Schulz als SPD-Hoffnungsträger: So turbulent waren seine ersten Monate

Berlin - Zunächst galt er als der große Heilsbringer der SPD, mittlerweile ist die Begeisterung um den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz jedoch deutlich abgekühlt. Doch warum? Wir blicken zurück.
Die ersten Monate mit Martin Schulz an der Spitze waren für die SPD ein Wechselbad der Gefühle. Nach der Anfangseuphorie herrscht in der Partei nach drei enttäuschenden Landtagswahlen Krisenstimmung. Ein Überblick über den bisherigen Weg des sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten.
24. November 2016: Nach mehr als zwei Jahrzehnten in der Europapolitik kündigt Schulz an, seinen Posten als EU-Parlamentspräsident aufzugeben und nach Berlin zu wechseln. Auf Platz eins der SPD-Landesliste Nordrhein-Westfalen will er für den Bundestag kandidieren. Spekulationen um eine mögliche Kanzlerkandidatur von Schulz gibt es schon damals, noch gilt aber Parteichef Sigmar Gabriel als der wahrscheinlichste Herausforderer von Angela Merkel (CDU).
24. Januar 2017: Gabriel erklärt angesichts schwacher Umfragewerte von um die 20 Prozent seinen Verzicht auf Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur, für beide Posten schlägt er Schulz vor. Die Entscheidung kommt selbst für viele aus der sozialdemokratischen Führungsriege völlig unerwartet. Bei einer Pressekonferenz lassen Gabriel und Schulz wissen, dass sie sich wenige Tage zuvor nach einer "sehr offenen Analyse der Ausgangslage" auf die personelle Neuaufstellung geeinigt hätten.
29. Januar 2017:
Der SPD-Vorstand schlägt Schulz
einstimmig als Kanzlerkandidaten und künftigen Parteivorsitzenden vor
. In seiner Antrittsrede gibt dieser das Ziel eines Regierungswechsels aus und verspricht, Gerechtigkeitsthemen in den Mittelpunkt seiner Politik zu stellen.
Februar 2017: Die SPD holt in der Wählergunst deutlich auf und schiebt sich in einigen Umfragen sogar vor die Union. In der Frage, wen die Deutschen lieber als Kanzler hätten, überholt Schulz Amtsinhaberin Merkel. Die Euphorie um den in der Bundespolitik unverbraucht wirkenden Kandidaten beschert der Partei tausende Neueintritte. Die Union wirft Schulz vor, sich inhaltlich nicht zu positionieren.
20. Februar 2017: Auf einer SPD-Arbeitnehmerkonferenz in Bielefeld spricht sich Schulz für Korrekturen an den unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder durchgesetzten arbeitsmarktpolitischen Reformen der Agenda 2010 aus. Später legt er dazu ein Konzept vor, das eine längere Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld mit beruflicher Weiterbildung verknüpft.
19. März 2017: Schulz wird auf einem Sonderparteitag der SPD bejubelt und mit 100 Prozent zum neuen Vorsitzenden gewählt. Die Delegierten machen ihn auch offiziell zum Kanzlerkandidaten. "Ich glaube, dass dieses Ergebnis der Auftakt zur Eroberung des Kanzleramtes ist", sagt Schulz. In Umfragen steht die SPD weiter stabil über 30 Prozent auf Augenhöhe mit der Union.
26. März 2017: Bei der Landtagswahl im Saarland bleibt die SPD mit 29,6 Prozent hinter den eigenen Erwartungen zurück. Die CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer wird klar wiedergewählt. Schulz macht regionale Besonderheiten für das Ergebnis verantwortlich und gibt sich kämpferisch: "Wahlkämpfe sind Dauerläufe und keine Sprints."
April 2017: Die SPD setzt weitere inhaltliche Akzente, etwa ein Konzept für die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Während Schulz zu Wahlkampfterminen durch die Republik fährt und wenig bundespolitische Präsenz zeigt, fallen die Umfragewerte für die Sozialdemokraten wieder unter die Marke von 30 Prozent.
7. Mai 2017: Die Sozialdemokraten sacken bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein auf gut 27 Prozent ab und liegen fünf Prozentpunkte hinter der CDU. Das bisherige Regierungsbündnis des SPD-Ministerpräsidenten Torsten Albig mit Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) verliert im Kieler Landtag die Mehrheit.
14. Mai 2017: Auch im SPD-Stammland Nordrhein-Westfalen gibt es eine krachende Niederlage. Die rot-grüne Regierung wird abgewählt, Ministerpräsidentin Hannelore Kraft tritt noch am Wahlabend als SPD-Landeschefin und stellvertretende Bundesvorsitzende zurück. Nach 39,1 Prozent vor fünf Jahren erzielt die NRW-SPD nur noch 31,2 Prozent.
AFP