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Ausbau von Radschnellwegen in Deutschland geht nur „quälend langsam voran“

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Von: Jana Stäbener

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Radschnellwege als Lösung für die Verkehrswende: BuzzFeed News fragt sechs Großstädte, wie sie beim Ausbau von Fahrrad-Autobahnen vorankommen.

Tanken ist teuer geworden: Gerade zum Ende des Tankrabatts erhöhten sich die Preise an den Zapfsäulen. Das Autofahren mit fossilen Kraftstoffen ist damit nicht mehr nur schlecht fürs Klima, sondern auch für den Geldbeutel. Eine Lösung für dieses Problem könnte, neben den 15 Millionen E-Autos, die die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag plant, in Zukunft auch der Radverkehr darstellen. Vorausgesetzt, das Rad bietet eine echte Alternative zum Auto. Um das zu erreichen, braucht es beispielsweise auch Radschnellwege, findet der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC). Doch wo bleiben die?

Radschnellwege: „Was fehlt, ist Fachpersonal, Know-how und Strukturen der Zusammenarbeit“

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung aus SPD, Grünen und SPD werden dem Thema Radverkehr etwa fünf Zeilen gewidmet. Dort heißt es: „Wir werden den nationalen Radverkehrsplan umsetzen und fortschreiben, den Ausbau und die Modernisierung des Radwegenetzes sowie die Förderung kommunaler Radverkehrsinfrastruktur vorantreiben.“ Zur Stärkung des Radverkehrs werde man die „Mittel bis 2030 absichern und die Kombination von Rad und öffentlichem Verkehr fördern“.

Genau das sei aktuell beim Ausbau von Radschnellwegen das Problem, findet der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC): „Geld ist im Moment reichlich da – es gibt große Förderprogramme des Bundes für Radinfrastruktur in Kommunen und auch für Radschnellwege. Was fehlt, ist Fachpersonal, Know-how und Strukturen der Zusammenarbeit für diese innovative Form der Infrastruktur“, teilt die Sprecherin des ADFC Stephanie Krone BuzzFeed News DE von IPPEN.MEDIA mit. Auch in Dresden sind Radschnellwege in Planung – bis die fertiggestellt seien, könnte es bis zu zehn Jahre dauern könnte, berichtete Tag24.

„Deutschland hinkt beim Ausbau der Radwegenetze weit hinter dem tatsächlichen Bedarf her“, so der ADFC. Leistungsfähige und attraktive Radschnellwege müsse man „in Deutschland immer noch mit der Lupe suchen“, während sie in den Niederlanden seit Jahrzehnten Standard seien. Dort gebe es über 500 Kilometer Radschnellwege – in Deutschland hingegen bisher unter 50. Der ADFC fordere deshalb Radverkehrskoordinatoren und Weiterbildungen für Planerinnen und Ingenieure. „Der Bund muss mit Know-how und neuen Stellen für den Radverkehr kräftig unterstützen.“ 

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Wie kommt die Planung von Radschnellwegen in deutschen Großstädten voran?

Radschnellwege seien in Kombination mit einem guten öffentlichen Nahverkehr (von dem die Mehrheit der Deutschen laut Studien jedoch nicht viel hält) die beste Möglichkeit, Pendlerinnen und Pendler aus dem Auto auf das Rad zu locken. Durch ihre spezielle Bauweise könne man auf Radschnellwegen zügig längere Strecken zurücklegen, ohne ständig anhalten zu müssen oder von Autos abgedrängt zu werden, so Krone gegenüber BuzzFeed News DE. Wenn dies mehr Menschen zum Radfahren motiviert, hat das nicht nur Vorteile für Umwelt und Klima, sondern auch für die körperliche Verfassung der Deutschen.: Denn wer mit dem Auto oder ÖPNV zur Arbeit pendelt, schadet womöglich seiner Gesundheit.

Geplant seien Radschnellwege in fast allen Metropolregionen, so der ADFC. Gerade Hessen plane sehr viele Radschnellwege. Viele Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen (NRW) beispielsweise hätten vorbildliche Qualitätsstandards, kämen beim Ausbau aber nur „quälend langsam voran.“ Allgemein sei es das Tempo, in dem die Planung vorankommt, die dem ADFC Sorgen macht. BuzzFeed News DE von IPPEN.MEDIA hat in Frankfurt, Berlin, Hamburg, Leipzig, Stuttgart und München nachgehakt, wie weit sie mit der Planung von Radschnellwegen sind.

