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„Intellektuell untertourig“: Spitzenpolitiker in skurrilem Twitter-Clinch um Kühnert - einer wird persönlich

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Nach der Europawahl - Reaktionen SPD
Juso-Chef Kevin Kühnert steht im Mittelpunkt eines neuen Twitter-Zoffs unter Spitzenpolitikern. © dpa / Kay Nietfeld

In Berlin regiert gerade vor allem die Sommerpause. Auf Twitter begeben sich gleich vier bekannte Politiker in einen Verbalfight. Auslöser ist - mal wieder - das Thema Sozialismus.

Berlin - Was machen Politiker eigentlich im Sommerloch - wenn der Bundestag pausiert und nur die Parteichefs in den „Sommerinterviews“ ihren großen Auftritt bekommen? Viele dürften sich, wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU), konsequent in den Urlaub verabschieden. Andere greifen zum Smartphone, graben alte Konflikte aus und begeben sich in teils skurrile Wortgefechte auf Twitter. 

So etwa der CSU-Bundestagsabgeordnete Stefan Müller: Er hat am Montag Juso-Chef Kevin Kühnert in einem Tweet mit den Schlagworten „real existierender Sozialismus“, „DDR“ und „Kuba“ aufs Korn genommen. Kühnerts Konter ließ nicht lange auf sich warten - wenig später fanden auch noch die Parteifreunde Michael Grosse-Bröhmer (CDU) und Ralf Stegner (SPD) genügend freie Zeit um mitzumischen.

Kühnert auf Twitter: Kühler Konter auf Angriff von CSU-Abgeordnetem

Was war passiert? Streng genommen: Nichts. „Vielleicht sollte @KuehniKev nach Kuba reisen, um zu verstehen, was real existierender #Sozialismus aus einem Land macht“, twitterte Müller, vielleicht ja in Erinnerung an Franz Josef Strauß, den einstigen Vorkämpfer gegen den Sozialismus - und offensichtlich in Anspielung auf die Sozialismus-Thesen und ein neues Interview der SPD-Hoffnung mit dem Podcast Deutschland3000. „Dieser Flug wäre übrigens wirklich notwendig, weil horizonterweiternd“, bemühte sich Müller, auch noch die aktuelle Flugpreis-Debatte mit einzuflechten.

Kühnerts Replik fiel kühl aus - auch wenn der 30-Jährige auf eine persönliche Attacke verzichtete. Diese Art der politischen Debatte sei „ermüdend“, twitterte er. „Probieren Sie es doch, wenn Sie von ihrem Standpunkt so überzeugt sind, einfach mal mit einem Argument.“ Auch er zog ein Herzensthema in die Debatte. „Warum hört man Ihre DDR- und Kuba-Vergleiche eigentlich nie, wenn erwägt wird, auf Messengerdienste und Smart-Home-Geräte zugreifen zu lassen?“, fragte er Müller.

Skurriler Twitter-Clinch um Kühnert: Stegner nennt CSU-Posting „intellektuell ziemlich untertourig“

Der CSU-Mann verzichtete zunächst auf eine Antwort. Dafür mischte sich Grosse-Brömer ein, seines Zeichens immerhin Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Fraktion im Bundestag. „Ich glaube denen, die die ‚DDR‘ erlebt haben“, twitterte er.

Wenig später schlug dann auch SPD-Vize Stegner zu. Anders als Kühnert verzichtete er in seinem Kommentar zur Debatte auf die feine Klinge. „Das ist wirklich intellektuell ziemlich untertourig“, amüsierte er sich über Müllers Posting - Tränen lachender Emoji inklusive. 

Sommerloch in Berlin: Kühnert sprach über Sozialismus-Thesen - und Merkels Zittern

Das Verbalgefecht aus dem Sommerpausen-Off brachte kaum neue Erkenntnisse - zog auf dem Kurznachrichtendienst aber vergleichsweise große Kreise. Zusammengenommen erreichten die Politiker-Tweets weit mehr als 3.000 Gefällt-mir-Angaben sowie hunderte Kommentare und Retweets.

Auslöser war ein bereits am 16. Juli als Podcast veröffentlichter Talk mit ARD-Journalistin Eva Schulz. Darin sprach Kühnert unter anderem über den Streit anlässlich seiner „Sozialismus-Thesen“. „In einem sozialistischen Land würde es extreme Einkommensunterschiede nicht mehr geben“, sagte er. Von dem historisch vorbelasteten Begriff wolle er nicht lassen, auch wenn er in Sowjetunion oder auch DDR missbraucht worden sei.

In dem Gespräch äußerte sich Kühnert auch zu den Zitteranfällen von Kanzlerin Angela Merkel. Er zeigte - wie kurz zuvor schon Sahra Wagenknecht - Verständnis: Ihm sei bei Live-Schalten für das öffentlich-rechtliche Fernsehen Ähnliches widerfahren: „Dann wirst du zehn Minuten vorher auf so‘n Holzpodest gestellt, kannst da nicht mehr weg und da ist mir dann halt auch passiert, dass während des Interviews das rechte Bein angefangen hat wie blöde zu zittern“, erzählte er. „Ganz unangenehme Situation, aber auch ein ganz menschlicher Reflex.“

fn

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