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Familien-Mord in Brandenburg: Vater soll im größeren Stil Impfpässe gefälscht haben

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Von: Felix Graf

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Nach dem Fund von fünf Toten in Königs Wusterhausen
Vor dem Einfamilienhaus in Senzig, einem Ortsteil der Stadt Königs Wusterhausen im Landkreis Dahme-Spreewald, hat jemand eine Botschaft gehängt. Die Polizei hatte dort am Samstag fünf Tote in einem Wohnhaus gefunden © Patrick Pleul/dpa

Königs Wusterhausen - Im Fall der getöteten Familie im brandenburgischen Königs Wusterhausen, Ortsteil Senzig, gibt es neue Erkenntnisse.

Familiendrama in Senzig - Vater soll im größeren Stil Impfpässe gefälscht haben

Wie der rbb aus Ermittlerkreisen erfuhr, soll der Vater der Familie im größeren Stil Impfpässe gefälscht haben und nicht nur für seine Ehefrau. Der genaue Umfang ist noch nicht bekannt.

Auslöser der Tat könnte demnach eine Untersuchung des Arbeitgebers der Frau, der TH Wildau, gewesen sein. Hintergrund der Untersuchung ist der Verdacht einer „Vertragspflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Fälschen von Corona-Impfzertifikaten“. Es soll ein Disziplinarverfahren oder sogar eine Entlassung im Raum gestanden haben. Die Ehefrau soll in dieser Woche aus diesem Grund einen Termin in der TH gehabt haben.

Familien-Mord in Brandenburg: Vater (40) bewegte sich wohl im Querdenker-Milieu

Der Mann habe offenbar aus der Angst heraus gehandelt, der Staat würde ihn wegen des Fälschens eines Impfpasses für seine Frau verfolgen. Der 40-Jährige, der laut übereinstimmenden Medienberichten Devid R. heißt, hatte einen Abschiedsbrief in dem Haus der Familie, in dem die Tat stattfand, hinterlassen.

Der Brief, den Ermittler im Haus der Familie gefunden hatten, liegt der Staatsanwaltschaft Cottbus vor. Demnach hatte Devid R., der nach Angaben von bild.de als Berufsschullehrer arbeitete, ein Impfzertifikat für seine Frau fälschen lassen, die laut bild.de an der Technischen Hochschule (TH) in Wildau tätig war. Davon habe der Arbeitgeber der Frau Wind bekommen, die Fälschung sei aufgeflogen. Nun hatte das Paar Angst vor einer Verhaftung und dem Verlust der Kinder, wie Oberstaatsanwalt Gernot Bantleon am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sagte.

Familienmord in Brandenburg: Famlienvater war nicht polizeilich bekannt

Der 40-Jährige sei nach Kenntnissen von Bantleon polizeilich nicht bekannt gewesen. Ob sich die Familie in Quarantäne befunden habe, wie mehrere Medien berichteten, wollte der Oberstaatsanwalt nicht bestätigen. Gegenüber der Bild sagte Bantleon zum Inhalt des Abschiedsbriefes: „Darin schreibt er wörtlich, dass die Hochschule der Impfpassfälschung mit aller Strenge nachgehen wolle.“ Das Wissenschaftsministerium erklärte, die Frau sei um eine schriftliche Stellungnahme zu dem Fall gebeten worden.

Nachdem die fünf Toten am Samstag in dem Einfamilienhaus in Königs Wusterhausen (Ortsteil Senzig) gefunden worden waren, gehen die Ermittler mittlerweile davon aus, dass der Vater der Täter ist. Bei den Leichen aller Toten seien Schussverletzungen festgestellt worden. Wie die Polizei Brandenburg in einer Pressemitteilung bekanntgab, gab es keine Hinweise auf ein „gewaltsames Eindringen, Kampfspuren oder sonstiger Anhalt für die Anwesenheit Dritter zur Tatzeit.

Nach dem Fund von fünf Toten in Königs Wusterhausen
Im Fall der fünf Toten in Brandenburg soll der unter Verdacht stehende Familienvater laut seinem Abschiedsbrief Angst vor einer Verhaftung gehabt haben. © Patrick Pleul/dpa

In dem Gebäude wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft eine Schusswaffe gefunden. Offenbar besaß R. oder seine Frau die Waffe illegal, denn laut Polizei verfügte weder er noch seine Partnerin nach aktuellen Erkenntnissen einen Waffenschein.

