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Debatte um Verkehrslage: Kommt nun der ersehnte Kreisel am Kirchplatz, der die Blechlawine zähmt?

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Von: Marina Birkhof

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Verkehr am Kirchplatz Bad Endorf
Der Verkehrsknotenpunkt am Kirchplatz in Bad Endorf. © mb

Rote Ampeln am Kirchplatz, Rückstau um mehrere hundert Meter, Gefahrenzonen für Fußgänger und Radler in der Bahnhofstraße: Die Marktgemeinde weiß um ihre katastrophale Verkehrssituation - und hat bereits konkrete Pläne, um die fortwährende Blechlawine durch den Kurort in den Griff zu bekommen.

Bad Endorf - „Das Verkehrsproblem ist der Gemeinde natürlich bekannt“, räumt Bürgermeister Alois Loferer im Gespräch mit rosenheim24.de ein. „Die Kreuzung zweier baulich schwierigen Staatsstraßen in Kombination mit einer sehr komplizierten Ampelschaltung serviert uns nicht nur täglich eine Blechlawine, sondern sorgt auch noch regelmäßig für Stauungen in allen Richtungen.“

Umbau der Bahnhofstraße und Errichtung eines Kreisverkehrs am Kirchplatz

Ideen, die Lage in den Griff zu bekommen, werden seit mehr als 20 Jahren in der Marktgemeinde diskutiert - nun scheinen die Pläne endlich Gestalt anzunehmen: Umbau der Bahnhofstraße und Errichtung eines Kreisverkehrs am Kirchplatz lauten die Stichwörter, wie der Bürgermeister offenbart: „Und das muss man wirklich festhalten: So konkret waren die Pläne in Bad Endorf noch nie.“

Man habe sich dazu entschieden, die innerörtliche Verkehrslösung planerisch zu verfolgen. Zum Einen, weil eine Umgehungsstraße eine innerörtliche Entwicklung in den Augen der Verwaltung ohnehin voraussetzen würde, um die Doppelkreuzung der Staatsstraßen in den Griff zu bekommen. Denn das sei auch bei normalem Verkehr eine „unbefriedigende Lösung“.

„Natürlich wissen wir, dass der ganze Straßenraum für Bad Endorf ein Problem ist“, fährt Loferer weiter fort. „Bad Endorf ist ein Straßendorf. Die Bahnhofsstraße als unsere Einkaufsmeile wirkt durch die Verkehrsmenge leider nicht wie ein schönes Zentrum. Da gibt es viele unstimmige Punkte.“

Bahnhofstraße Bad Endorf Verkehr
Die Bahnhofstraße in Bad Endorf ist vor allem zu Hauptverkehrszeiten vom Durchgangsverkehr stark frequentiert. © mb

Wichtiger Erwerb zweier Gebäude für Umbau des Knotenpunkts am Kirchplatz

Loferer wird nun konkreter: „An unserem fast schon berühmten Verkehrsplatz am Kirchplatz wollen wir die Doppelkreuzung mittels eines Kreisverkehrs zusammenfassen. Das würde den Verkehr deutlicher flüssiger und die Ampelschaltung obsolet machen. In den letzten Jahren konnten wir zwei wichtige Grundlagen dafür schaffen: Den Erwerb der beiden Gebäude am Kirchplatz, die ehemalige Tankstelle und das ehemalige Volksbankgebäude (Nummer 4 und 4a).“

Durch den zusätzlichen Platz könne die Traunsteiner Straße so in den Kreisverkehr eingebunden werden, dass an der Stelle Linksabbieger in die Bahnhofstraße der Vergangenheit angehören. Dies bewirke eine Entzerrung der verschiedenen Verkehrsströme - der Abbieger in die Bahnhofstraße müsse fortan über den Kreisverkehrsplatz und eine volle Drehung vollführen. „Die berühmte Ehrenrunde“, wie Loferer schmunzelnd erklärt.

„Dafür gelangt er ohne Linksabbiegerverkehr in die Bahnhofstraße. Ein letzter verbleibender Linksabbiegerverkehr ist lediglich der vom Kreisverkehrsplatz in die Traunsteiner Straße selber - das ist aber in den Griff zu bekommen“, ist sich der Bürgermeister sicher. Die Verkehrssimulationen, die immer von einer maximalen Fahrzeugmenge ausgingen, hätten bereits bestätigt, dass durch den Umbau alle Äste bezüglich der Staugefahr von einer sehr schlechten auf eine sehr gute Qualität gebracht werden könnten.

Bad Endorf Verkehr am Kirchplatz
Der Knotenpunkt der Kreuzungen der Staatstraßen am Kirchplatz in Bad Endorf soll langfristig durch einen Kreisverkehr entlastet werden. © mb

Zielsetzung: „Flüssiger, aber langsamer Verkehr“

Doch der Faktor Zeit verpasst dem Vorhaben einen Dämpfer. „Die Staatstraßen fallen in den Zuständigkeitsbereich des Staatlichen Straßenbauamts. Die waren in den letzten Monaten sehr aufgeschlossen und verlässlich. Als Planungspartner setzen sie alles daran, dieses Bauvorhaben zügig umsetzen zu können“, unterstreicht Loferer.

