„Wie Sie hier an der Schule Europa tagtäglich gemeinsam leben und gestalten, das finde ich ausgesprochen wunderbar“, sagte Niebler in ihrer Ansprache. Europa sei „eben nicht nur Brüssel und Straßburg“. Denn die Entscheidungen, die dort getroffen würden, kämen hier vor Ort bei den Menschen an, wirkten sich auf deren Alltag aus. Nicht nur Förderprogramme, sondern auch Themen wie Transitstraßenbau, Klimaschutzgesetzgebung oder der Umgang mit den großen Problemen und Krisen: „Europa ist das, was hier vor Ort gelebt und mitgetragen wird.“
Die Politikerin dankte Beer: „Ihre Schule, das ganze Haus, ist ein Ort des europäischen Gedankens geworden. Danke für den europäischen Geist und das europäische Mindset, das Sie in die Schule hineingetragen haben. Man spürt das überall.“ Sie erinnerte sich auch an die Begeisterung der Schüler, die bei ihrem Besuch 2022 spätnachts von einem Spanienprojekt im Rahmen des EU-geförderten „Erasmus-plus“-Projekts zurückgekommen waren: „Todmüde, aber völlig begeistert von dem, was sie bei diesem Austausch erlebt haben.“
„Ich bin absolut fasziniert von diesem Kontinent“
Beer zeigte sich denn auch in seinen Begrüßungsworten einmal mehr als überzeugter Europäer – von Jugend an. „Mein Europa ist geprägt durch Aufklärung, Humanismus, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie, Christentum, römisches Erbe und den Freiheitsgedanken“, erklärte er vor den Vertretern der Schulfamilie sowie Landrat Otto Lederer, Bezirksrat Sebastian Friesinger und Bürgermeister Stephan Schlier. Europa sei für ihn ein eigener, wertvoller Kulturraum, „nicht nur ein Anhängsel Eurasiens.“ Er sei absolut fasziniert von diesem Kontinent.
Ihm sei es sehr wichtig, auch die Schüler hin zur Verfechtung des europäischen Gedankens zu führen und er sei unglaublich stolz, und glücklich, in seinen Kollegen so engagierte Mitstreiter gefunden zu haben. „Ohne Ihren Einsatz und Enthusiasmus, Ihre Leidenschaft, Ideen und Hartnäckigkeit wäre das alles niemals möglich gewesen, würde Europa hier nicht diesen Stellenwert einnehmen. Deswegen nehme ich diese Auszeichnung stellvertretend für Sie alle und diese Schule an.“
Lobende Worte von einem strahlenden Landrat: „Das ist eine großartige Auszeichnung, vor allem, weil sie auch sehr verdient ist. Ich bin wirklich stolz“, betonte Otto Lederer beim Festakt am Freitag (17. März). Die Schüler würden am Gymnasium Bad Aibling an den europäischen Gedanken im besten Sinne herangeführt. Lederer ist selbst ehemaliger Schüler des Gymnasiums und hat später dort auch sein Praktikum gemacht. Beim Festakt bekräftigte er: „Europa braucht gerade jetzt dringend Europäer.“
„Als Bürgermeister und ehemaliger Schüler bin ich richtig stolz, dass Michael Beer – stellvertretend für die ganze Schule – heute die Europamedaille verliehen bekommen hat. Es ist großartig, dass der europäische Gedanke hier so stark in das Schulleben einfließt“, würdigte auch Bürgermeister Stephan Schlier die Verdienste des Schulleiters und der Schulfamilie.
Sina Zarifi aus Afghanistan und Sophia Düsel (beide aus der Q12) gehörten zu den Schülern, die mit der Aiblinger Delegation nach Brüssel gereist waren und berichteten über ihre Erfahrungen mit dem Erasmus-plus-Projekt: „Wir haben gesehen, wie wichtig Kommunikation ist. Wir haben andere Kulturen, Unterschiede und Gemeinsamkeiten kennengelernt und die Bedeutung von Europa erkannt.“
Eine Bilderschau zeigte Einblicke in die internationalen Begegnungen der Erasmus-plus-Schüler in verschiedenen Ländern Europas. Auch die Europa-Klasse des präsentierte sich in einem Kurzfilm und stellte ihre Sprachbegabung unter Beweis – auch zum Schluss, als jeder in einer anderen Sprache „Danke!“ in die Kamera rief und alle mit den Worten „...für die Europamedaille“ den Satz beendeten und dazu eine große Europafahne schwenkten.
