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Dürre in Deutschland, Waldbrände in Kalifornien, Überschwemmungen in Italien: Katastrophen, die auf die stetige Klima-Veränderung schließen lassen. Diplom-Meteorologe Karsten Schwanke klärt auf.
Hannover - Karsten Schwanke ist auch ARD-Wettermann - er erklärt im HNA*-Interview unter anderem, was der sogenannte Jetstream damit zu tun hat.
Karsten Schwanke: Da gibt es verschiedene Gründe. Menschen, die Zweifel daran haben, beziehen sich auf eine wissenschaftliche Definition des Begriffes Klima. Wir verstehen unter Klima ein ,30-jähriges Mittel’ der Wettersituationen an einem Ort. Dadurch wird es natürlich unmöglich, ein einzelnes Extrem-Wetterereignis wissenschaftlich dem Klimabegriff zuzuordnen.
Schwanke: Das ist ganz schwierig. Trump nimmt sich dieser Fakten nicht an. Letzte Woche wurde der neuste nationale Klimabericht der USA vorgelegt, daran haben verschiedenste Wissenschaftler aus Amerika mitgearbeitet. Dieser Bericht ist eine Auftragsarbeit der US-Regierung. Als er veröffentlicht wird, setzt sich Trump hin und sagt, das stimme alles nicht. Schizophrener kann es nicht sein. Es gibt in den USA das Wissen um den Klimawandel. Aber es gibt auch jene, die die wirtschaftlichen Interessen von alten Industrien wahren wollen.
Schwanke: Der Jetstream ist ein Starkwindband in ungefähr zehn Kilometer Höhe, das sich in den mittleren Breiten wellenförmig von West nach Ost über die Nordhalbkugel bewegt. Die Temperaturunterschiede zwischen den Tropen und den Polarregionen treiben ihn an. Je kleiner die Temperaturdifferenzen sind, desto schwächer ist dieses Windband. Und der Höhenwind ist wichtig, denn er steuert den Wechsel von Hoch- und Tiefdruckgebieten.
Schwanke: Wenn dieses Windband nur noch in Bruchstücken vorhanden ist, dann bewegen sich die Tiefdruck- und Hochdruckgebiete nicht mehr richtig von der Stelle, und das haben wir in diesem Jahr oft gesehen. Die lange Hochdruckwetterlage in Mittel- und Nordeuropa, also große Trockenheit bei uns in Deutschland und Skandinavien, von April bis Oktober.
Schwanke: Die Temperatur hat bisher weltweit um etwa ein Grad zugenommen. Kein Mensch würde draußen unterscheiden können, ob es zehn oder elf Grad sind. Aber die Auswirkungen dieser scheinbar geringen Erwärmung sind enorm. Das hat auch zur Folge, dass der Antrieb, also der Jetstream, schwächer wird, weil die Temperaturunterschiede zwischen Nordpol und Äquator geringer werden. Dadurch der heiße, trockene Sommer, der den Klimawandel deutlich gemacht hat.
Schwanke: Es ist in der Tat schwierig, das auf den Punkt zu bringen, gerade mit Blick auf die Zukunft. Kein Klimaforscher kann wissen, wie sich die Menschheit verhält in punkto CO2-Ausstoß. Deswegen werden immer verschiedene Szenarien berechnet. Auch bei dem Klimabericht der USA gibt es große Bandbreiten bei den Prognosen, was den Anstieg des Meeresspiegels betrifft. Das ist nicht trivial, da spielen viele Faktoren eine Rolle. Wir können Jahre erleben, da werden wir sehr nasse Füße bekommen und gleichzeitig werden wir noch häufiger als früher Trockenperioden erleben.
Schwanke: So schnell sollte man den Kopf nicht in den Sand stecken. Die Lösungsmöglichkeiten, wie wir es in den Griff bekommen könnten, liegen ja auf dem Tisch. Es gibt Techniken, Möglichkeiten – Stichwort erneuerbare Energien, Strukturwandel im Verkehr. Wir haben es in der Hand. Aber je länger wir diskutieren und nichts tun, desto schwieriger wird es natürlich. Da ist Trump ein wirklicher Unglücksfall für uns.
Schwanke: Ich habe das Gefühl, dass in Deutschland viele ganz entspannt im Sessel sitzen, mit dem Finger auf Trump zeigen und sagen ,Das ist der Böse’. Nach dem Motto: Wenn sich die Großen nicht bewegen, müssen wir es auch nicht tun. Und die Vorreiterrolle von Deutschland ist dahin. Die Bundesregierung hat eingestanden, dass wir die Klimaziele 2020 nicht hinbekommen werden.
Von Nela Müller
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