Doch gerade bei verkehrsrechtlichen Fragen gebe es noch Abstimmungsbedarf - insbesondere mit der Verkehrsbehörde im Landratsamt aber auch mit dem Innenministerium als oberste Verkehrsbehörde. Unter den Streitpunkten befinden sich beispielsweise die Gestaltung der Fußgängerüberquerungen, die Integration des Radverkehrs sowie eine mögliche Temporeduktion in der Bahnhofstraße.

„Als Erstes aber kümmern wir uns um den Kreisel - der bremst den Verkehr natürlich aus“, so Loferer weiter. „Die Zielsetzung ist hier ganz klar: Flüssiger, aber langsamer Verkehr. Zudem wollen wir natürlich die Belange der Radfahrer und Fußgänger klar verbessern. Wir sind also um unsere Lösung, die von einem versierten Verkehrsplaner und von der Bevölkerungsseite viel Zuspruch erfährt, bemüht. Allerdings sind wir noch nicht am Ende der Verhandlungen.“

Der „Sanierungsbreich Ortsmitte“ umfasst eine Fläche von rund 31 Hektar
Der „Sanierungsbereich Ortsmitte“ umfasst eine Fläche von rund 31 Hektar © Marktgemeinde Bad Endorf/Klinger

Ein Zebrastreifen am Kreisverkehr?

Eine Idee, die in Bayern noch nicht häufig zu sehen ist: Die direkte Überquerung für Fußgänger am Kreisverkehr mittels einer Insel. Der Autofahrer habe beim Einfahren gegenüber dem querendem Fußgänger Vorfahrt. Beim Ausfahren aus dem Kreisverkehr muss der Fahrer aber blinken und damit wechsle die Vorfahrt: Das Auto müsse anhalten und dem Fußgänger Vorfahrt gewähren.

„Ein Zebrastreifen würde aus zwei Regeln eine Lösung generieren.“ Loferer betont, die Verwaltung vertrete die Ansicht, dass diese in der Straßenverkehrsordnung hinterlegte Regel nicht besonders anwendungssicher sei. „Die Verkehrsbehörden aber sehen das anders - ein echt leidiges Thema.“

Es steht also noch intensive Arbeit bevor, die eine zeitliche Einschätzung unmöglich macht: „Wir wollen nicht leichtfertig Ziele aus den Augen verlieren, sondern eine vernünftige Lösung, die auch eine hohe Akzeptanz bei den Bürgern erreicht.“

Entzerrung des Verkehrs: ISEK als Planungsgrundlage

2015 führte die Gemeinde Startgespräche mit dem Innen- und Bauministerium, wie die Lage verbessert werden könne. „Dabei sprachen wir uns am Ende für das Modellvorhaben Beruhigung der Ortsdurchfahrt mit einer innerörtlichen Lösung und Verzicht auf eine große Umgehungsstraße aus. Begleitet wurde das von Anfang an vom Bund Naturschutz, der auf große Straßenbaumaßnahmen natürlich in punkto Landschaftsverbrauch oder Versiegelung gerne verzichtet.“

Bedingung, das Projekt zu verwirklichen zu können, sei die Entwicklung des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepts (ISEK), das seit 2016 in mehreren Verfahrungsstufen mit regelmäßiger Bürgerbeteiligung und unter Einbezug eines Städteplaners laufe.

Und was ist mit einer Umgehungsstraße für Bad Endorf?

Mehrere Umgehungsstraßenvarianten wurden in den vergangenen Jahren ausgearbeitet. Das Problem: Im Verkehrswegeplan müsste Bad Endorf für eine Umgehung in die Prioritätengruppe Eins rutschen müsste und das sei Loferer zufolge nicht ganz einfach: „Selbst wenn wir jetzt anpacken und das einfordern würden, reden wir von einer zeitlichen Distanz zwischen 15 und 30 Jahren - so lange können wir nicht warten.“

Allein die Einschnitte in den umliegenden Naturraum und Erholungslandschaften in Kombination mit der Kreuzung der Bahnlinie wären „enorm“. Vorschläge zu Unterführungen, Brücken oder gar der Bau eines Tunnel standen bereits im Raum, wurden wieder verworfen. „Technisch eine riesen Herausforderung“, betont Loferer, weswegen es ihm ein großes Anliegen sei, nun mit der innerörtlichen Verkehrslösung zu versuchen, die Blechlawine zu zähmen.

Verkehrslage Bad Endorf am Kirchplatz
Der Verkehr in Bad Endorfs Dorfmitte am Knotenpunkt Kirchplatz staut sich häufig zurück. © mb

„Uns ist bewusst, dass wir damit kein einziges Auto weniger haben werden, denn der Verkehr fließt schlicht und ergreifend durch Bad Endorf. Wenn wir es aber schaffen, ihn zu mäßigen, zu integrieren und gleichzeitig die Aufenthaltsqualität für Fußgänger und Verkehrssicherheit für Radlfahrer erhöhen - dann sind das Komponenten, die das Ganze einfacher gestalten und unseren Kurort trotz Verkehrslawine überleben lassen.“

Ob nach der innerörtlichen Entwicklung ergänzende außerörtliche Maßnahmen in die engere Wahl rücken, stehe zum gegenwärtigen Zeitpunkt in den Sternen.

mb

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