SPD: Die Troika soll's richten

Potsdam - Auf ihrer Vorstandsklausur lässt sich die SPD bescheinigen, sie sei auf dem richtigen Weg. Doch der Weg zurück an die Macht wird schwer. Eine große Koalition wollen die Genossen nicht.
Etwas verloren sitzt Peer Steinbrück am Frühstückstisch mit Seeblick. Als einer der letzten macht er sich am Montag auf zum Konferenzraum Bellevue. Steinbrück gehört zwar gar nicht mehr dem SPD-Parteivorstand an, der frühere Finanzminister darf aber trotzdem an der Vorstandsklausur auf einer Halbinsel in Potsdam teilnehmen. Denn er ist eine Schlüsselfigur bei dem Ziel der Sozialdemokraten, im Herbst 2013 wieder ins Kanzleramt einzuziehen.
Die SPD hofft, dass ihr Dreigestirn aus Steinbrück, Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Parteichef Sigmar Gabriel bis zum Wahltag weiter an einem Strang zieht. Doch genau dies ist eine der vielen Unbekannten, die es einigen SPD-Vorderen so schwer macht, daran zu glauben, erstmals seit 2002 wieder stärkste Kraft vor CDU/CSU zu werden. Was passiert, wenn spätestens 2013 der Kanzlerkandidat gekürt wird? Unterstützen die beiden anderen der Troika wirklich uneingeschränkt den Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel?
Die Geschichte der Troikas in der SPD ist oft eine Geschichte der Metamorphose von demonstrativer Einigkeit zu Machtkämpfen gewesen - angesichts der Beliebtheit besonders von Steinbrück und Steinmeier hofft die Partei, dass auch mal das Gegenteil bewiesen werden kann. Denn bei den wichtigen Punkten Einigkeit und Glaubwürdigkeit hat die SPD laut Demoskopen seit dem Wahldebakel 2009 stark zugelegt.
Sie waren die Chefs der SPD
Das Problem: Durch die Omnipräsenz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Europa und ihre Botschaft, kein deutsches Geld werde zum Fenster rausgeworfen, hat die Union beim womöglich wahlentscheidenden Thema Euro weit bessere Kompetenzwerte als die SPD. Und das, obwohl Merkel in der Eurokrise auch einige SPD-Vorschläge übernommen hat.
Die zur Klausur eingeladene Autorin Julia Friedrichs (“Deutschland dritter Klasse - Leben in der Unterschicht“) lässt die SPD-Spitze zudem wissen, dass die SPD eigentlich eine wählbare Partei für sie sei, wären da nicht rot-grüne Reformen wie Hartz IV und die Ausweitung prekärer Niedriglohnverhältnisse. Besonders in ihrer Altersgruppe zwischen 30 und 45 Jahren hat die SPD ein Problem. Hier soll eine Beteiligung der Bürger beim Erarbeiten des Wahlprogramms helfen, um durch eine solche Öffnung neue Wähler zu erschließen.
Gabriel und Generalsekretärin Andrea Nahles haben das Traditionsthema Gerechtigkeit zum Leitmotiv für den Wahlkampf 2013 erkoren. Etwa gleiche Bezahlung für Festangestellte und Leiharbeiter und mehr Fesseln für die Finanzmärkte. Nahles sagt, bei Steuern und Gesundheit gebe es klare Unterschiede zu Schwarz-Gelb: “Die Vermögenden müssen einen gerechten Lastenausgleich mittragen“. Und sie betont, es werde nichts mehr versprochen, was nicht zu halten ist. “Es darf uns nie wieder passieren, dass wir gegen eine Mehrwertsteuererhöhung in den Wahlkampf ziehen und sie dann nach der Wahl um drei Prozentpunkte erhöht wird“, sagt Nahles mit Blick auf 2005.
Ziel soll Rot-Grün sein
Nach der Ankündigung von Gabriel, keinen Lagerwahlkampf gegen die schwer zu stellende Kanzlerin Merkel zu führen, ist die SPD bemüht, den Eindruck zu verwischen, man stelle sich auf eine große Koalition ein. “Sehnsucht nach großen Koalitionen hat in der SPD niemand“, betont der Parteilinke Ralf Stegner. Nahles sagt: Das Ziel sei klar Rot-Grün. “Jede Spekulation über eine große Koalition ist absurd.“
Die SPD leidet derzeit aber darunter, dass für viele Wähler die Unterschiede zur Union immer weiter verschwimmen. So will Merkel nun zumindest eine Art Mindestlohn “light“. Und sie könnte eine von der SPD seit Jahren geforderte Finanzmarktsteuer auch nur in der Eurozone einführen - wenn die FDP dies nicht blockieren würde.
Steinmeier rät zu Gelassenheit, trotz des derzeit deutlichen Umfragerückstands von etwa fünf Prozentpunkten auf die Union. Schließlich könne man im Saarland und in Schleswig-Holstein mit Heiko Maas und Torsten Albig zwei weitere SPD-Ministerpräsidenten stellen. “Das wäre ein gutes Signal für die Bundestagswahl im nächsten Jahr.“ In der Partei wird darauf verwiesen, dass alles im Fluss sei, schließlich sei 2011 noch über einen grünen Kanzler diskutiert worden.
Daher will die SPD mit inhaltlicher Kärrnerarbeit in diesem Jahr überzeugen - und weiter bei Schwarz-Gelb den Finger in die Wunde legen. “Wir müssen schwankende und enttäuschte Wähler mit Inhalten und Personalangebot überzeugen“, sagt Steinbrück. Nur die richtige Mischung kann der SPD den Weg zurück an die Macht ebnen.
dpa