1. rosenheim24-de
  2. Politik

„Nicht alle sollten wählen“: US-Republikaner schrauben nach Trump am Wahlrecht

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Anna-Katharina Ahnefeld

Kommentare

Seit der Niederlage bei den US-Wahlen arbeiten Republikaner eifrig daran, das Wahlrecht restriktiver zu machen. Sie unterwerfen sich Trumps „Big Lie“.

Washington, D.C. - "Georgia on my mind", sang einst der Schwarze US-Sänger Ray Charles. Der zuletzt traditionell republikanisch wählende US-Bundesstaat spielte bei den US-Wahlen 2020 eine entscheidenden Rolle. Joe Biden gewann den "Pfirsich-Staat" zwar knapp, aber er gewann ihn. Als erster demokratischer Kandidat seit 1992. Zu verdanken hatte er das unter anderem der hohen Wahlbeteiligung der Schwarzen Community - und womöglich der Schwarzen US-Demokratin Stacey Abrams*, die jahrelang Afroamerikaner:innen dazu mobilisierte, ihr Wahlrecht in Anspruch zu nehmen.

Als Reaktion erließen die Republikaner des Staates eine höchst umstrittene Wahlrechtsreform, die den Prozess der Stimmabgabe angeblich sicherer machen soll. Aus Sicht der Demokraten zielt der Schritt jedoch auf die Unterdrückung unliebsamer Minderheits-Stimmen ab. Denn die Wählerschaft der „Grand Old Party“ ist mehrheitlich älter und weiß.

In zahlreichen US-Bundesstaaten unternimmt die Republikanische Partei aktuell den Versuch, das Wahlrecht zu verändern. Für viele ein Beweis dafür, dass die Partei noch immer die sogenannte „Big Lie“ verteidigt: Die unbelegte Behauptung Donald Trumps, die Wahlen seien gefälscht worden. Damit würden die Republikaner ihr Schicksal weiter an den Ex-Präsidenten knüpfen. Aus den eigenen Reihen kommt in Person von Liz Cheney Widerstand - sie könnte bald ein hartes politisches Schicksal ereilen.

US-Wahlen 2020: Rekord-Wahlbeteiligung - so divers wie niemals zuvor

Bei den US-Wahlen 2020* war die Wählerschaft so divers wie niemals zuvor. Knapp 40 Prozent der Biden-Harris-Wähler:innen waren People of Color; für Trump stimmten nur 15 Prozent der Wähler:innen aus dieser Gruppe. Es gab eine Rekord-Wahlbeteiligung der asiatischen und lateinamerikanischen Communities. Die Zahl an wählenden Schwarzen US-Amerikaner:innen stieg ebenfalls wesentlich an. Das belegt die Wählerdatenbank der Non-Profit Organisation Catalist in Washington.

Erkennbar ist: Der demografische Wandel schlug sich deutlich nieder. Während Donald Trump in seiner Amtszeit an den rassistischen Grundsatz der "white supremacy" festhielt - und ein großer Teil der Republikanischen Partei dies noch immer tut -, werden die Vereinigten Staaten bunter. Das Center for American Progress in Washington und andere Denkfabriken nehmen an, dass die weiße Bevölkerung bereits in den 40er-Jahren in der Minderheit sein wird.

Die junge Bevölkerung fiel ebenfalls durch eine hohe Wahlbeteiligung auf. Es ist eine Entwicklung, die die Republikaner in Bedrängnis bringt. In republikanisch regierten Staaten wird nun massiv an Änderungen des Wahlrechts gearbeitet. Beobachter:innen zufolge haben diese zum Ziel, People of Color das Wählen zu erschweren und die Stimmen der Minderheiten zu unterdrücken. Das Brennan Center for Justice zählt mehr als 360 Gesetzesvorhaben in 47 US-Bundesstaaten, die das Wahlrecht einschränken wollen. Die beginnen, in Kraft zu treten. Zwar starteten die Demokraten unter US-Präsident Joe Biden zahlreiche Vorhaben, das Wahlrecht zu vereinfachen. Besonderes Gewicht hat dabei das „H.R.1 - For the People Act of 2021“, das das Wahlrecht in den USA revolutionieren würde. Doch die Chance, dieses Gesetz durch den Senat zu bekommen, ist gering.

In den US-Bundesstaaten hat überwiegend die Republikanische Partei legislative Mehrheiten. Das gibt ihr einen Vorteil. Die Hand an das Wahlrecht zu legen, ist in den USA keine Seltenheit, wie das von beiden Seiten praktizierte „Gerrymandering“ belegt.

