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Tour de France auf bayrisch: Warum zwei Priener den langen Weg nach Graulhet radeln

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Von: Ulrich Nathen-Berger

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Nach einer langen Trainingstour zurück auf heimischer Straße (von links): Lothar Rechberger und Klaus Wenzel sind fit für die lange Reise auf zwei Rädern in die südfranzösische Partnerstadt Graulhet.
Nach einer langen Trainingstour zurück auf heimischer Straße (von links): Lothar Rechberger und Klaus Wenzel sind fit für die lange Reise auf zwei Rädern in die südfranzösische Partnerstadt Graulhet. © Berger

In der südfranzösischen Stadt Graulhet wird Anfang September die 50-jährige Partnerschaft mit Prien gefeiert: Klaus Wenzel und Lothar Rechberger werden mit dem Rennrad anreisen.

Prien – In der südfranzösichen Stadt Graulhet wird am 2. September groß gefeiert: die 50-jährige freundschaftliche Partnerschaft mit der Marktgemeinde Prien. Kommunalpolitiker, Vereinsabordnungen und Privatpersonen werden sich per Flugzeug, Bahn oder Auto auf den Weg machen, um dabei zu sein. Anders vier Mitglieder des Priener Radfahrvereins: Sie setzen sich am 26. August auf ihre Rennräder und treten sich in sieben Tagen über die Alpen Richtung Jubiläumsfest. Was sie für diese Tour antreibt, haben die OVB-Heimatzeitungen von Klaus Wenzel (73) und Lothar Rechberger (78) im Interview erfahren.

Mitglieder des Priener Radvereins (links) wurden 1985 vor dem Rathaus in Graulhet empfangen.
Mitglieder des Priener Radvereins (links) wurden 1985 vor dem Rathaus in Graulhet empfangen. © Foto Berger- Anita Berger

Wieviele Kilometer haben Sie heuer in den Beinen?

Klaus Wenzel: Stand heute sind es in diesem Jahr bislang 1700 Kilometer – in dieser Woche bin ich bereits etwa 120 Kilometer gefahren.

Lothar Rechberger: Am Montag bin ich zur Kampenwand rauf, das sind etwa 37 Kilometer, und am Dienstag war ich im Schnaitseer Land und rund um den Chiemsee unterwegs, da kamen knapp 110 Kilometer zusammen.

In Ihrem Alter? Eine erstaunliche Leistung aus Sicht des Laien…

Rechberger: Das ist notwendig, sonst komm‘ ich nicht vom Fleck weg…

Seit wann betreiben Sie den Radsport? Was war der Auslöser?

Rechberger: Seit 40 Jahren. Mein Freund Werner war damals Vorsitzender des Radsportvereins Berchtesgadener Land. Er hatte mich immer wieder aufgefordert, mit ihm Touren zu fahren. Dazu drehte er mir eines Tages das Rad seiner Frau an. Von dem Zeitpunkt ab ging’s los, mit Fahrten quer durch Europa: Fünf Mal nach Rom, Cuxhaven - Königssee, Stettin – Königssee, Flensburg – Königssee und viele Touren mehr…

Wenzel: Mich hat das Rad-Virus 1992 gepackt, als ich in den Radfahrverein Prien eingetreten bin. Auf einer der ersten Touren gab’s eine Bergabfahrt: Die fühlte sich an, als habe mein letztes Stündlein geschlagen. Denn mein Rad hat sich bei der Abfahrt verzogen, die Räder fingen an zu flattern… den Schrott habe ich am nächsten Tag im Altmetall-Container entsorgt.

Das war’s dann mit dem Sport?

Wenzel: Nein, ich habe mir eines neues Rennrad gekauft, seitdem lässt mich das Radeln nicht mehr los…

Was ist das Faszinierende daran?

Wenzel: Die Freiheit, in der Natur herumzufahren. Es gibt so viele reizvolle Landschaftsbilder, die aus dem Auto heraus nicht zu sehen sind. Aber auch das gemeinsame Erleben dieser Touren in der Gruppe ist eine tolle Erfahrung.

Rechberger: Das erlebe ich auch so. Und vor allem: lautlos und abgasfrei.

Aber der Autoverkehr rauscht doch ständig an Ihnen vorbei?

Rechberger: Wir wissen genau, zu welcher Tageszeit und wo wir fahren müssen. Es reichen zehn Kilometer Abstand zum Chiemsee – dann sind wir allein auf den Straßen. Wie zum Beispiel im Schnaitseer Land; bereits hinter Höslwang wird’s ruhiger. Zudem nutzen wir auch Radlwege, wo sie geboten sind. Regelrecht grausige Zustände mit dem Verkehr erlebe ich immer wieder in den Bereichen Seebruck – Stöttham, oder Grabenstätt – Übersee. Da müssen wir durch, weil es keine Ausweichmöglichkeiten gibt.

Fährt da nicht ständig die Angst mit, angefahren zu werden?

Rechberger: Wenn sich von hinten ein Auto nähert, fahre ich automatisch einen Meter nach links, dann geht der Fahrer in der Regel vom Gas runter. Dann ziehe ich wieder nach rechts und mach den Weg frei. Das rettet mich.

Gab’s für Sie schon brenzlige Situationen?

Wenzel: Auf unserer ersten Radtour nach Frankreich vor 20 Jahren hatten Lothar und ich in der Gruppe tatsächlich ein Horrorerlebnis. Wir waren auf einer stark befahrenen Straße unterwegs – Lothar vor mir, plötzlich sah ich einen Campingwagen, der uns auf unserer Fahrbahnseite entgegenkam. Ich konnte gerade noch warnen, dann rauschte der Außenspiegel knapp an unseren Köpfen vorbei. Mit zitternden Knien mussten wir erstmal runter von den Rädern.

Trotzdem machen Sie sich Ende August wieder auf nach Graulhet…

Rechberger: Es wird wahrscheinlich unser letztes großes Abenteuer. Denn irgendwann kommt der Mann mit dem großen Hammer. Dann zwickt es hier und da und dort, und dann ist es vorbei mit dem Leistungssport. Kleinere Touren wie in die italienische Partnergemeinde Valdagno werden wir sicher noch machen. Antrieb für unsere Frankreich-Tour ist das Partnerschaftsjubiläum mit Graulhet. Gemeldet hatten sich Anfang des Jahres neun Mitfahrer, dann haben zwei storniert und drei weitere kamen nach und nach mit Absagen wie Babynachwuchs und Urlaubsprobleme.

Wer sitzt beim Start am 26. August auf dem Rad?

Wenzel: Das sind Sepp Stein aus Hirnsberg, Bernd Emmrich aus Bad Endorf, Lothar und ich. Um acht Uhr starten wir an dem Freitag vor dem Priener Rathaus.

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