Mächtiger Gegenwind für Merkel - Wirbel um AfD-Rede

Der Bundestag vollzieht eine mehrtägige Generalaussprache, bei der u.a. die Krise in Nahost sowie das Atomabkommen mit dem Iran im Fokus stehen. Zum Start gibt es eine Rüge für die AfD. Die sechs Parteien im Bundestag nehmen sich das „große Ganze“ vor.
- AFD-Politikerin Alice Weidel eröffnet die Debatte und kritisiert Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut für die Flüchtlings- und Einwanderungspolitik der Bundesregierung.
- Bundeskanzlerin Angela Merkel holte in ihrer Rede zum Rundumschlag aus und verteidigte u.a. den Etat für die Bundeswehr und beteuerte erneut die transatlantischen Abkommen.
- Die Debatte läuft seit Mittwochmorgen um 9 Uhr.
Die erste große Generaldebatte im aktuellen Bundestag steht am Mittwoch an. Der Schlagabtausch zur Haushaltsdebatte im Live-Ticker.
15.15 Uhr: Am Donnerstag stand die Aussprache mit Innenminister Horst Seehofer an. Doch der Haushalt wurde zum Randthema. Lesen Sie auch: Nach brisanter SMS im Asyl-Skandal: „Tun Sie nicht so ...“ Seehofer in Bundestag heftig attackiert
Die News vom 16. Mai 2018
15.30 Uhr: Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat weitere Investitionen in die Bundeswehr gefordert. "Wir sind gerade mal am Anfang, wir brauchen über mehrere Jahre eine nachhaltig stetig steigende Finanzlinie", sagte von der Leyen. "Ja, Sicherheit kostet Geld", fügte sie unter Verweis auf den im Koalitionsvertrag verankerten Pakt für vernetzte Sicherheit hinzu."Allein mit Lippenbekenntnissen werden wir die Sicherheit für Europa nicht schaffen", ebenso wenig wie die Herstellung von Sicherheit und Stabilität in Afrika, sagte von der Leyen. Und die Soldaten "werden wir mit warmen Worten alleine auch nicht bestmöglich und modern ausrüsten". Von der Leyen verwies auf das Verteidigungskonzept, wie es im Weißbuch 2016 steht. Bei der Modernisierung habe es im Cyber-Bereich "Quantensprünge" gegeben. So gebe es nun eine sechste Dimension, die Cyber-Truppe, mit 14.000 Frauen und Männern.
14.15 Uhr: Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), nannte die im Alleingang getroffene Entscheidung der USA zum Ausstieg aus dem Iran-Abkommen eine "dramatische grundsätzliche Veränderung". "Es wird nicht nur gegen uns entschieden, es wird ohne uns entschieden." Nun komme es darauf an, einen europäischen Willen zu bilden und europäische Instrumente zu schaffen - "von beidem sind wir noch weit entfernt", sagte er zugleich.
Für die Frage, ob Europa Akteur werde, sei die Frage der deutschen Verteidigungsausgaben entscheidend, sagte Röttgen mit Blick auf die Debatte um den Wehretat. Das sei auch "eine Vorentscheidung über unseren außenpolitischen Einfluss".
13.45 Uhr: Siemens-Chef Joe Kaeser äußert sich via Twitter zur Weidel Rede.
13.15 Uhr: Bundesaußenminister Heiko Maas ging in seiner Rede auf das iranische Atom-Abkommen ein und warb für ein Weiterbestehen des Deals: „Wir haben uns mit den europäischen Partnern darauf verständigt, dass wir in diesem Abkommen bleiben. Deshalb werden wir auch ohne die Vereinigten Staaten alles daran setzen, dass dieses Abkommen bestehen bleibt.
