Nach Ernennung Kanibers zur Ministerin: „Männer müssen lernen, auf das zu hören, was eine Frau sagt“

Die Agrarbranche reibt sich verwundert die Augen: Mit der Ernennung von Michaela Kaniber zur Agrarministerin hat Ministerpräsident Markus Söder alle überrascht. Weder im Fachministerium noch im Bauernverband hatte man mit der Oberbayerin gerechnet.
München – Michaela wer? Dass der neue Ministerpräsident die 40-jährige Steuerfachangestellte Michaela Kaniber aus Bad Reichenhall zur bayerischen Landwirtschaftsministerin machen würde, das hatten wohl nur die wenigsten auf dem Schirm. Im bisherigen „Brunner“-Ministerium konnte man mit dem Namen eben so wenig anfangen wie im Bayerischen Bauernverband. „Wir können noch gar nichts sagen, wir kennen sie nicht“, hieß es zunächst aus dem Generalsekretariat.
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In der Agrarpolitik schlägt offenbar die Stunde der Frauen: Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte gerade erst die 45-jährige Julia Klöckner (CDU) zur Bundesagrarministerin gemacht, im bayerischen Nachbarland Österreich ist die erst 39 Jahre alte Elisabeth Köstinger zuständig für Landwirtschaft. Ob es den Frauen besser gelingt, die immer schwieriger werdenden Debatten zwischen Verbrauchern und Erzeugern zu moderieren? Lösungen zu finden im Streit um Tierwohl, Einsatz von Düngemitteln oder Pflanzenschutz?
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Kanibers Ernennung zur Ministerin wird positiv aufgenommen im Bauernverband
„Wir haben gute Erfahrungen mit Frauen in der Landwirtschaft gemacht“, sagt Bayerns Bauernpräsident Walter Heidl auf Nachfrage und verweist auf Ilse Aigners Zeit als Bundesagrarministerin (2008 bis 2013). Die schwierigen Jahre mit der Grünen Agrarministerin Renate Künast (2001 bis 2005) sind sicherlich nicht dazuzuzählen. Aber mit „der Ilse“, da hat es schon gepasst.
„Wir haben keine Berührungsängste“, sagt Heidl in Bezug auf Michaela Kaniber. Sie komme aus einer Region, in der man die Bedeutung der Landwirtschaft für die Kulturlandschaft kenne. „Ich gehe davon aus, dass sie ein Gespür hat für die Bedeutung der flächendeckenden Landwirtschaft.“ Persönlich kennt er sie (noch) nicht. Das Glückwunschschreiben ging freilich kurz nach der Ernennung raus. So schnell wie möglich wird der Austausch gesucht.
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Passenderweise kommt Heidl gerade von einem Festakt mit vielen Frauen: Die Landfrauengruppe im Bayerischen Bauernverband feierte am Mittwoch in Herrsching ihr 70-jähriges Bestehen. Schlägt nun die Stunde der Frauen in der Landwirtschaft? Heidl betont: „Satzungsmäßig ist es heute schon möglich, dass eine Frau Bauernpräsident wird.“ Aber er könne nicht Landesbäuerin werden, schiebt er lachend nach. Und immerhin: Im Landkreis Regen gibt es schon eine stellvertretende BBV-Kreisvorsitzende – von den Männern gewählt.
„Männer werden lernen müssen, auch mal auf das zu hören, was eine Frau sagt.“
Trotzdem gab es innerhalb der Landfrauen immer wieder Versuche, die Frauen weiter aufzuwerten. Etwa die Landesbäuerin „Präsidentin“ zu nennen. Eine von denen, die dafür gekämpft haben, ist Silvia Schlögel (49) aus Peiting (Kreis Weilheim-Schongau). Zehn Jahre war sie Kreisbäuerin, 2017 ist sie nicht wieder angetreten. „Wow, in Bayern eine Landwirtschaftsministerin“ – Schlögel kann es kaum glauben. Und das ausgerechnet in dem bayerischen Ministerium mit den meisten Männern. Die Milchbäuerin lacht. Die Herren im Bauernverband werden sich ihrer Meinung nach umstellen müssen: „Unsere Männer werden lernen müssen, auch mal auf das zu hören, was eine Frau sagt.“
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Beim Treffen der Kreisobmänner und Kreisbäuerinnen am 3./4. Mai in Herrsching könnte Kaniber erstmals auf die versammelte Leitungsebene des BBV treffen. Da würde sich zeigen, ob in die bayerische Agrarpolitik wirklich Frauenpower einzieht. Und ob sich Michaela Kaniber schon einen Namen gemacht hat.
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