Ein Radler fährt auf einem Teilstück des neuen Radschnellwegs bei Egelsbach an einem Verkehrsschild vorbei.
Rad-Autobahnen (oder auch Radschnellwege) sollen den Umstieg vom Auto auch für Pendler attraktiv machen. Doch wie lange dauert es, bis Deutschland flächendeckende Rad-Autobahnen hat? © Arne Dedert/dpa

1. Frankfurt

Die Region Frankfurt bezeichnet sich selbst als „Deutschlands Pendlerhochburg“. Im Rhein-Main-Gebiet erzeugten gleich mehrere Großstädte wie Frankfurt, Darmstadt, Wiesbaden oder Mainz „komplexe Pendlerströme“. Hier sollen Radschnellwege (auch Fahrrad-Autobahnen genannt) Abhilfe schaffen und die Fahrtzeiten um bis zu 50 Prozent verkürzen. Radschnellwege seien Teil der Mobilitätsstrategie Frankfurt-Rhein-Main, heißt es auf der Website der Region Frankfurt.

Im Juni 2019 wurde das erste Teilstück eines Radschnellweges zwischen Egelsbach und dem Darmstädter Stadtteil Wixhausen offiziell eingeweiht. Seitdem sind insgesamt 6,6 Kilometer dieses Weges (FRM1) fertiggestellt. Die weiteren Abschnitte werden in den nächsten Jahren folgen. In Planung seien noch acht andere Radwege. Sie befinden sich jedoch noch nicht einmal in der Planungsphase, wie aus einer Grafik hervorgeht. Sie zeigt den Fortschritt der Fahrrad-Autobahnen im Rhein-Main-Gebiet (siehe unten).

Frankfurt Grafik zu Radschnellwegen.
Bei den meisten Städten und Regionen (hier Frankfurt) stehen Rad-Autobahnen noch ganz am Anfang und hängen an politischen Beschlüssen oder Machbarkeitsstudien fest. © Screenshot region-frankfurt.de

2. Berlin

Die Region Berlin habe ein klares Ziel, was Radautobahnen anbelangt, teilt die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz BuzzFeed News DE mit. „Im Berliner Mobilitätsgesetz festgeschrieben ist der Bau von mindestens 100 Kilometern bis 2030. Der Baubeginn erfolgt nicht vor 2026“, so eine Sprecherin. Derzeit würden sieben Radschnellverbindungen mit einer Streckenlänge von 110 Kilometern parallel geplant. Bei drei der sieben Verbindungen habe man schon einen Vorschlag, wo die Route entlang führe.

Die Routenplanung sei ein komplexes Unterfangen, da man die Bezirke, die Deutsche Bahn, Wohngebiete, Sichtverhältnisse und viele weitere Aspekte berücksichtigen müsse. „Aufgrund ihrer Komplexität und Qualitätsstandards ist es erforderlich, dass die Radschnellverbindungen ein Planfeststellungsverfahren durchlaufen müssen“, so eine Sprecherin der Senatsverwaltung. Diese Prüfung werde von einer unabhängigen Prüfbehörde – der Planfeststellungsbehörde – durchgeführt und dauere mindestens 1,5 Jahren, nach welchen dann die konkrete Planung der drei Radschnellwege angegangen werden könne.

3. Hamburg

Wie auch Frankfurt plant die Metropolregion Hamburg neun Radschnellwege. Das gesamte Radschnellnetz soll etwa 300 Kilometer umfassen. Im Jahr 2021 wurden die Machbarkeitsstudien für die Fahrrad-Autobahnen abgeschlossen, jetzt gehe es schrittweise an die Ausplanung und Umsetzung, so ein Sprecher der Stadt Hamburg. „Ein konkretes Datum für die Fertigstellung kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genannt werden, da wir uns in einem sehr frühen Stadium befinden. Der Prozess wird bis Anfang der 2030-er Jahre andauern.“

Bis dahin ergänze in Hamburg ein Veloroutennetz das geplante Radschnellwegenetz. Es bestehe aus insgesamt 14 Routen, von denen die meisten mittlerweile fast durchgehend befahrbar sind, heißt es auf der Website der Stadt. [Velorouten sind innerstädtische Radrouten, die im Gegensatz zu Schnellradwegen jedoch weniger breit und nicht abgeschlossen sind. Zu ihnen gehören auch oft klassische roten Bodenmarkierungen für Radfahrer in der Innenstadt vieler Großstädte. ]

Fahrrad-Autobahnen sollten das Radfahren leichter und schneller machen – das Rad soll so zu einer Alternative für das Auto werden. Diese 5 Bauprojekte hingegen, machen das Fahrrad fahren schwerer – sie sind eine echte Verschwendung von Steuergeldern.

