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Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger im Interview: So tickt Bayerns mächtigster Bauer

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Hubert Aiwanger von den Freien Wählern.
Hubert Aiwanger von den Freien Wählern. © dpa / Matthias Balk

Hubert Aiwanger ist wohl einer der großen Gewinner der Landtagswahl in Bayern. Der Bauer könnte schon bald Vize-Ministerpräsident sein und spricht nun im Interview mit der tz.

München - Als die Freien Wähler (FW) 2008 erstmals den Sprung in den bayerischen Landtag schafften, wurden sie noch belächelt. Zu unerfahren - und dann dieser niederbayerische Dialekt beim Chef, Hubert Aiwanger! So einer ist doch nicht in der großen Politik vermittelbar! Der Bauer aus dem 50-Seelen-Ort Rahstorf (zum Ortsteil Inkofen der Stadt Rottenburg an der Laaber gehörend) hat es diesen Kritikern gezeigt. 

Seit er 2006 den Landesvorsitz der FW übernahm, wurde er mit Fleiß und starken Sprüchen zum Gesicht dieser bis dahin wenig homogenen, auf Lokalpolitik begrenzten Truppe. In Personalunion ist er bayerischer Landeschef, Landtagsfraktionschef und Bundesvorsitzender. Kritiker wie der FW-Ex-Spitzenkandidat zur Bundestagswahl, Stephan Werhahn, warfen Aiwanger „diktatorische Führungsverhältnisse wie in Kuba“ vor. 

Jetzt wird er wohl Vize-Ministerpräsident und strebt in einer künftigen CSU-FW-Regierung nach einem mächtigen Superministerium mit Verantwortung für Landesentwicklung und Heimat. Wie tickt Aiwanger, der zwei Kinder mit der Regensburger Landrätin Tanja Schweiger hat, wirklich? Die tz sprach mit dem neuen starken Mann der bayerischen Politik.

Lesen Sie hier alle Informationen zur Landtagswahl in Bayern 2018. 

Landtagswahl Bayern 2018: Hubert Aiwanger von den Freien Wählern im Interview

Was sind die Bereiche, die für Sie in Koalitionsverhandlungen die Hauptknackpunkte sein werden?

FW-Chef Hubert Aiwanger: Wir wollen die kostenfreie Kita, die nächsten Jahre darf es keine Krankenhaus- oder Geburtsklinik-Schließungen mehr geben. Wir lehnen die Dritte Startbahn ab. Und wir brauchen einen anderen Politikstil: Ich würde regelmäßig Gespräche mit allen Landtagsfraktionen anberaumen - reihum. Wenn die gute Ideen haben, die in unsere Programmatik passen, würde ich das umsetzen und nicht sagen: Die nächsten fünf Jahre habt ihr jetzt still zu sein! Wir sind ja selber zehn Jahre lang als Deppen hingstellt worden - das will ich anderen nicht zufügen. In der Wohnungspolitik muss sehr viel mehr am Land passieren, um die Städte zu entlasten.

Bedeutet das, dass wir in der Großstadt noch mehr vernachlässigt werden?

Aiwanger: Im Gegenteil! Die Politik, München aufzublasen, hat sich als Fehler erwiesen. Mittlerweile ersticken die Städte am eigenen Erfolg, am eigenen Wachstum. Es nützt nichts, noch mal massiv in München zu investieren. Wir müssen das Land stärken, damit Firmen wieder verstärkt rausziehen, damit nicht so viele Neubürger reinkommen. Nur so können wir die Lebensqualität verbessern.

Im Wahlkampf hat Söder ein milliardenschweres München-Konzept vorgelegt. Das wollen Sie also stoppen?

Aiwanger: Das muss man im Detail anschauen, was er hier alles versprochen hat. Wir sagen durchaus, dass wir gezielte Ertüchtigungen des Verkehrs brauchen, der Außenäste bei den S- und U-Bahnen. Bei der zweiten Stammstrecke wollen wir sehen: Bleibt das Ding finanzierbar oder werden hier nur Milliarden vergraben? Lieber gezielte Wohnungsbau-Programme als wenn Söder mit seinem Bavaria-One-Programm ein paar tausend neue Studienplätze reinklatscht und so die Wohnungsnot weiter verschlimmert.

Welche Ministerien werden Sie beanspruchen?

Aiwanger: Das steht erst am Ende von Koalitionsgesprächen. Wir haben ein Drittel der CSU-Stimmen, daraus ergibt sich die Zahl der Ministerien. Das können drei große Ministerien mit Staatssekretären sein oder fünf kleine. Wir haben jedenfalls mehr geeignetes Personal als entsprechende Posten.

Sie haben Markus Söder im Wahlkampf als „größenwahnsinnig“ bezeichnet. Wird das die Koalitionsverhandlungen belasten?

Aiwanger: Nein, da sind wir alle Profis genug. Ich stehe weiter dazu, dass Söder Dinge auf den Weg gebracht hat, über die man nur den Kopf schütteln kann. Ich denke nur an sein Weltraumprogramm Bavaria One. Er hat auch wenig Schmeichelhaftes über mich gesagt. Aber das ist Schnee von gestern.  

In den Medien werden Sie als „pudelzahme Ersatz-CSU“ bezeichnet. Wird mit Ihnen in Bayern alles so weitergehen wie bisher?

Aiwanger: Laut bayerischer Verfassung müssen wir in vier Wochen eine Regierung hinbekommen, wir könnnen uns wochenlangen Zoff wie in Berlin gar nicht erlauben. Mit Pragmatismus und einem vernünftig-kollegialen Stil können wir mehr bewegen, als wenn wir wie in Berlin jeden Tag am Rande des Koalitionsbruchs stehen.

Die FDP klagte ja nach der ersten CSU-Koalition, sie sei von wichtigen Informationen abgeschnitten worden.

Aiwanger: Wir sind faire Verhandlungspartner. Wenn wir aber den Eindruck haben, dass die uns an die Wand fahren wollen, dass die uns verarschen wollen, auf gut Deutsch g’sagt, dann werden wir aussteigen. Dann gibt‘s halt Neuwahlen.

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