Laut Landratsamt sei auch eine Registrierung der Menschen, die offenbar bereits den ganzen Tag schon unterwegs waren, nicht möglich gewesen. „Die Personen im Bus konnten oder wollten keine Ausweispapiere vorweisen. Ob sie keine besaßen oder diese nicht vorzeigen wollten, weil sie eben nicht in Miesbach bleiben wollten, spielt keine Rolle, denn Fakt ist, es wurden keine Dokumente vorgelegt. Die vereinzelt vorgelegten Papiere entsprachen nach Einschätzung der fachkundigen Mitarbeiter der Ausländerbehörde keinen verwendbaren Ausweisdokumenten“, führte die Sprecherin in diesem Zusammenhang aus.

Helfer widerspricht Landratsamt

Einige Personen konnten demnach auch keine schlüssigen Angaben zu ihrer Herkunft oder ihrem Wohnort, oder ob sie einen solchen besaßen, machen. In diesem Punkt widerspricht der freiwillige Helfer deutlich: Die Flüchtlinge hätten zwar nicht unbedingt biometrische Pässe, aber durchaus ukrainische Papiere dabei gehabt. Er selbst habe bei der Registrierung geholfen.

In anderen Berichten ist auch die Rede davon, dass es sich bei den Osteuropäern um Sinti und Roma gehandelt habe, welche einer gesellschaftlichen Minderheit in der Ukraine angehören.

Randale und Busfahrerin attackiert

Obwohl sich laut dem freiwilligem Helfer auch junge Mütter und deren Kinder in dem Bus befanden, seien die Insassen zunehmend lauter, unruhiger und unkooperativer geworden, so das Landratsamt. Eine Mitarbeiterin des Landratsamtes beschrieb die Szene gegenüber tegernseerstimme.de folgendermaßen: „Die Menschen im Bus haben richtig laut Randale gemacht. Es hieß auch, dass die Busfahrerin, eine junge Frau, tätlich angegriffen wurde. Die Personen wollten in keinem Fall den Bus verlassen.“

Fakt ist, dass schließlich sogar ein Sicherheitsdienst und die Polizei angefordert werden musste, um die Situation zu beruhigen. Die Insassen weigerten sich offenbar weiterhin den Bus zu verlassen und das nicht zum ersten Mal an diesem Tag. Eine Busbegleiterin gab an, dass der Bus an diesem Tag schon an anderen Erstaufnahmezentren Halt machte - unter anderem am Chiemsee -, die Mitfahrenden aber nie blieben.

Flüchtlinge nach München zurückgebracht

„Es war absolut unmöglich, die Personen gefahrlos in der Turnhalle unterzubringen, daher entschied man, dem Wunsch der Personen nachzukommen und eine Rückfahrt nach München zuzulassen. Es stimmt nicht, dass wir einen Bus abgewiesen oder zurückgeschickt hätten. Es blieb nur leider schlichtweg keine andere Möglichkeit. Die Mitarbeiter, die teilweise auch schon die Flüchtlingskrise von 2015/16 mitgemacht haben, haben so etwas noch nicht erlebt“, schloss die Sprecherin des Landratsamtes das Gespräch ab.

Die junge Busfahrerin, welche tätlich angegriffen worden sein soll, blieb übrigens unverletzt und brachte die Insassen zurück nach München - im Schlepptau mehrere Polizeiwagen, wie tegernseerstimme.de berichtet.

mz

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