Außerdem forderte Maas einen dauerhaften Sitz im UN-Sicherheitsrat. Deutschland will, wenn es in den UN-Sicherheitsrat gewählt wird, vor allem für eine Stärkung internationaler Institutionen und Abkommen eintreten. „Wir werden nicht tatenlos zusehen (...), wie Nationalisten und Populisten versuchen, das Rad zurückzudrehen“, sagte Maas am. „Nicht die Macht des Stärkeren, sondern die Macht des Rechtes muss auch zukünftig die Grundlage einer friedlichen Weltordnung sein und bleiben.“
12.45 Uhr: CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat eine Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Prozentpunkte gefordert. Union und SPD hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf eine Senkung um 0,3 Punkte auf 2,7 Prozent des Bruttolohns verständigt. „Wir können an dieser Stelle mehr machen“, sagte Dobrindt. „Die Sozialkassen sind in der Tat keine Sparkassen.“ Die Rücklage der Bundesagentur für Arbeit werde bald die 20-Milliarden-Euro-Marke erreichen.
12.20 Uhr: SPD Fraktionsvize Achim Post verteidigt die Etatplanungen seine SPD-Kollegen und baue auf drei Säulen auf, nämlich Solidarität, Solidität und Zukunft: „Der Haushaltsplan 2018 ist noch wichtiger als sonst, weil die politische Weltlage derzeit schwierig ist. Russlands Vorgehen im Nahen Osten zum Beispiel hat mit Völkerrecht nichts zutun.“ Außerdem stellte er die Wichtigkeit der Debatte klar. „Ohne Streit ist eine Demokratie keine richtige Demokratie.“
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12.05 Uhr: AfD-Chef Alexander Gauland nimmt in seiner Rede seine Fraktionkollegin Alice Weidel in Schutz und attackiert auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder. Wie gewohnt fokussiert sich der AFD-Politiker wieder auf die Migrationspolitik der Bundesregierung „Die Politik der grenzenlosen Aufnahmebereitschaft habe den Zerfall der Europäischen Union eingeleitet", so Gauland.

11.50 Uhr: Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) kritisierte die AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel scharf für ihre Aussagen. Wie Weidel über andere Menschen gesprochen habe, habe „null“ mit einem christlichen Menschenbild zu tun. „Was Sie heute gemacht haben, ist das glatte Gegenteil davon, und dafür sollen Sie sich schämen.“ Er warf der AfD insgesamt vor, sie sei „großmaulig im Austeilen und schwach im Einstecken“.

11.40 Uhr: Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt hat der großen Koalition mangelnden Einsatz gegen den Klimawandel vorgeworfen. Sie bezeichnete die Bundesregierung als „ökologisches Schweigekartell“. Göring-Eckardt kritisierte, die Koalition treffe sich zu Beratungen auf dem schmelzenden Gletscher der Zugspitze und habe anschließend „nicht einmal den Hintern in der Hose, mit einem einzigen Beschluss zu mehr Klimaschutz da wieder runterzufahren“. Unzureichend seien auch die angepeilten Maßnahmen gegen steigende Mieten und den Wohnungsmangel in den Städten. Für das Baukindergeld seien 22 Milliarden Euro eingeplant, „die keinem einzigen helfen, der die Miete nicht mehr bezahlen kann“, sagte Göring-Eckardt. „Das sind Steuergelder, die in den ohnehin schon überhitzten Wohnungsmarkt hineinfließen.“
Außerdem übte sie in ihrer Rede vor allem Kritik an der Politik von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). „Seit Wochen torpediert Ihre Partei, die CSU, das Grundgesetz. Im Bayerischen Polizeiaufgabengesetz darf nun gegen unschuldige Bürger ermittelt werden - ohne Verdacht.“

11.25 Uhr: Die Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, hat die Kritik von Kanzlerin Angela Merkel(CDU) an der Iran-Politik von US-Präsident Donald Trump ausdrücklich begrüßt. „Wir haben schon lange eine eigenständige und selbstbewusste europäische Außenpolitik gefordert. Und wir sind froh, dass wir mit dieser Politik heute nicht mehr alleine stehen“, sagte Wagenknecht. Konkret nannte sie den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran, den Deutschland und die EU für falsch halten.Nun müsse die Bundesregierung auch die notwendigen Schritte gehen und die US-Politik des „Regime Changes“, darunter auch die Militärschläge in Syrien, „unmissverständlich verurteilen“ und „klarstellen, dass Deutschland gegen den Iran weder direkt noch indirekt unterstützen würde“. Wagenknecht forderte, Waffenexporte in den Nahen Osten komplett einzustellen und aus dem „von Trump vorangetriebenen Wettrüsten“ auszusteigen.

