Merkel warnt Türkei vor Wiedereinführung der Todesstrafe

Berlin - Das Thema Türkei wird Kanzlerin Merkel so bald nicht los: Sie verteidigt sich gegen Vorwürfe der Erpressbarkeit - und warnt Erdogan vor der Rückkehr zur Todesstrafe.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Vorwürfe zurückgewiesen, durch das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei erpressbar zu sein. Sie sagte dem Kölner Stadt-Anzeiger, sie sei „als Bundeskanzlerin völlig frei, das, was wir an bedenklichen Entwicklungen in der Türkei beobachten, auch klar auszusprechen“. Dies gelte „nicht nur öffentlich, sondern vor allem auch im direkten Gespräch mit der türkischen Regierung“.
Es dürfe auch nicht übersehen werden, dass das EU-Türkei-Abkommen auch im Interesse der Türkei liege, weil damit die kriminellen Schleuserstrukturen an der türkischen Küste bekämpft würden. Die Schleuser könnten nun „bei weitem nicht mehr so agieren“ wie bisher. Da die Türkei drei Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen habe, sei es „ganz richtig, dass die EU jetzt finanziell dabei Hilfe leistet“, wie es das Abkommen vorsehe.
„Gutes Verhältnis zur Türkei in unserem Interesse“
Mit Blick auf das erfolgreiche Referendum über die Einführung eines Präsidialsystems sprach sich Merkel für einen abgewogenen Umgang mit der Türkei aus. „Wir müssen klar sein in unserer Kritik, keine Frage, und genauso müssen wir auch klug sein, denn ein gutes Verhältnis zur Türkei liegt in unserem eigenen Interesse“, sagte sie. Die Wiedereinführung der Todesstrafe würde allerdings den EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei „die Grundlage entziehen“.
Merkel betonte, das Präsidialsystem habe bei den in Deutschland lebenden Türkischstämmigen keine Mehrheit gehabt. "Weniger als die Hälfte der wahlberechtigten Türkischstämmigen hat in Deutschland abgestimmt, und von denen haben dann zwei Drittel mit Ja gestimmt. Die Mehrheit der in Deutschland lebenden Türkischstämmigen ist das jedenfalls nicht", sagte sie.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte nach dem Sieg beim Referendum angekündigt, das Thema Todesstrafe wieder auf die Tagesordnung zu setzen. Eine Wiedereinführung gilt in der EU allerdings als rote Linie, die nicht überschritten werden darf.
Merkel gegen ein Islamgesetz
Merkel (CDU) sprach sich unterdessen auch dagegen aus, die doppelte Staatsbürgerschaft zum Wahlkampfthema zu machen. "Eine Wahlkampfkampagne wie 1999 wird der Doppelpass nicht werden", sagte sie. Der CDU-Parteitag im Dezember hatte sich gegen den Willen Merkels dafür ausgesprochen, die 2014 eingeführte Doppelpass-Regelung rückgängig zu machen. Mit ihr war insbesondere für in Deutschland geborene Kinder türkischer Eltern die doppelte Staatsbürgerschaft erleichtert worden.
Auch ein von einigen Parteikollegen gefordertes Islamgesetz lehnt die Kanzlerin ab. "Ich halte nichts von einem Gesetz für eine bestimmte Religionsgemeinschaft", sagte sie. Die Islamkonferenz sei eine gute Möglichkeit, die Integration von Muslimen in Deutschland zu verbessern.
dpa/AFP/fn