Erstes Bundesland lockert: In Bayern gilt Gastro-Sperrstunde - wenige Kilometer weiter wird jetzt gefeiert

In Baden-Württemberg fällt am Freitag die Sperrstunde in der Gastronomie. An der Grenze zu Bayern bei Ulm, im Allgäu oder am Bodensee zeigt sich, wie fragil die Umsetzung der Corona-Regeln in der Pandemie sein kann.
München/Allgäu/Bodensee - Sie ist lang, sehr lang. Die Grenze zwischen Baden-Württemberg und Bayern bemisst sich auf 860 Kilometern. Beispiele für Städte und Regionen, die auf beiden Seiten in unmittelbarer Nähe liegen, gibt es zuhauf: Tauberbischofsheim und Würzburg, Heilbronn-Franken und Rothenburg ob der Tauber*, Ostalb und Bayerisch-Schwaben*, Ulm und Neu-Ulm*, Oberschwaben und Allgäu, Friedrichshafen und Lindau am Bodensee seien nur exemplarisch genannt.
Corona-Regeln: Gastronomie-Sperrstunde fällt in Württemberg - in Bayern nicht
Am deutlichsten versinnbildlicht die örtliche Nähe vielleicht Memmingen im Allgäu*. Die bayerische Kleinstadt mit ihren rund 44.000 Einwohnern, deren Flughafen international als „München Süd“ bezeichnet wird, endet in ihren Außenbezirken genau an der Grenzlinie zwischen beiden süddeutschen Bundesländern. Jetzt sind das alles keine neuen Erkenntnisse, in der Coronavirus-Pandemie* sorgt diese örtliche Nähe jedoch immer wieder für Gesprächsbedarf. Denn: Während auf der einen Seite strengere Corona-Regeln gelten, werden auf der anderen Seite Maßnahmen aufgehoben oder entschärft.
In der Corona-Krise* ist das bislang reihenweise passiert. Und auch an diesem Freitag (28. Januar) wird es wieder der Fall sein, wenn Baden-Württemberg seine Corona-Verordnung in Folge der Bund-Länder-Runde vom vergangenen Montag ändern wird. Markant: Laut übereinstimmender Medienberichte soll zwischen Tauberbischofsheim, Ostalb, Ulm, Oberschwaben und Bodenseekreis die Sperrstunde in der Gastronomie (bislang 22.30 Uhr) fallen, während diese zwischen Würzburg, Rothenburg ob der Tauber, Neu-Ulm und Lindau (ab 22 Uhr) weiter bestehen bleibt.
Corona-Regeln in Deutschland: Grenznahe Gebiete zwischen Baden-Württemberg und Bayern
Auf der Seite von Baden-Württemberg (Beispiele): | Auf der Seite von Bayern (Beispiele): |
Tauberbischofsheim (Main-Tauber-Kreis) | Würzburg (kreisfreie Stadt) |
Region Heilbronn-Franken | Rothenburg ob der Tauber (Kreis Ansbach) |
Ostalb (Aalen und Heidenheim) | Bayerisch-Schwaben (Beispiel Nördlingen) |
Ulm | Neu-Ulm |
Oberschwaben (Kreise Biberach und Ravensburg) | Allgäu (Beispiel Memmingen) |
Friedrichshafen (Bodenseekreis) | Lindau am Bodensee |
Man muss kein Hellseher sein, um zu prognostizieren, dass die Menschen wieder hin- und herreisen werden. Und lieber woanders essen und trinken gehen und vielleicht auch ein wenig feiern, ohne dabei ständig auf die Uhr schauen zu müssen. Vergleiche gab es in den vergangenen Monaten zur Genüge.
So schilderten etwa im Juli 2021 auf der anderen Grenzseite des Freistaates oberösterreichische Wirte aus der Nachtgastronomie, dass Feierwillige aus Bayern einfach über die Grenze fuhren, um dort Party zu machen. „Die haben bei uns Polterabend gefeiert“, erzählte zum Beispiel Stefan Schneebauer vom „Stiegenwirt“ in Schärding der Passauer Neuen Presse (PNP): „Hier kann man schön von Gastro zu Gastro ziehen.“ Die Nachbarn aus Bayern machten auch bereits vor Corona einen Großteil der Kunden aus, erzählte Schneebauer damals weiter, bis zu 60 Prozent.
Im Video: Neue Corona-Regeln in Baden Württemberg - Was sich ändert
Und: Zwischen Baden-Württemberg und Bayern gab es erst in den vergangenen Tagen Zündstoff wegen unterschiedlicher Corona-Regeln. Wie BR24 berichtet, beklagten demnach Vertreter des baden-württembergischen Handelsverbandes HBW noch am vergangenen Wochenende, dass viele Kunden aus grenznahen Gebieten nach Bayern reisen würden, um dort einzukaufen. Der Hintergrund: Im Freistaat war die 2G-Regel im Einzelhandel durch ein Gerichtsurteil gekippt worden, erst Tage später, am 25. Januar, wurde die Vorschrift auch im Südwesten wieder außer Kraft gesetzt.
Anderes Beispiel: Als Anfang März 2021 im Lockdown die Baumärkte in Bayern wieder öffneten, pilgerten laut bw24.de* Baden-Württemberger in Scharen in den Freistaat. So waren zum Beispiel vor Baumärkten in Neu-Ulm reihenweise Autos mit Kennzeichen aus Ulm oder dem Alb-Donau-Kreis zu beobachten.
Corona-Regeln: Immer wieder Unterschiede zwischen Baden-Württemberg und Bayern
Und die Gastronomie? Schon Anfang und Mitte Dezember gab es in BaWÜ keine Sperrstunde, während diese in Bayern schon damals von 22 bis 5 Uhr galt*. An Silvester wiederum hatte die bayerische Landesregierung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Sperrstunde für eine Freinacht ausgesetzt, in Württemberg mussten Lokale und Restaurants dagegen um 1 Uhr nachts schließen. Also mitten in den Neujahrs-Feierlichkeiten. Jetzt setzt sich das Wirrwarr in den Grenzregionen also fort. Dem Coronavirus und seiner Variante Omikron* dürften die gezogenen Linien auf der Landkarte dagegen, bildlich gesprochen, herzlich egal sein. (pm) *Merkur.de und bw24.de sind Angebote von IPPEN.MEDIA