Bayerns Parlament ist ein Männerclub - Frauen-Anteil auf Stand von vor 20 Jahren

Zum zweiten Mal in Folge sinkt nach der Landtagswahl die Frauenquote im Parlament. Die weiblichen Abgeordneten sind alarmiert. Fast alle wünschen sich mehr Parität im Plenum – doch beim Weg dahin herrscht Uneinigkeit.
München - Als Kurt Eisner in der Nacht zum 8. November 1918 im Münchner Mathäserbräu den Freistaat Bayern ausrief, bedeutete das nicht nur das Ende der Wittelsbacher Monarchie, sondern auch gleiches Wahlrecht für Männer und Frauen. Doch 100 Jahre nach der historischen Zäsur sind Frauen im Bayerischen Landtag weiter unterrepräsentiert. Und der Trend ist negativ. 26,8 Prozent - so niedrig war der Frauenanteil zuletzt nach der Landtagswahl vor 20 Jahren.
205 Abgeordnete, davon 55 Frauen - „da ist nicht nur ein bisschen Luft nach oben, sondern viel“, sagt die scheidende Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) und seufzt. In der Fraktion ihrer Partei liegt der Frauenanteil mit 21,2 Prozent unter dem Durchschnitt. Sie fordert deshalb mehr Anreize für Frauen in den Stimmkreisen. Der weibliche Parteinachwuchs müsse gezielter gefördert werden. „Aber Frauen müssen sich auch mehr trauen, sich politisch zu engagieren.“
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Direktkandidaten der CSU sind Männer
Das Problem der CSU: Ihre Fraktion besteht ausschließlich aus Direktkandidaten. Rückten in der Vergangenheit noch einige Frauen wie Stamm über die Liste ins Parlament, blieb dieses Korrektiv diesmal wirkungslos. Die Direktkandidaten der Stimmkreise werden von der Basis gewählt. Orts- und Kreisverbände wählen Delegierte, die den Stimmkreisbewerber küren. Und auf dieser Ebene dominieren immer noch die Herren, sagt Emilia Müller, Ex-Sozialministerin und Vorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbundes in Bayern. Männer wählen Männer, die Männer wählen.
Quoten gibt es nur auf Bezirks- und Vorstandsebene. „Hier brauchen wir Veränderungen innerhalb der Partei“, fordert Müller. Mehr Teilhabe für Frauen an der Basis müsse das Ziel sein. Sie fürchtet eine Unwucht bei Landtagsentscheidungen wie Kinderbetreuung oder gleiche Bezahlung. „Wenigstens im Kabinett muss jetzt sichergestellt werden, dass der Frauenanteil bleibt wie bisher.“

Grüne und SPD setzen in Wahllisten zur Hälfte auf Frauen
Abgeordnete von Grünen und SPD fordern schon lange eine parteiübergreifende Parität beim Erstellen der Wahllisten. „Wir brauchen endlich Parité in den Parlamenten“, sagt Katharina Schulze von den Grünen, die ihre Wahllisten wie die SPD zur Hälfte mit Frauen besetzen. Auch Inge Aures (SPD) sagt: „Die Gleichstellung geht leider im Schneckentempo voran.“
Eva Gottstein von den Freien Wählern hält eine Quotierung für sinnvoll - im Gegensatz zu ihrer Fraktion. Aber es müsse sich auch das Selbstverständnis auf den untersten Ebenen der Politik ändern. „Warum soll nicht mal der Mann in den Elternbeirat und die Frau in den Gemeinderat gehen?“, fragt die Abgeordnete. Das gewünschte Spiegelbild der Gesellschaft werde der Landtag sonst nicht. „Zu wenig Frauen, zu viele Juristen.“
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FDP im Parlament nur mit einer Frau vertreten
Von einer festen Quote sind jedoch nicht alle Frauen im Landtag überzeugt. Julika Sandt ist die einzige FDP-Frau im Parlament - ihre Fraktion zählt neben der AfD zu den Quotendrückern. Als feststand, dass sie ins Maximilianeum einzieht, habe sie viele SMS bekommen. „Ich müsse die Fahne für die Frauen in der FDP hochhalten, haben mir viele geschrieben.“ Aber auch wenn sie gerne mehr liberale Frauen in der Fraktion gesehen hätte, spricht sie sich weiter für eine Listenaufstellung nach Leistung und nicht nach Geschlecht aus. „Die Männerdominanz in der Fraktion liegt auch an unseren Zugpferden Helmut Markwort und Wolfgang Heubisch, die in der Liste die Frauen überholt haben.“
Katrin Ebner-Steiner von der AfD sieht den Frauenanteil im Landtag im Gegensatz zu ihren Kolleginnen nicht als Problem. Zwar würde sie sich grundsätzlich mehr Frauen bei allen Fraktionen wünschen, doch es komme viel mehr darauf an, wie aktiv sich Frauen in Fraktion und Plenum einbringen. Von einer Quote hält sie folglich: „Gar nichts.“
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Dominik Göttler
Frauenquoten in den Länder-Parlamenten
Thüringen (39,6%)
Hamburg (38,8%)
Saarland (37,3%)
Brandenburg (36,4%)
Bremen (36,1%)
Rheinland-Pfalz (35,6%)
Hessen (33,4%)
Berlin (32,5%)
Sachsen (31,7%)
Schleswig-Holstein (30,1%)
Niedersachsen (27,7%)
Nordrhein-Westfalen (27,6%)
Bayern (26,8 %)
Baden-Württemberg (25,9%)
Mecklenburg-Vorpommern (25,3%)
Sachsen-Anhalt (21,8%)