Gesetzesvorhaben bundesweit in den USA: Republikaner wollen Wahlrecht verändern - Erste Erfolge

Arizona* ist ein weiterer, traditionell konservativer US-Staat, der bei den Wahlen knapp an den Demokraten Joe Biden fiel. Auch hier: eine hohe Wahlbeteiligung einer diversen und jungen Bevölkerung. Auch hier: Gesetzesvorhaben, die das Wahlrecht restriktiver machen wollen. In dem Bundesstaat läuft eine erneute Auszählung der Wahlstimmen - durch ein privates und umstrittenes Unternehmen namens "Cyber Ninjas". Wie die New York Times berichtet, handelt es sich dabei um eine Firma, die keinerlei Erfahrung mit der Auszählung von Wahlstimmen hat, betrieben von einem Mann, der die Wahlfälschungsmythen Donald Trumps* weiter verbreitete.

Dem Bericht der Times zufolge werden die Stimmzettel auf Spuren von Bambus untersucht - womöglich um zu beweisen, dass diese aus Asien eingeflogen wurden. Ebenfalls brisant: Angeblich war mit der erneuten Auszählung befassten Personen an den Ausschreitungen des 6. Januars 2021, dem Sturm auf das US-Kapitol* beteiligt. „Es lässt uns wie Idioten aussehen…. Rückblickend hätte ich nicht gedacht, dass es so lächerlich sein würde. Es ist peinlich, zu diesem Zeitpunkt ein Senator zu sein", sagte Paul Boyer, der für die Neu-Auszählung gestimmt hatte. Der Auszählungsprozess verzögert sich wohl auch noch: Statt dem geplanten Mai-Termin wird frühestens ein Ergebnis im August erwartet.

John Kavanagh, republikanischer Abgeordneter des Bundesstaates, ließ während der Wahlrechts-Diskussionen einen drastischen Satz fallen: „Demokraten wollen, dass so viele Menschen wie möglich wählen, und sie sind bereit, Betrug zu riskieren. Die Republikaner sind mehr besorgt über Betrug, daher macht es uns nichts aus, Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen, die nicht alle wählen lassen - aber nicht alle sollten wählen.“ Er fügte laut CNN noch expliziter hinzu:  „Quantität ist wichtig, aber wir müssen auch die Qualität der Stimmen berücksichtigen.“

Liz Cheney: Die gute Republikanerin wettert gegen Trump - Eigene Partei will sie jetzt stürzen

Die Republikanerin Liz Cheney aus Wyoming ist die Tochter des ehemaligen Vize-Präsidenten Dick Cheney. Quasi ein politischer Adelstitel. Eigentlich. Eine traditionelle und wahrlich nicht progressive Republikanerin - aus der Zeit vor Donald Trump. Für ihre anhaltende Kritik an dem Ex-Präsidenten und der Behauptung eines Wahlbetrugs wird sie aller Wahrscheinlichkeit nach aus ihrer Spitzenposition als Nummer Drei innerhalb der Partei* entfernt - von ihren eigenen Kolleg:innen. Eine Entmachtung, auf die Donald Trump eifrig hingearbeitet hat. Sinnbildlich ist es der Kampf der alten „Grand Old Partei“ gegen eine Partei mit dem Gesicht Trumps. Dessen Kult scheint das Duell zu gewinnen. Doch Cheney gab sich in ihrer Rede am Dienstag (Ortszeit) im Kongress vor der Abstimmung diesen Mittwoch weiter kämpferisch.

„Heute stehen wir vor einer Bedrohung, die Amerika noch nie gesehen hat“, sagte Cheney. „Ein ehemaliger Präsident, der einen gewaltsamen Angriff auf dieses Kapitol provoziert hat, um die Wahl zu stehlen, hat seine aggressiven Bemühungen wieder aufgenommen, um die Amerikaner davon zu überzeugen, dass ihm die Wahl gestohlen wurde. Er riskiert weitere Gewalt. Millionen Amerikaner wurden vom ehemaligen Präsidenten in die Irre geführt. Sie haben nur seine Worte gehört, aber nicht die Wahrheit, da er unseren demokratischen Prozess weiterhin untergräbt und Zweifel daran aufkommen lässt, ob Demokratie überhaupt wirklich funktioniert“, gab die Republikanerin an. „Diejenigen, die sich weigern, die Urteile unserer Gerichte zu akzeptieren, stehen auf Kriegsfuß mit der Verfassung.“

Sie betonte, die Wahl sei nicht gestohlen worden, Amerika habe nicht versagt. Und widerspricht abermals entschieden der „Big Lie“ Donald Trumps. Liz Cheney hat aktuell nichts mehr zu verlieren. Ersetzen soll sie eine Trump-Getreue. (aka) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

Auch interessant

Kommentare