Bernauer hatten bei Veranstaltung der Deutschen Bahn viele Fragen zum Lärmschutz
Freie Sicht oder ruhige Nächte: Sagt Bernau ja zu den Lärmschutzwänden der Bahn?
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Was zählt mehr? Die Schönheit des Ortes oder der Gesundheitsschutz? Den Bernauern jedenfalls brennen zu den Lärmschutzwänden der Deutschen Bahn viele Fragen auf den Nägeln. Einige wurden bei einer Online-Veranstaltung beantwortet. Nicht immer mit dem erhofften Ergebnis.
Bernau – Eine drei Meter hohe Lärmschutzwand entlang der Gleise mitten durch den Ort? Jetzt sind die Bernauer gefragt. Auf der Homepage der Gemeinde ist ein Fragebogen online gestellt, auf Basis des Ergebnisses will der Gemeinderat seine Entscheidung finden. Um den Bürgern ihre Abwägung zu erleichtern, fand am Montag eine Online-Informationsveranstaltung der Deutschen Bahn statt. Viele der zeitweise rund 70 Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, um über den Chat verschiedenste Fragen zu stellen.
Kontroverse Diskussionen
Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber (CSU) wies eingangs darauf hin, dass die Frage um den Lärmschutz an der Bahnlinie eine wichtige Entscheidung für die Gemeinde sei. Vor Ort werde das Thema kontrovers diskutiert. Aus Gesprächen wisse sie, dass direkte Anwohner oft gar nicht für die Wand vor ihrem Grundstück seien. Anwohner aus den Reihen dahinter seien häufig dafür.
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Bauingenieurin Dandan Su von der Deutschen Bahn erklärte, dass der Bund seine Förderung von der Lärmbelastung abhängig mache. Eine Formel berechnet den Nutzen-Kosten-Verhältniswert. Dort, wo Lärmschutzwände nicht ausreichten, würden passive Maßnahmen ergänzt, zum Beispiel Schallschutzfenster. Auf eine Frage hin bestätigte sie, dass im Gutachten nur Gebäude untersucht würden, die vor dem 1. Januar 2015 gebaut worden seien. Das ist ebenfalls eine Vorgabe des Bundes. Su meinte aber, wenn neuere Gebäude regelkonform gebaut seien, sollte ausreichend Schallschutz gegeben sein. Wobei passiver Schallschutz nur bei geschlossenen Fenstern funktioniert, wie im späteren Verlauf der Veranstaltung noch angesprochen wurde.
Keine Pflanzen an den Wänden erlaubt
Ein weiterer Teilnehmer erkundigte sich, ob die Lärmschutzwände bepflanzt werden könnten. Dies verneinte die Ingenieurin. Die Pflanzen würden an den bei Sonne aufgeheizten Wänden austrocknen. Was aber viel wichtiger ist: Laut Su werden die Wände regelmäßig inspiziert. Sie sagte: „Wenn eine Pflanze davor ist, kann man die Wand nicht mehr anschauen und die Sicherheit ist nicht mehr gewährleistet.“
Bürgermeisterin Biebl-Daiber ergänzte, dass die Pflanzen gepflegt werden müssten und auf Bahngrund stehen würden, der nicht betreten werden darf. Auch hätte die Gemeinde gar nicht die Kapazität dafür.
Ein weiterer Teilnehmer erkundigte sich, ob es zur Enteignung für die Lärmschutzwände kommen könnte. Hier antwortete sie: „Wir bauen normalerweise nicht gegen den Willen der Anwohner und der Gemeinde.“ Eine Enteignung gebe es nur ganz selten. Die nächste Frage war, ob bestehende Bäume für die Wände gefällt würden. Das sei der Fall so Su. Normalerweise aber seien nicht so viele Pflanzen entlang der Bahngleise, sechs Meter müssten vom Gleis weg freigehalten werden. Sollte aber Pflanzen entfernt werden, so sei die Bahn zum gleichwertigen Ausgleich verpflichtet. Die Naturschutzbehörde schaue genau hin.
Eidechsen werden aufgesammelt
Ähnliches gilt laut Su übrigens auch für die Tierwelt. Am Beispiel der Eidechsen erklärte Su, dass für diese vor dem Bau ein neuer Lebensraum geschaffen werden muss und sie sogar eingesammelt würden. Ein anderer Teilnehmer wollte wissen, ob transparente Wände möglich seien, sollte ein Gebäude verschattet werden. „Ja“, sagte Su. Ein klares „Nein“ gab es dagegen für die Frage, ob ein Werbebanner an der Lärmschutzwand angebracht werden dürfte. Auf der Innenseite könnte sich ein Banner lösen, auf einen vorbeifahrenden Zug flattern und sei deshalb ein Sicherheitsrisiko.
Eigentümer müssen bei Schallschutzfenstern 25 Prozent selbst bezahlen
Oliver Faber ging näher auf die passiven Lärmschutzmaßnahmen ein. Hier müssen Hauseigentümer 25 Prozent der Kosten übernehmen. Jeder entscheidet laut Fabers Ausführungen selbst, ob, was und wie viel er aus den von der Deutschen Bahn vorgeschlagenen Maßnahmen umsetzen möchte. Die Begehung und Begutachtung des Hauses sei kostenfrei. Ein Teilnehmer fragte, ob es möglich sei, nur passive Lärmschutzmaßnahmen umzusetzen ohne Wände. Dies bestätigten Su und Faber. Die Höhe des Budgets sei davon nicht abhängig, aber automatisch wären ohne eine Wand mehr Häuser förderfähig für passive Maßnahmen, weil der Schall mehr Häuser erreicht.
Die weiteren Ausführungen und Fragen drehten sich um die konkreten Pläne in Bernau. Auf der Internetseite der Gemeinde können die Zeichnungen eingesehen werden. Su machte jedenfalls deutlich, dass niedrige reifenhohe Wände nicht mehr effektiv und in Folge auch nicht förderfähig wären: „Dann lieber nur passive Maßnahmen, dann stört es wenigstens das Ortsbild nicht“, argumentierte sie.
Reifenhohe Wände bieten kaum Schutz
Die Bürgermeisterin bestätigte, dass der vom Gemeinderat beschlossenen Bewerbung als Modellregion für solche reifenhohe Wände bereits „mehr oder weniger eine Absage“ erteilt worden sei. Su erklärte, dass von den drei insgesamt rund 1,6 Kilometer langen Lärmschutzwänden auch nur eine, zwei oder eben alle drei umgesetzt werden könnten – wie es sich die Gemeinde wünscht. Sie könne auch Höhen unter drei Meter anbieten, bis zwei Meter seien die Wände förderfähig.