4. Leipzig

Das Verkehrs- und Tiefbauamt Leipzig teilt BuzzFeed News DE mit, dass der Freistaat Sachsen in seiner aus 2019 stammenden Radverkehrskonzeption fünf Korridore identifiziert habe, die Potenzial für über 2000 Radfahrende am Tag haben und als Radschnellweg infrage kommen. Für eine dieser Strecken sei eine Machbarkeitsstudie schon erstellt, für zwei weitere seien Machbarkeitsstudien in Bearbeitung. „Auch wir befinden uns beim Thema Radschnellwege noch in der Planungsphase“, so die Stadt Leipzig. Grund für die langen Planungszeiträume sei auch der „Fachkräftemangel sowie die enorme Aufgabenfülle, die im Verkehrsbereich zu bewältigen ist.“

„Hier ist die Unterstützung vieler politischer Ebenen nötig – begonnen bei der Ausbildung in den Universitäten, bei denen Radverkehr noch eine untergeordnete Rolle spielt, bis zum notwendigen Personal in den Kommunen“, so ein Sprecher des Verkehrs- und Tiefbauamts Leipzig. Da die Förderungen von Radschnellverbindungen nur finanzielle Mittel umfasse, und Kommunen viel selbst stemmen müssten, „könnte über eine stärkere zentrale Steuerung nachgedacht werden“.

5. Stuttgart

Erster Radschnellweg in Baden-Württemberg.
Radfahrer fahren auf dem ersten Radschnellweg Baden-Württembergs, der zwischen Böblingen/Sindelfingen und Stuttgart verläuft. Er wurde am 31. Mai 2019 für den Verkehr freigegeben. © Christoph Schmidt/dpa

Der erste acht Kilometer lange Radschnellweg in Baden-Württemberg zwischen Böblingen/Sindelfingen und Stuttgart (siehe Foto oben) ist seit Mai 2019 für den Radverkehr freigegeben. Langfristig soll der Radverkehr in Stuttgart 25 Prozent des gesamten Verkehrs ausmachen, steht auf der Website der Stadt. Das Referat Städtebau, Wohnen und Umwelt teilt BuzzFeed News DE mit, dieses Jahr wurde ein Teil der wichtigen Strecke zwischen Bad Cannstatt und Fellbach fertiggestellt.

Insgesamt denke Stuttgart über ein potenzielles Streckennetz von 13 Strecken, insgesamt 102 Kilometer nach, für dessen Ausbau Gesamtkosten von 125 Millionen Euro veranschlagt werden. Priorität haben Pendlerstrecken in die Innenstadt, also die Routen auf der Nürnberger Straße in Bad Cannstatt, im Neckartal zwischen Esslingen und Untertürkheim sowie in Kaltental und an der Nord‐Süd‐Straße. Mithilfe sogenannter „Bike Highways“, sollen Stücke der geplanten Fahrrad-Autobahnen sogar auf Stelzen möglich sein.

6. München

Anfang September erfolgte in München der Spatenstich für den Bau der Radschnellverbindung zwischen München und Garching, berichtet eine Sprecherin der Stadt München. Die Qualitätsstandards für Radschnellverbindungen seien aus Sicht der Stadt „anspruchsvoll“. Insbesondere in der Innenstadt sei es aufgrund oftmals nicht möglich, alle Flächenwünsche zu erfüllen. Größte Herausforderung sei hier die Vereinbarkeit von Radschnellwegen mit dem ÖPNV und dem motorisierten Verkehr, den man an manchen Stellen zwangsläufig unterbrechen müsste, um Radschnellverbindungen zu schaffen.

Man wolle in den kommenden Jahren mit den Planungen für fünf weitere Radschnellverbindungen aus dem Münchner Zentrum ins Umland (in Richtung Dachau, Markt Schwaben, Oberhaching, Starnberg und Fürstenfeldbruck) beginnen, deren Machbarkeitsstudien schon abgeschlossen seien, so die Information aus der Pressestelle.

Abgesehen vom Rad fahren auf Radschnellwegen gibt es noch andere Dinge, die man für die Umwelt tun kann. Der Patagonia-Chef verschenkt sogar sein ganzes Unternehmen, um „unseren Planeten retten“.

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