Am Dienstag war noch unklar, ob das Verbrechen erst am Samstag geschah. Die Tat sei nicht am selben Tag geschehen, sagte Bantleon. Wie lange die Getöteten bereits in dem Haus gelegen hatten, werde erst die Obduktion ergeben. Ergebnisse sollen in einigen Tagen vorliegen. Ein Anwohner hatte am Samstagabend berichtet, einige Tage zuvor einen Schuss gehört zu haben - sein Haus befindet sich wenige Häuser vom Ort des Verbrechens entfernt. Nach Angaben der Fahnder gehen die Ermittlungen auch im Umkreis der Getöteten weiter.

Fünf Tote in Wohnhaus in Königs Wusterhausen gefunden
Ein Leichenwagen fährt zu einem Wohnhaus in Königs Wusterhausen. © Paul Zinken/dpa

Über weitere Details der Ermittlungen wollte die Staatsanwaltschaft noch keine Auskunft geben.

Medienbericht: Mutmaßlicher Täter wohl Mitglied in Telegram-Gruppe

Laut Recherchen des Tagesspiegels sei am 25. November eine Person mit dem Namen Devid R. in der Kommunikations-App „Telegram“ in eine Gruppe mit Namen „Freiheitsboten Königs Wusterhausen“ eingetreten, in dem sich Impfgegner, Coronaleugner und das Querdenker-Milieu tummeln würden. Wie der Tagesspiegel weiter berichtet, sei auch Brandenburgs ehemaliger AfD-Landeschef Andreas Kalbitz sowie der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Landtagsfraktion in Brandenburg, Dennis Hohloch dort Mitglied. Ein Mitglied habe am Sonntagabend in einer Gruppe über den Familien-Mord geschrieben: „Er war ein gewonnener Freund ebenso wie seine Frau. Somit haben wir auch ein Parteimitglied aus ,Die Basis‘ verloren.“

Diese Strafe steht auf das Fälschen von Impfpässen

Die Gesetzgebung zum Anfertigen oder Vorlegen eines gefälschten Impfnachweises ist vor zwei Wochen verschärft worden. Seitdem ist der „Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse“ allgemein strafbar. Der entsprechende Paragraf des Strafgesetzbuchs sieht dafür eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vor.

Auf Grundlage der Gesetzesänderung muss man nun auch als Privatperson mit rechtlichen Konsequenzen rechnen, wenn man einen Impfnachweis fälscht. Das war zuvor eine juristische Grauzone. Das Fälschen kann ebenfalls mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden.

Expertin äußert sich zu dieser Art von Taten

Die Direktorin der Klinik und Hochschulambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité in Berlin, Isabella Heuser, äußerte sich am Dienstag auf dpa-Anfrage allgemein zu dieser Art von Taten: In der Regel liege bei solchen Ereignissen beim Täter eine schwere psychische Störung vor - wie wahnhafte Depression, Wahnerkrankung, aber auch eine schwere narzisstische oder paranoide Persönlichkeitsstörung.

Abschiedsbriefe würden aus verschiedenen Motiven geschrieben: als Rechtfertigung, um einer beschämenden Anklage beziehungsweise Verurteilung zu entgehen oder um zu erklären, warum man samt Familie in dieser Welt nicht weiterleben könne, schilderte Heuser. Angegebene Beweggründe würden in solchen Fällen in der Regel von einem forensischen Psychiater untersucht.

Berichterstattung bei Suizid:

Generell berichten wir nicht über Selbsttötungen, damit solche Fälle mögliche Nachahmer nicht ermutigen. Eine Berichterstattung findet nur dann statt, wenn die Umstände eine besondere öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Wenn Sie oder eine Ihnen bekannte Person unter einer existentiellen Lebenskrise oder Depressionen leidet, kontaktieren Sie bitte die Telefonseelsorge unter der Nummer: 0800-1110111. Hilfe bietet auch der Krisendienst Psychiatrie für München und Oberbayern unter 0180-6553000. Weitere Infos finden Sie auf der Webseite www.krisendienst-psychiatrie.de.

fgr/dpa

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