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Verwahrloste Bewohner: Ermittlungen gegen Seniorenheim in Schliersee dauern an

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Von: Martina Hunger

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Seniorenresidenz Schliersee
In der „Seniorenresidenz Schliersee“ ist es zu schlimmen Verbrechen gekommen. © Peter Kneffel

Noch immer ist unklar, wann die endgültige Entscheidung über die im Raum stehende Schließung der Seniorenresidenz Schliersee fällt. 

Die Ermittlungen zu der wegen gravierender Pflegemissstände geschlossenen Seniorenresidenz im oberbayerischen Schliersee werden wohl noch eine ganze Weile dauern. „Die sind umfangreich und schwierig, deshalb ist der Zeitpunkt des Abschlusses der Ermittlungen nicht absehbar“, sagte ein Sprecher der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen am Donnerstag.

Die Nürnberger Behörde ermittelt wegen des Verdachts auf Abrechnungsbetrug. Das klingt erstmal bürokratisch, doch hinter Abrechnungsbetrug kann beispielsweise auch stecken, dass Leistungen abgerechnet wurden, für die gar nicht genügend Pflegekräfte angestellt waren. „Dann hängt das mit einer etwaigen Unterversorgung zusammen“, erläuterte der Sprecher.

Staatsanwaltschaft ermittelt wegen 17 Todesfällen

Auch die Staatsanwaltschaft München II ermittelt seit langem wegen des Verdachts auf Körperverletzung von 88 Bewohnern und führt 17 Todesermittlungsverfahren. Es habe in dem Heim in Schliersee verwahrloste und unterernährte Menschen gegeben, hieß es dazu. Auch diese Ermittlungen dauerten noch an, sagte eine Sprecherin am Donnerstag. Das Heim war vergangenen Herbst aufgrund dauerhafter Pflegemängel geschlossen worden. Der gleiche Träger sieht sich aktuell nach einer Recherche des Bayerischen Rundfunks mit ähnlichen Vorwürfen in einem Augsburger Heim konfrontiert.

Missstände auch in Augsburger Heim von gleichem Betreiber

Es ist von zu wenig Essen und Trinken und unversorgten Wunden die Rede: Ein BR-Bericht über Mängel in einem Augsburger Pflegeheim hat die Staatsanwaltschaft hellhörig gemacht. Denn der Träger der Einrichtung ist ihnen durchaus bekannt.

Nach einem Medienbericht über gravierende Missstände in einem Augsburger Pflegeheim hat die Staatsanwaltschaft ein Vorprüfungsverfahren eingeleitet. Die bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen, die den Träger des Heimes ohnehin im Visier hat, prüft auch die jüngsten Vorwürfe, wie ein Sprecher der bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg angesiedelten Zentralstelle am Donnerstag bestätigte.

Dies sei aber nicht zu verwechseln mit einem formalen Ermittlungsverfahren, sondern eine Art Vorstufe davon. „Wenn man so etwas hört, gerade aus der Presse, muss man erstmal diesen Anfangsverdacht prüfen. Und solange ist es noch kein Ermittlungsverfahren, sondern es wird geprüft, ob Anlass besteht, ein solches einzuleiten“, erläuterte der Sprecher die Funktion eines solchen Vorprüfungsverfahrens.

Senioren ungepflegt, ungewaschen und unterernährt

In Augsburg selbst ist die Staatsanwaltschaft noch nicht aktiv, denn Pflegemängel fallen zunächst einmal in die Zuständigkeit der Heimaufsicht. „Wir können erst tätig werden, wenn wir einen Auftrag bekommen im Sinne von Strafanzeigen. Es müssten Heimbewohner, Angehörige oder sonst jemand Strafanzeigen erstatten, dass Straftaten zum Nachteil von Patienten passiert sind“, erläuterte ein Sprecher.

Der Bayerische Rundfunk (BR) hatte unter Berufung auf ein gutes Dutzend ehemaliger Mitarbeiter berichtet, dass es in dem Heim gravierende Mängel geben soll. So hätten die Senioren teils zu wenig Essen und Trinken bekommen, einige seien ungepflegt und ungewaschen gewesen, und auch bei der Medikamentengabe habe es Defizite gegeben. Zudem seien Pflegefehler vertuscht worden. Das Heim hat gegenüber dem BR die Vorwürfe bestritten und auf Anfrage auch am Donnerstag darüber hinaus zunächst nicht weitergehend Stellung genommen.

Die Einrichtung stand bereits unter besonderer Aufmerksamkeit der Behörden, nachdem ein Heim desselben Trägers im oberbayerischen Schliersee wegen desaströser Zustände geschlossen worden war. „Wie viele Skandale will die Staatsregierung noch abwarten, bis dass sie handelt?“, fragte deshalb der pflegepolitische Sprecher der Landtags-Grünen, Andreas Krahl. Auch sein FDP-Kollege Dominik Spitzer kritisierte: „Wenn in zwei Pflegeheimen eines Betreibers innerhalb von nur vier Monaten massive Mängel und Missstände ans Licht kommen, haben offenbar sämtliche Kontrollinstanzen versagt.“

mh/dpa

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