Orban sieht sich bei Schweden und Finnland „in der Pflicht“ - Lässt Erdbeben auch Türkei-Blockade bröckeln?
Schweden und Finnland wollen wegen des Ukraine-Kriegs in die Nato - nur die Zustimmung Ungarns und der Türkei fehlt. Orban will das jetzt ändern, und auch Erdogan scheint sich zu bewegen.
Budapest - Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat das Parlament seines Landes dazu aufgefordert, die Aufnahme von Schweden und Finnland in die Nato zu unterstützen. „Da sind wir moralisch in der Pflicht“, sagte er im staatlichen Rundfunk. Auch Ungarn habe man 1999, zehn Jahre nach dem Ende des Kommunismus, bereitwillig in das Verteidigungsbündnis aufgenommen.
Schweden und Finnland hatten infolge des Ukraine-Kriegs bereits im Mai 2022 die Nato-Mitgliedschaft beantragt. Aufgenommen werden können sie allerdings nur, wenn alle der derzeit 30 Nato-Mitglieder die Beitrittsprotokolle ratifizieren. Gerade bei Schweden sah es nicht danach aus - Finnland schien bessere Chancen zu haben.
Schweden und Finnland in die Nato: Zustimmung Ungarns gilt als gesichert
Ungarn ist neben der Türkei das letzte Nato-Land, das die Beitritte der beiden nordeuropäischen Staaten noch nicht ratifiziert hat. Nach langer Wartezeit soll das ungarische Parlament nun am kommenden Mittwoch (1. März) darüber beraten. Das geht aus der Tagesordnung hervor, die das Parlament am Mittwochabend auf seiner Webseite veröffentlichte.
Über die Annahme der Beitrittsprotokolle soll es dann in der Woche ab dem 6. März abstimmen. Die Zustimmung gilt als gesichert: Sowohl Orbans rechte Regierungsmehrheit als auch die linke und liberale Opposition dürften nach bisherigem Wissensstand dafür stimmen. Orban hatte den Angriff Russlands auf die Ukraine zwar verurteilt, pflegt aber weiterhin ein gutes Verhältnis zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Auch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan verbinden ihn freundschaftliche Beziehungen.

Nato-Erweiterung: Gibt Türkei Blockade wegen Erdbeben-Folgen auf?
Die Türkei blockiert die Beitritte bisher offen. Erdogan verlangt von den beiden Ländern unter anderem die Auslieferung von kurdischen Aktivisten, die er als „Terrorverdächtige“ bezeichnet. Generalsekretär Jens Stoltenberg hat am Freitag (24. Februar) einen Neustart der Gespräche mit der Türkei angekündigt. Er habe vergangene Woche ein gutes Gespräch mit Erdogan geführt, sagte er. Man werde die Beratungen wieder aufnehmen und Mitte März ein Treffen zwischen Finnland, Schweden und der Türkei in Brüssel einberufen. Dann solle darüber beraten werden, wie der Beitrittsprozess abgeschlossen werden könne.
Hintergrund könnte laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung auch sein, dass die Türkei nach dem schweren Erdbeben plötzlich auf Hilfe der Nato-Partner angewiesen ist. Dies trage möglicherweise zu einer Zustimmung der Nato-Norderweiterung mehr bei als alle Bemühungen und Verhandlungen zuvor.
Türkei gegen Nato-Beitritt von Finnland und Schweden: Tauwetter kündigt sich an
Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson kündigte bereits am Donnerstag (23. Februar) neue Gespräche zwischen Schweden und der Türkei für März an. Zuvor hatte sich nach wochenlanger Funkstille bereits Hoffnungslosigkeit breit gemacht, dass Erdogan seine Blockade hinsichtlich Schwedens jemals aufgeben werde.
Stoltenberg betonte nun, dass es seiner Meinung nach an der Zeit sei, den Beitritt beider Länder zu bestätigen. Das Wichtigste sei jedoch nicht, dass Finnland und Schweden zeitgleich, sondern dass sie so schnell wie möglich beträten. (dpa/smu)