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Zwischen Alarmismus und begründeter Sorge: Erste Daten zeigen wie Impfstoff bei Omikron wirkt

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Von: Markus Zwigl

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Impfstoffforschung
Laborantinnen der Firma Biontech bei der Impfstoff-Herstellung. © Boris Roessler/dpa

Jeder zehnte Europäer wird nach Angaben des Europa-Büros der Weltgesundheitsorganisation WHO bis Ende dieser Woche eine Corona-Infektion hinter sich haben. Die Neuinfektions- und Todesfallzahlen hätten sich in den vergangenen zwei Monaten mehr als verdoppelt. Und jetzt kommt auch noch die Omikron-Variante auf uns zu. Viele hoffen, dass die Impfung ähnlich gut wirkt wie bei anderen Varianten, aber einige Experten sind auch skeptisch.

Berlin – Wie gut schützt die Impfung gegen die Omrikon-Variante? So lautet die alles überschattende Frage in diesen Tagen. Erste Labor-Untersuchungen dazu deuten nun auf eine schwächere Abwehrreaktion gegen die neue Variante hin. Die Virologin Sandra Ciesek vom Universitätsklinikum Frankfurt veröffentlichte am Mittwoch (8. Dezember) erste Ergebnisse auf Twitter, die eine deutlich reduzierte Antikörper-Antwort auf die neue Variante zeigen. „Die Daten bestärken, dass die Entwicklung eines an Omikron angepassten Impfstoffs sinnvoll ist“, schrieb Ciesek dazu.

Bereits am Vortag hatten Forscher des Africa Health Research ähnliche Daten vorgelegt, wonach die Antikörper-Antwort bei Geimpften gegen Omikron schwächer ausfällt. Den Angaben von Ciesek zufolge ist die Antikörper-Antwort gegen Omikron drastisch reduziert im Vergleich zur Delta-Variante – auch bei Menschen mit Auffrischimpfung gibt es eine Reduktion. Die Daten wurden bislang jedoch nicht von Fachkollegen begutachtet und nicht in einem Fachmagazin veröffentlicht.

Ciesek wies außerdem ausdrücklich darauf hin, dass aus ihrer Auswertung nicht herauszulesen ist, ob Geimpfte bei Omikron vor einem schweren Verlauf geschützt sind. Denn die Immunantwort beruht nicht nur auf Antikörpern, sondern beispielsweise auch auf T-Zellen.

Um die Wirkung eines Impfstoff gegen eine bestimmte Variante von Sars-CoV-2 zu untersuchen, machen Forscher in der Regel sogenannte Neutralisationstests. Es wird geschaut, wie viele Antikörper ein Geimpfter im Blut hat, die an die Virusvariante binden können und sie damit ausschalten. Der tatsächliche Schutz von Geimpften kann damit aber nicht bestimmt werden, dafür braucht es klinische Studien mit tausenden Probanden oder Auswertungen des laufenden Infektionsgeschehens.

Labordaten von Biontech: Booster nötig für Schutz vor Omikron

Eine erste Laboruntersuchung hat der Impfstoffhersteller Biontech/Pfizer eigenen Angaben zufolge in den vergangenen Tagen ebenfalls durchgeführt – mit einem etwas anderen Ergebnis. Für einen ausreichenden Schutz vor der Omikron-Variante des Coronavirus seien zwar drei Dosen ihres Produktes nötig, aber danach sei der Antikörper-Spiegel ausreichend erhöht, um auch die Omikron-Variante zu neutralisieren.

Ersten Labordaten zufolge schützten zwei Dosen nicht ausreichend vor einer Infektion mit der kürzlich entdeckten Variante, teilten die Unternehmen am Mittwoch mit. Sie gehen allerdings davon aus, dass der Schutz vor einer schweren Erkrankung weiterhin gegeben ist. Bei Bedarf könne ab März ein angepasster Impfstoff bereitgestellt werden. Die Unternehmen haben bereits damit begonnen, ihren Impfstoff an die Omikron-Variante anzupassen. Diese Arbeiten würden fortgesetzt, erste Chargen könnten produziert und bei Genehmigung durch die Behörden innerhalb von 100 Tagen ausgeliefert werden. Die erwarteten Produktionsmengen von vier Milliarden Dosen des Impfstoffs im Jahr 2022 würden sich auch bei einer nötigen Anpassung nicht ändern.

