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UN-Klimagipfel in Paris: Gemischte Halbzeitbilanz

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UN-Klimagipfel
© AFP

Paris - Hoffnung und Ernüchterung: Beim Pariser Klimagipfel fällt die Bilanz zur Halbzeit gemischt aus. Noch könnte ein ehrgeiziger Weltklimavertrag entstehen. Doch strittige Fragen wie etwa Finanzhilfen für Entwicklungsländer sind längst nicht geklärt.

„Paris ist nicht Kopenhagen“ - das hört man oft beim Klimagipfel. Es soll keine geografische Binsenweisheit sein, sondern ein hoffnungsfroher Kommentar zum Verhandlungsstand nach der ersten Woche. „Wir sind viel weiter mit dem Prozess, als wir es je in Kopenhagen waren“, sagt etwa Martin Kaiser von Greenpeace. Die Latte liegt allerdings niedrig, schließlich ist die Kopenhagener Klimakonferenz vor sechs Jahren krachend gescheitert. Ein ehrgeiziger Weltklimavertrag ist nach Meinung von Teilnehmern und Beobachtern in Paris noch drin, aber längst nicht selbstverständlich.

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Ganz gleich, ob sie Stunden oder Wochen dauern - bei internationalen Verhandlungen lösen sich viele Knoten, wenn überhaupt, erst in der Schlussphase. Große Zugeständnisse gleich zu Beginn erwartet keiner. „Das ist eine Art Verzögerungstaktik“, sagt Elina Bardram, die für die Europäische Union mitverhandelt. Die dicken Brocken wie die Finanzierung künftiger Klimaschutzanstrengungen müssten von Montag an die Umweltminister aus dem Weg räumen. Dann würden sich kleinere Streitpunkte wie von selbst klären.

Unter dürrem Applaus, fast nebenbei, umschifften die Vertreter der 196 Konferenzteilnehmer am Samstag eine wichtige Klippe: Sie konnten sich auf einen Textentwurf als Grundlage für die Ministergespräche einigen. Das ist angesichts der weiterhin tiefen Gräben zwischen Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern keine Selbstverständlichkeit. Doch Deutschlands Unterhändler Karsten Sach benennt den entscheidenden Haken: „Die wichtigen Fragen sind noch alle offen.“

"Noch viele widersprüchliche Textvarianten"

Südafrikas Botschafterin Nozipho Mxakato-Diseko, die mit viel Verve für einen riesigen Block von 133 vorwiegend wirtschaftlich schwächeren Ländern sowie China spricht, gibt sich ebenfalls gedämpft: „Die Gruppe hatte gehofft, dass unsere Arbeit zu diesem Zeitpunkt weiter vorangeschritten wäre.“ An vielen Stellen stehen noch mehrere mögliche, teils widersprüchliche Textvarianten.

Nun kommt viel darauf an, welche Strategie die Verhandlungspartner im Konferenzzentrum in Le Bourget bei Paris verfolgen. „Es könnte ein Problem sein, dass alle hier als Pokerspieler auftreten und ihre Karten bis zuletzt vor der Brust halten“, sagt Lutz Weischer von Germanwatch.

Beim Zankapfel Finanzhilfen für Entwicklungsländer gab es bisher viele Zeichen guten Willens, aber keinen entscheidenden Durchbruch. Bemerkenswert ist allerdings, dass wichtige Industriestaaten demonstrativ auf die größten Verlierer des Klimawandels zugegangen sind. Deren Forderung, die Erderwärmung auf höchstens 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, dürfte in irgendeiner Form Eingang in den Klimavertrag finden - auch wenn sie wohl kaum als verbindliche Marke an die Stelle des bisherigen 2-Grad-Ziels tritt. Dafür geworben hatten vor allem kleine Inselstaaten wie Vanuatu, die der steigende Meeresspiegel zu verschlingen droht.

„Die harten Verhandlungen kommen jetzt“

Jan Kowalzig von Oxfam ist aber froh, dass im Abkommen die Frage nach dem Umgang mit dauerhaften Schäden durch den Klimawandel erwähnt werden dürfte - er hätte auch ganz unter den Tisch fallen können. Der Gruppierung besonders unterentwickelter Länder reichen die Regelungen in beiden Punkten nicht.

Als geradezu empörend empfindet Kowalzig, dass es keine klaren Vorgaben dafür geben dürfte, wie selbst eine Obergrenze für die Erderwärmung von 2 Grad zu erreichen wäre. Die schon vor der Konferenz vorgelegten nationalen Klimaziele reichen bislang bei weitem nicht aus. „Es gibt keinen vernünftigen Prozess, um damit umzugehen. Das ist eigentlich ein Skandal.“

Immerhin sind alle Fragen, die Umweltschützern wichtig sind, noch im Gespräch, bilanziert Greenpeace-Experte Kaiser. „Die harten Verhandlungen kommen jetzt“, sagt er voraus. Südafrikas Botschafterin Mxakato-Diseko spricht den Konferenzteilnehmen vor dem Endspurt Mut zu. Sie zitiert den vor genau zwei Jahren gestorbenen südafrikanischen Nationalhelden Nelson Mandela: „Es scheint immer unmöglich, bis es geschafft ist.“

dpa

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