11.15 Uhr: Die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles hat mit scharfen Worten ihrem CSU-Kollegen Alexander Dobrindt vorgeworfen, Deutschland mit seinen Asyl-kritischen Äußerungen zu schaden. „Wer Nebenschauplätze eröffnet, statt sich um die Umsetzung der Arbeit in der Regierung zu konzentrieren, der schadet unserem Land“, sagte Nahles, die auch SPD-Chefin ist.
„Was soll unsere Polizei und die Justiz eigentlich von Politikern halten, die von Rechtsbruch reden, wo keiner ist und die Anwälte als Saboteure des Rechtsstaats bezeichnen?“, sagte Nahles. „Den Rechtsstaat aufgeben, das werden wir nicht tun.“
11.08 Uhr: In der Affäre um mutmaßlich manipulierte Asylentscheidungen in Bremen droht der FDP-Vorsitzende Christian Lindner mit einem Untersuchungsausschuss im Bundestag. „Diese Vorgänge müssen restlos aufgeklärt werden, damit Verschwörungstheoretikern kein Boden gegeben wird“, forderte Lindner. Der bisherige Aufklärungswille von Innenminister Horst Seehofer überzeuge ihn nicht, sagte der FDP-Chef und ergänzte an die Adresse des CSU-Vorsitzenden: „Sie sind einen Schritt entfernt von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss.“
10.50 Uhr: Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Führungsschwäche vorgeworfen. Angesichts von Koalitionsstreitigkeiten über Brückenteilzeit, Hartz IV und den Wehretat müsse die Regierungschefin von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch machen. „Führen Sie dieses Land“, appellierte der FDP-Chef an die Kanzlerin. Defizite beklagte er auch bei Merkels Europapolitik und forderte einen EU-Sondergipfel zu den transatlantischen Beziehungen.
An der Finanzplanung der Bundesregierung ließ Lindner ebenfalls kein gutes Haar. Bei einer disziplinierten Haushaltspolitik wären nach seinen Worten statt der schwarzen Null sogar Überschüsse möglich. Stattdessen seien im Koalitionsvertrag Mehrausgaben von 100 Milliarden Euro vereinbart worden, um die Zustimmung der Wähler zu kaufen. Mit einer solchen „Kamelle-Politik“ könne man zwar im rheinischen Karneval beliebt werden, aber nicht die größte Volkswirtschaft Europas führen, klagte der FDP-Chef. Notwendig seien stattdessen Steuerentlastungen und die Senkung der Sozialabgaben.
10.40 Uhr: FDP-Chef Christian Lindner wirft der Bundesregierung Verzögerung bei der Digitalisierung vor, fordert eine Abschaffung des Solidaritätszuschlags und warnt bei der Verteilung des Haushaltsbudgets, nicht die Bildung zu vergessen: „Viermal mehr für die Rente als für die Bildung treibt einen Keil zwischen die Großmütter und ihre Enkel.“
10.06 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Ausstieg der USA aus dem Iran-Abkommen erneut deutlich kritisiert, gleichzeitig aber die Bedeutung der transatlantischen Beziehungen betont. „Trotz aller Schwierigkeiten, die wir in diesen Tagen haben, sind und und bleiben die transatlantischen Beziehungen von herausragender Bedeutung“, sagte die CDU-Vorsitzende am Mittwoch im Bundestag.

9.50 Uhr: Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel hat zum Auftakt der Generalaussprache im Bundestag Protest der anderen Fraktionen provoziert und sich eine Rüge von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) eingehandelt. Die 39-Jährige hatte die Einwanderungs- und Asylpolitik der Bundesregierung angegriffen und gesagt: „Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern.“
Schäuble sagte dazu, damit diskriminiere sie alle Frauen, die ein Kopftuch trügen. „Dafür rufe ich Sie zur Ordnung.“ Aus dem Plenum waren Buh- und Pfui-Rufe zu hören.
