Richterin legt sich fest: Keine Zwangshaft für diese bayerische Ministerin

Der Freistaat weigert sich Luftreinhaltungspläne einzuhalten. Die Deutsche Umwelthilfe klagt dagegen am Verwaltungsgericht München und fordert eine Zwangshaft für die zuständige Ministerin. Gleich zu Beginn hat sich die zuständige Richterin dazu geäußert.
München - Das Gericht hat gleich zu Beginn klar gemacht, dass Umweltministerin Ulrike Scharf keine Haft drohe. Stattdessen soll die Vorsitzende Richterin Martina Scherl laut BR erklärt haben, dass noch nicht klar sei, dass der Freistaat nicht einlenken werde. Immerhin habe er eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München entworfen. Möglicherweise werde er später in Abstimmung mit der Landeshauptstadt die Umweltzone erweitern.
Die Richterin erwägt aber ein erneutes Zwangsgeld von 4000 Euro. Die Entscheidung sollte am Nachmittag gegen 14.00 Uhr den Parteien zugestellt und dann veröffentlicht werden.
Massive Kritik am Vorgehen der Regierung
Der Anwalt der Deutschen Umwelthilfe (DUH) bezeichnete das dem Bericht nach als "Optimismus des Gerichts, den ich als Naivität begreifen würde".
Das Verwaltungsgericht kritisierte den Freistaat aber auf massive Weise für sein Vorgehen: Der bayerische Verwaltungsgerichtshof habe den Freistaat zu einem Konzept für Fahrverbote verpflichtet, damit der Stickoxid-Grenzwert eingehalten werden könne, kritisierte Richterin Scherl am Montag. Es sei völlig neu „und auch ein Unding“, dass eine öffentliche Körperschaft Urteile missachte.
„Mit allgemeinen Blabla“ und „so einer halben Larifari-Seite“ im Luftreinhalteplan sei es nicht getan, kritisierte sie.
Darum geht es im Streit um das Diesel-Fahrverbot:
Geht es nach dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, soll der Freistaat Dieselfahrverbote für die Stadt München vorbereiten. Doch der weigert sich, zum Unmut der Deutschen Umwelthilfe, die nun ein Zwangsgeld von bis zu 25.000 Euro oder sogar Zwangshaft gegen Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) beantragt hatte.
"Es stellt sich doch die Frage, ob unser Rechtsstaat noch funktioniert, wenn der Staat sogar die Zwangsgelder mittlerweile zahlt, aber trotzdem die damit verbundenen Maßnahmen nicht ergreift. Wir bewegen uns in Bayern auf eine Bananenrepublik zu“, sagte Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutsche Umwelthilfe, laut BR vor der Verhandlung.

Dem Radiosender Antenne Bayern sagte er zudem, dass sich der Antrag auf Zwangshaft möglicherweise sogar gegen Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) richten könnte.
Huber: Fahrverbote gefährden „Versorgung der Menschen“
Die Staatsregierung hält dagegen, dass Fahrverbote „nicht zielführend“ seien, so Staatskanzleichef Marcel Huber im BR. „Wir sehen bei einem pauschalen Dieselfahrverbot eine ernsthafte Gefährdung der Versorgung der Menschen hier vor Ort. Und wir haben eine Situation, in der sehr viele Menschen im Ballungsraum München auch beim Berufsverkehr noch auf Dieselfahrzeuge angewiesen sind."
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Der Verwaltungsgerichtshof hatte den Freistaat verpflichtet, noch 2017 die Straßen aufzulisten, auf denen der Stickstoffdioxid-Grenzwert der EU überschritten wird, und außerdem ein Konzept für Fahrverbote vorzulegen. Aber der kürzlich veröffentlichte Luftreinhalteplan sieht weiterhin keine Fahrverbote vor. Sie wären nicht vollziehbar und würden den Verkehr nur auf andere Straßen verlagern, erklärten die Behörden. Ob kommunale Fahrverbote überhaupt zulässig sind, klärt ab 22. Februar das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
Mehr als 40 Prozent aller Stadtautos fahren mit Dieselkraftstoff
Zuständig für die Luftreinhaltepläne in den Kommunen sind die Länder. Die DUH hatte gegen den Freistaat bereits im vergangenen Jahr ein Zwangsgeld in Höhe von 4000 Euro erwirkt.
Die EU hat für die Luft an Straßen eine Stickoxid-Belastung von 40 Mikrogramm im Jahresmittel als Höchstwert festgesetzt. Dieser Grenzwert wird in der Landshuter Allee und am Stachus überschritten. An der Landshuter Allee werden gut 40 Prozent der Stickoxide von Diesel-Autos verursacht. In der Stadt und im Landkreis München sind rund 390 000 Dieselautos zugelassen. Das sind mehr als 40 Prozent aller Autos.
Oberbürgermeister Reiter fordert die blaue Plakette
Die Grenzwerte für das Reizgas Stickstoffdioxid werden auch in anderen bayerischen Städten seit Jahren überschritten: in Augsburg, Nürnberg, Regensburg und Würzburg, aber bei weitem am stärksten in München.
Dieter Reiter (SPD), Oberbürgermeister der Landeshauptstadt, sagte, wenn Fahrverbote kämen, brauche es eine blaue Plakette. Nach der roten, gelben und grünen Plakette sollen mit der blauen besonders schadstoffarme Fahrzeuge ausgestattet werden, die dann als einzige Diesel in bestimmte Umweltzonen in Städten einfahren dürften. Reiter: „Nur so kann verhindert werden, dass alle Autofahrer ausgesperrt werden.“
mke, dpa