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„Durchlaviert?“: ADAC in Tempolimit-Debatte nicht an Scheuers Seite - Minister rügt Verband

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Ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen wird emotional diskutiert. Nun bringt der ADAC mit einem überraschenden Meinungsumschwung Bewegung in die Debatte.

Update vom 26. Januar 2020, 15.40 Uhr: Nach der Neutralitätsbekundung des ADAC in der Tempolimit-Debatte hat Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) den Automobilclub scharf kritisiert. "Ein 'neutrales' Durchlavieren bei diesem Thema gibt es definitiv nicht", sagte Scheuer der Bild am Sonntag. Die vielen ADAC-Mitglieder, die bei der jetzigen bewährten Regelung bleiben wollen, würden das dem Vorstand "deutlich machen". Scheuer betonte, der Bundestag habe erst vor wenigen Wochen mit überwältigender Mehrheit das bestehende System der Richtgeschwindigkeit bestätigt habe.

Der ADAC hatte am Freitag bekräftigt, dass er sich "bis auf Weiteres einer Empfehlung an die Politik zum allgemeinen Tempolimit" enthalten wolle. Hintergrund ist demnach das "unklare" Meinungsbild innerhalb der Bevölkerung und bei den ADAC-Mitgliedern in dieser Frage.

Von den ADAC-Mitgliedern lehnten zuletzt 50 Prozent ein generelles Tempolimit auf Autobahnen ab, wie der Automobilclub bereits Ende Dezember mitgeteilt hatte. Deshalb verzichte der ADAC derzeit auf eine Empfehlung Pro oder Contra generelles Tempolimit an die Politik, erklärte der Club kurz vor dem Jahreswechsel.

Tempolimit auf Autobahnen: ADAC mit unerwarteter Kehrtwende

Goslar/Berlin - Von seinem strikten Nein zum Tempolimit ist der Autofahrerclub ADAC am Freitag überraschenderweise abgerückt. Damit kommt erneut Bewegung in den jahrzehntelang schwelenden Streit um eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Autobahnen. Gegen diese sei der ADAC „nicht mehr grundsätzlich“, sagte der Vizepräsident Verkehr, Gerhard Hillebrand, der Deutschen Presse-Agentur vor dem Verkehrsgerichtstag in Goslar in der kommenden Woche. Der Autofahrerclub wirbt nun für eine umfassende Untersuchung möglicher Folgen vor allem für die Verkehrssicherheit

ADAC/Tempolimit: Umweltministerin begrüßt den Schritt

Erste Reaktionen seitens der Politiker ließen nicht lange auf sich warten: Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) begrüßte den Schritt. Das Verkehrsministerium bekräftigte jedoch weiterhin sein Nein zu einem Limit. Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte, es gebe aktuell keine Planung der Regierung für ein Tempolimit auf Autobahnen, dies sehe der Koalitionsvertrag nicht vor. Erst im Oktober vergangenen Jahres hat die Bundesregierung einen Antrag der Grünen für ein Tempolimit abgelehnt.

„Die Diskussion um die Einführung eines allgemeinen Tempolimits auf Autobahnen wird emotional geführt und polarisiert bei den Mitgliedern“, sagte Hillebrand. „Deshalb legt sich der ADAC in der Frage aktuell nicht fest.“ Dringend erforderlich sei eine Versachlichung der Debatte. Die Auswirkungen eines Tempolimits sollten daher dringend in einer umfassenden Studie geklärt werden. „Diese würde eine belastbare Entscheidungsgrundlage liefern.“ Mit gut 21 Millionen Mitgliedern ist der ADAC der größte Automobilclub Deutschlands.

ADAC/Tempolimit: SPD-Politikerin will Scheuer überzeugen

Schulze sieht sich durch die Bewegung beim ADAC bestätigt. „Meine Position ist bekannt: Ich bin für ein Tempolimit - es verringert Unfälle und spart jährlich bis zu zwei Millionen Tonnen CO2“, schrieb die SPD-Politikerin bei Twitter. Sie hoffe, dass sich nun auch Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) überzeugen lasse. 

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) begrüßte die Aussagen des ADAC. „Einfacher als mit einem generellen Tempolimit geht Klimaschutz nicht und kostengünstiger auch kaum“, sagte Verkehrsexperte Jens Hilgenberg. Greenpeace-Experte Tobias Austrup äußerte sich zu den jüngsten Entwicklungen mit einem Seitenhieb auf Verkehrsminister Scheuer: „Nachdem selbst der ADAC nicht länger für ein unvernünftiges Recht auf Rasen kämpft, wird es einsam um Verkehrsminister Scheuer“, sagte Austrup.

ADAC/Tempolimit: Hofreiter forderte Union auf, Widerstand aufzugeben

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte die Union auf, ihren Widerstand aufzugeben. „Es wird Zeit, dass sich auch CSU und CDU zu mehr Verkehrssicherheit, weniger Lärm und Abgasen sowie leistungsfähigeren Autobahnen bekennen“, sagte er der Rheinischen Post.

Der verkehrspolitische Sprecher der Union, Alois Rainer (CSU), hielt dagegen: „Das ständige Wiederaufflammen der Diskussion um ein Tempolimit auf Autobahnen ist am Ende nichts anderes als gezielte Stimmungsmache gegen das Auto an sich. Doch da machen wir als Union nicht mit“, sagte er. Porsche-Chef Oliver Blume sagte der Welt, er sehe „die Tempofreiheit in Deutschland als eine persönliche Freiheit an“.

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