Biontech und Pfizer hatten in Laboruntersuchungen geprüft, wie gut Blutseren geimpfter Personen mit den darin enthaltenen Antikörpern die kürzlich entdeckte Omikron-Variante des Coronavirus neutralisieren können. Sie nutzten für ihre Untersuchung eine künstlich hergestellte Form des Virus. Aus den Ergebnissen lassen sich Erkenntnisse über die Schutzwirkung ableiten, auch wenn Laboruntersuchungen die realen Bedingungen nicht vollständig widerspiegeln.

Offenbar weiterhin Schutz vor schweren Verläufen

Nach zwei Dosen des Impfstoffs war das Neutralisierungspotenzial demnach im Vergleich zum Wildtyp des Erregers um das 25-Fache reduziert. Die auf die Impfung hin gebildeten T-Zellen würden von den Mutationen der Variante allerdings nicht beeinträchtigt. Deshalb „gehen die Unternehmen davon aus, dass geimpfte Personen immer noch gegen schwere Formen der Krankheit geschützt sein könnten.“

Die Booster-Dosis erhöhte den Antikörper-Spiegel den Angaben zufolge um das 25-Fache. Diese Antikörper-Spiegel würden mit einer hohen Wirksamkeit sowohl gegen das Wildtyp-Virus als auch gegen zuvor aufgetauchte Varianten in Verbindung gebracht. „Auch wenn zwei Dosen des Impfstoffs möglicherweise weiterhin Schutz vor schweren Krankheitsverläufen bieten, zeigen diese ersten Daten sehr deutlich, dass der Schutz mit einer dritten Dosis unseres Impfstoffs verbessert wird“, sagte Albert Bourla, Chef des Pharmakonzerns Pfizer.

Studie aus Südafrika nicht erfolgversprechend

Zuvor ließ bereits eine Studie aus Südafrika vermuten, dass der Impfstoff von Biontech/Pfizer offenbar lediglich einen teilweisen Schutz gegen die neue Coronavirus-Variante bietet. Die Neutralisierung von Omikron habe im Vergleich zu einem früheren Covid-Stamm „sehr stark abgenommen“, erklärte Alex Sigal, Professor am Africa Health Research Institute in Südafrika auf Basis vorläufiger Ergebnisse am Dienstag.

Die Forscher des Africa Health Research Institute schilderten in ihren Ergebnissen, dass die Virusvariante der Antikörperantwort von zweifach Geimpften entkommt. Bei Geimpften, die zusätzlich infiziert waren, war demnach aber eine beträchtliche Antikörper-Antwort messbar. Auch diese Ergebnisse sind noch nicht in einem Fachjournal veröffentlicht.

Drosten sieht Omikron-Problem auf Deutschland zukommen

Der Virologe Christian Drosten erläuterte ebenfalls Befürchtungen, dass man ab Anfang kommenden Jahres Schwierigkeiten mit der Omikron-Variante des Coronavirus auch hierzulande bekomme. „Ich denke, ab Januar werden wir mit Omikron in Deutschland ein Problem haben“, sagte der Wissenschaftler von der Berliner Charité am Dienstag im Podcast „Coronavirus-Update“ bei NDR-Info. Er mahnte erneut das Schließen der Impflücken in der Bevölkerung an, es müsse jetzt voll um den Schutz des Einzelnen gehen. Omikron werde wahrscheinlich die Anpassung der vorhandenen Impfstoffe nötig machen.

Das Omikron-Problem könne bis in den Sommer andauern, warnte Drosten. In Südafrika seien die Zuwachsraten trotz des dort einsetzenden Sommers hoch. „Und darum würde ich im Moment auch nicht sagen, bis Ostern ist in Deutschland die Pandemie vorbei, wenn Omikron übernimmt.“

mz/dpa

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