Helmut Kohl (✝87): Sein Leben, sein Lieben, sein Leiden

Helmut Kohl kam aus einfachen bürgerlichen Verhältnissen - und prägte die deutsche Geschichte nachhaltig: der Report über sein politisches Vermächtnis und die tragischsten Momente.
Ludwigshafen - Bilder vom gemeinsamen Urlaub am Wolfgangsee oder beim Saumagen-Essen im Bungalow im Ludwigshafener Stadtteil Oggersheim: Helmut Kohl verstand es, seine Familie als heile Welt in Szene zu setzen. Doch nachdem die Spendenaffäre schon sein politisches Erbe befleckt hatte, wurden zuletzt auch die Abgründe hinter dieser vermeintlichen Familien-Idylle sichtbar, als seine Frau Hannelore sich am 5. Juli 2001 im Alter von 68 Jahren das Leben nahm.
Der 18-jährige Kohl hatte die damals 15-jährige Hannelore Renner 1948 bei einem Klassenfest in Ludwigshafen kennengelernt. 1960, als 30-Jähriger, heiratete er die Fremdsprachenkorrespondentin, die fortan ihren eigenen Ehrgeiz hintanstellte und ganz zur Frau an der Seite des aufstrebenden Politikers wurde. Dafür wurde sie in den 70er-Jahren, als der Feminismus kämpferisch das konservative Frauenbild bekämpfte, verspottet – doch die vermeintliche „Barbie von der Pfalz“ war eine kluge Frau, die sich fließend auf Englisch und Französisch mit Staatsgästen unterhalten konnte. 1963 kam Sohn Walter zur Welt, 1965 dann Peter.
Kohl selbst kam aus einfachen bürgerlichen Verhältnissen: Sein Vater war verbeamteter Steuersekretär, seine Mutter Hausfrau. Der Zweite Weltkrieg, die Not und der Tod seines älteren Bruders Walter in den letzten Kriegstagen hatten sich tief in seine Seele eingegraben. Auch seine Frau Hannelore Kohl hatte ein Kriegstrauma zu verarbeiten: In den letzten Kriegstagen wurde Hannelore Kohl im Alter von zwölf Jahren von sowjetischen Soldaten mehrfach vergewaltigt. Durch die Misshandlungen erlitt sie eine Wirbelverletzung, an der sie zeitlebens zu leiden hatte.
Zu diesem chronischen Schmerz kam dann ab 1960 und verstärkt ab 2000 auch noch eine seltene, schmerzhafte Lichtallergie. Diese Krankheit, Folge einer Penicilin-Unverträglichkeit, zwang Hannelore zuletzt zu einem Leben in Dunkelheit im gemeinsamen Haus in Oggersheim – auch für Kohl eine schwere Belastung. 2001 nahm sich Hannelore das Leben. Nach einer schweren Phase der Trauer fand er 2005 in der 34 Jahre jüngeren Maike Richter noch einmal ein neues Glück. Richter war 1994 bis 1998 Beamtin in der Wirtschaftsabteilung des Kanzleramtes – in dieser Tätigkeit lernte sie Kohl kennen. Ab 2005 waren sie ein Paar, 2008 heiratete er Maike. Von der Hochzeit erfuhren seine Söhne Walter und Peter nur durch ein Telegramm.
2011 schrieb Walter Kohl in einem Buch, dass für seinen Vater die wahre Familie nicht Frau und Kinder, sondern die CDU gewesen sei. Als Vater habe er versagt. 2013 sagte der Sohn, er habe sich mit seinem Vater versöhnt. Die Versöhnung sei aber „einseitig“ gewesen.

Maike Kohl-Richter wurde von verschiedenen Seiten verantwortlich gemacht für die Entfernung ihres Mannes von seinen Söhnen und alten Vertrauten wie seinem Fahrer „Ecki“ Seeber. Kohls früherer Ghostwriter Heribert Schwan erklärte Kohls zweite Ehefrau offen zu seinem „Feindbild“. Sie habe seine Arbeit mit Kohl beendet und die „Deutungshoheit“ über seine Kanzlerschaft angestrebt, sagte Schwan. Später verkehrten Kohl und Schwan nur noch über die Gerichte.
Seit Kohls Sturz 2008 wurden seine öffentlichen Auftritte selten. Bei einem Festakt zum 30. Jahrestag seiner ersten Kanzlerwahl im September 2012 bedankte er sich für die vielen Würdigungen – und bei denen, die ihn provoziert und herausgefordert hätten. Er sagte: „Es war eine fantastische Zeit.“
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Schwere Anschuldigungen gegen Angela Merkel: Der Sohn von Helmut Kohl macht die Bundeskanzlerin für den Tod seiner Mutter Hannelore mitverantwortlich. Zwei Jahre nach dem Tod des Einheitskanzlers veröffentlicht eine Berliner Immobilienmaklerin ein Buch - sie will viele Jahre lang die Geliebte des Kanzlers gewesen sein. 2019 packt sie über die geheime Affäre mit Helmut Kohl aus.
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