9.12 Uhr: AfD-Fraktionschefin Alice Weidel hat Union und SPD ein Tarnen und Täuschen in der Haushaltspolitik vorgeworfen. Die Regierungsparteien redeteten von der schwarzen Null, in Wahrheit säßen die Steuerzahler aber auf einem gewaltigen Schuldenberg, kritisierte Weidel am Mittwoch bei den Haushaltsberatungen im Bundestag. „Pünktlich zur Vorstellung des Haushalts beginnt das Tarnen und Täuschen.“
Nach Kritik aus der Opposition - Scholz verteidigt seine Haushaltspläne
Die Regierung müsse das Vermögen der Bürger verwalten, und nicht „mit vollen Händen zum Fenster rausschmeißen“, sagte sie. Schwarz-Rot habe der jungen Generation eine „Schattenverschuldung“ wie einen Mühlstein um den Hals gehängt. Mit einer absurden Steuerpolitik würden vor allem Menschen mit mittleren und kleinen Einkommen belastet. Der Grundfreibetrag müsse angehoben werden.
Am Dienstag hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) seinen ersten Bundeshaushalt gegen massive Kritik von AfD, FDP, Grünen und Linken verteidigt. Die Kritik reichte von zu hohen Ausgaben nach dem Gießkannenprinzip über zu wenig Investitionen und einer fehlenden großen Steuerreform bis hin zu wenig Klimaschutzausgaben. Bis Anfang Juli soll der Bundestag das Zahlenwerk final beschließen.
Vorbericht: Kanzlerin erwartet ab Mittwoch heftiger Gegenwind
Berlin - Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet am Mittwoch heftiger Gegenwind im Bundestag. Anlass ist die Debatte über den Haushalt des Kanzleramtes. Die Generalaussprache ist traditionell der Höhepunkt der Haushaltsberatungen im Bundestag. Regierung und Opposition nutzen die Aussprache über den Kanzleretat für einen grundsätzlichen Schlagabtausch.
Am Dienstag hatte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) den Bundeshaushalt bereits gegen massive Kritik von AfD, FDP, Grünen und Linken verteidigt. Diese reichte von zu hohen Ausgaben nach dem Gießkannenprinzip über zu wenig Investitionen und einer fehlenden großen Steuerentlastung bis hin zu wenig Klimaschutzausgaben.
Merkel sowie die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen werden das Wort ergreifen. Nach Abschluss der ersten Lesung des Bundeshaushalts mit allen Einzelressortplänen bis Freitag werden die Ausgabenvorhaben im Haushaltsausschuss beraten und in der Regel noch etwas verändert.
Bis Anfang Juli soll der Bundestag das Zahlenwerk final beschließen. Wegen der langen Regierungssuche mit der erneuten Bildung einer großen Koalition kommt es erst jetzt zu den Beratungen über den Haushalt 2018.
Bei den Ausgaben von 341 Milliarden Euro fällt der Etat der Kanzlerin mit 2,9 Milliarden Euro verhältnismäßig niedrig aus. Der mit Abstand größte Posten ist der Etat für Arbeit und Soziales mit 139,8 Milliarden, gefolgt von den Verteidigungsausgaben mit 38,5 Milliarden und Verkehr/digitale Infrastruktur mit 27,6 Milliarden Euro.
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, kritisierte den Entwurf von Scholz. Nötig sei ein viel stärkerer Fokus auf Zukunftsinvestitionen. Insbesondere sei eine Entlastung der finanzschwachen Kommunen nötig, um den Investitionsstau aufzulösen, der Deutschland zu einem tief ungleichen Land mache, sagte Fratzscher dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Manche Menschen leben in Kommunen, die pro Kopf fünfmal weniger investieren als andere, reiche Städte und Dörfer“, kritisierte Fratzscher.
Die FDP fordert dagegen eine sofortige und komplette Abschaffung des Solidaritätszuschlags und stärkere Entlastungen der Steuerzahler, da der Staat wegen guter Konjunktur und niedriger Arbeitslosigkeit Rekordeinnahmen verbucht.
Die große Koalition von Union und SPD will mindestens 46 Milliarden Euro bis 2021 investieren, in Bildung, Wohnungsbau und schnelleres Internet. Nach Berechnungen des CDU-Haushaltspolitikers Eckhardt Rehberg könnten die Bürger zudem unter anderem durch ein Abschmelzen des Solidaritätsbeitrags, geringere Krankenkassen- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge und mehr Kindergeld um bis zu 62,7 Milliarden bis 2021 entlastet werden.
dpa
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