Sind Diesel-Autos noch zu retten? Das sind die möglichen Lösungen

Schmutzige Luft in den Städten sind ein Problem. Millionen Diesel-Autos in Deutschland drohen Fahrverbote. Gibt es eine Lösung? Ein Überblick über die Vorschläge und wo es hakt.
München - Beim Auto-Gipfel im Kanzleramt wollten Angela Merkel, Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und die Chefs deutscher Autokonzerne am Sonntagabend eine Lösung zur Diesel-Krise finden. Ist die Technologie noch zu retten? Wir erklären, welche Lösungsvorschläge es gibt – und wo die jeweiligen Haken sind.
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Hardware-Nachrüstung
Die Kanzlerin war anfangs gegen die Motoren-Nachrüstung. Doch laut Spiegel hat sie sich jetzt festgelegt, dass ältere Fahrzeuge mit Stickoxid-Katalysatoren nachgerüstet werden müssen. Sie habe Verkehrsminister Scheuer zur Vorlage einer gesetzlichen Lösung aufgefordert, damit umgerüstete Wagen der Euro-5-Klasse in Verbotszonen in Großstädten wie München fahren dürfen. Doch der CSU-Minister hat rechtliche, technische und finanzielle Bedenken gegen solch eine Nachrüstung.
Umtauschprämie
Deshalb plädiert der Verkehrsminister für eine Umtauschprämie: Die Hersteller sollten attraktivere Anreize bieten, damit Diesel-Fahrer ihre älteren Pkw gegen ein saubereres neues Auto umtauschen. Grünen-Chefin Annalena Baerbock lehnt das als „Belohnung“ für die Verfehlungen der Autoindustrie ab: Durch solch eine Umtauschprämie würden ausnahmslos diejenigen profitieren, die viel Geld oder einen Dienstwagen haben. Laut einem internen Arbeitspapier des Bundesumweltamts wäre solch eine Umtauschprämie in Bezug auf die Schadstoffbelastung der Innenstädte nahezu wirkungslos: „Eine Umtauschprämie würde im optimistischsten Fall lediglich eine Minderung der Stickoxid-Belastung um 0,7 Mikrogramm pro Kubikmeter bringen“, zitiert die Zeitung FAS aus dem Papier. Das sei ein verschwindend geringer Wert im Vergleich zur Gesamtbelastung, die in Städten wie Stuttgart oder München zwischen 73 und 78 Mikrogramm liegt.
Euro-6d-Norm ab 1. September 2019
Die Experten des Bundesumweltamts empfehlen deshalb: Falls ein neues Prämiensystem eingeführt werde, solle es nicht aus Steuergeldern bezuschusst werden und zudem nur für Neufahrzeuge der strengen Euro-6d-Norm gelten. Diese neue, strengere Abgasnorm tritt jedoch erst am 1. September 2019 in Kraft. Deshalb fürchtet das Bundesumweltamt, dass die Prämie zum Kauf von Autos der weniger strengen Euro-6c-Norm führen würde. Laut Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer geben 80 Prozent der Euro-6-Diesel im normalen Fahrbetrieb deutlich mehr Stickoxide ab als erlaubt. Zwar seien einzelne Euro-6-Diesel-Modelle verbessert worden. Aber erst seit etwa einem Jahr seien neuere Autos mit zum Teil besseren Werten im normalen Fahrbetrieb unterwegs.
Der ADAC bescheinigt sowohl den 6c- als auch den 6d-Dieseln eine „signifikante Schadstoffreduzierung“: Tests ergaben, „dass Euro-6d-TEMP-Diesel durchschnittlich 76 Prozent weniger Stockoxid ausstoßen als Euro-6b-Diesel und 85 Prozent weniger als Euro-5-Diesel“, so der ADAC. ADAC-Geschäftsführer Alexander Möller ist dennoch für Hardware-Nachrüstung statt für Umtauschprämien: „Nur die wenigsten Dieselfahrer sind in der Lage, kurzfristig auf einen Neuwagen umzusteigen. Deswegen bleibt es dabei, dass wir auch technische Nachrüstungen an Diesel-Pkws brauchen, wo das technisch machbar und wirtschaftlich sinnvoll ist.“
Minister Scheuer hatte sich gegen eine Nachrüstung für ältere Diesel ausgesprochen.
Probleme der Nachrüstung
Die Autokonzerne könnten sich juristisch gegen die Finanzierung solch einer Diesel-Hardware-Nachrüstung wehren, so- dass am Ende der Steuerzahler auf den Millionenkosten sitzen bleiben könnte. Eine Nachrüstung mit Katalysatoren kostet je nach Fahrzeug rund 3000 Euro. Autofahrer können nicht zur Nachrüstung gezwungen werden. Das Auto braucht danach mehr Sprit und verliert an Leistung, wie Tests zeigen.
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Sportwagenbauer Porsche beendet als erster deutscher Autokonzern die Produktion von Diesel-Fahrzeugen. „Die Dieselkrise hat uns viel Ärger bereitet“, so Porsche-Vorstandschef Oliver Blume in der BamS.
Porsche hat fast zehn Jahre Diesel-Fahrzeuge angeboten. Derweil steht jetzt auch Porsche im Verdacht, Manipulationen an Motoren vorgenommen zu haben – aber nicht wegen der Abgaswerte, sondern für einen „emotionalen Sound“, wie es Blume nennt. Mit einer „Emotionalisierungsfunktion“, die auf dem Prüfstand nicht aktiv sei, sei der Motorensound auf der Straße verbessert worden. „Im Einzelfall des 8-Zylinder-Cayenne EU5 wurde eine Motorladungssteuerung vom Kraftfahrt-Bundesamt als nicht gesetzeskonform eingestuft“, bestätigte der Porsche-Chef. Bei allen Fahrzeugen gebe es verschiedene Fahrstufen, die den Sound beeinflussen. Betroffen seien 13.500 Diesel-Fahrzeuge.
Übrigens: Diesel-Fahrverbote gelten ab 2019 in Stuttgart.
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Klaus Rimpel