Seit 2015 füllt das Gymnasium Bad Aibling das EU-Programm „Erasmus plus“ mit Leben. Für die Schüler bedeutete das, den europäischen Gedanken hautnah zu erleben: Sie reisten zu ihren Partnerklassen nach Spanien, Kroatien, Griechenland, Schweden oder Frankreich, in die Türkei, nach Ungarn oder Portugal und arbeiteten dort mit Kameraden aus fünf bis sechs Nationen an gemeinsamen Projekten.
In „Roots and Roads“ setzten sich die Jugendlichen mit dem Thema Migration in den jeweiligen Partnerländern auseinander. Im Projekt „Colours of Europe“ nahmen wieder andere Teilnehmer die Migrationsbewegungen in der Vergangenheit innerhalb Europas und die daraus bedingten kulturellen Einflüsse auf die Gesellschaften unter die Lupe.
Im Zuge des zweijährigen Projektes „Europe on Air“ bauten die Partnerschulen Schulradios auf, die untereinander über die Webseiten verlinkt wurden. Inhalte waren beispielsweise Podcasts zu europäischen Themenbereichen und unter anderem Hörrätsel wie das Erkunden der berühmtesten Märchen der Partnerländer. Neben Street Art und Graffiti erkundeten die Schüler dabei aber auch die Kulinarik im internationalen Workshop „Cook and meet“ und erstellten einen internationalen Kalender mit allen wichtigen Feiertagen der Partnerländer und Europas.
In „Arts for future“ machen sie mit künstlerischer Aktionen auf Umweltzerstörung aufmerksam, arbeiten gemeinsam an Lösungen und zeigen Wege auf, wie man als Gemeinschaft an Umweltschutzzielen arbeiten kann.
Während das bisherige Programm nun ausgelaufen ist, hat das Gymnasium es geschafft, die Akkreditierung für Erasmus+ bis 2027 zugesprochen bekommen. Eine der treibenden Lehrkräfte dabei ist Christina Ramolla, die dafür auch keine bürokratischen Mühen scheut. Ab Juni 2023 werden Schüleraustauschmaßnahmen, Auslandspraktika sowie Aufenthalte einzelner Schüler und Lehrer mit Fördergeldern der EU finanziell unterstützt.
Die Europaklasse für Fünft- und Sechstklässler ist ein Modell, das Lehrkräfte des Gymnasiums Bad Aibling selbst „erfunden“ und mit Leben gefüllt haben: Während der naturwissenschaftliche Zweig an der Schule immer stärker geworden und die Fachrichtungen Mathematik, Information, Naturwissenschaften und Technik („MINT“) schon sehr erfolgreich gewesen seien, wollten engagierte Lehrkräfte etwas ähnliches anbieten, um den Bereich Sprachen zu stärken.
„In den regulären Stunden kommt man zu bestimmten Dingen gar nicht, die für die Schüler aber toll sind“, so Sandra Pfleghard, zusammen mit Martina Riedl eine der Initiatorinnen. Ihr Konzept überzeugte nicht nur andere Kollegen, sondern auch den Direktor, sodass der Start im Schuljahr 2019/2020 erfolgen konnte.
„Mit der Europaklasse wollen wir gezielt Schüler im geisteswissenschaftlichen Bereich und in ihrer Persönlichkeitsbildung fördern und ihnen die Möglichkeit geben, im Rahmen eines einstündigen Wahlunterrichts in andere europäische Sprachen und Kulturen einzutauchen“, betont Sandra Pfleghard.
Im Unterricht geht es aber nicht nur um die Kultur und Traditionen der Länder, um die Sprachen und Hauptstädte oder die landestypische Küche. So werden beispielsweise auch französische Märchen behandelt oder sich über Bräuche zu Weihnachten oder Ostern in Rumänien oder Schweden ausgetauscht. Auch ein E-Partner-Projekt mit Schülern aus anderen europäischen Ländern gibt es bereits, über das sich die Mädchen und Buben virtuell kennenlernen und austauschen können. „So werden sie niederschwellig an das herangeführt, was es auf diesem Kontinent Europa auch alles an Gemeinsamkeiten gibt“, so Beer.
Denn auch darin sind sich Direktor und Kollegium einig: „Interkulturelle Kompetenz, Offenheit und Toleranz waren zu keinem Zeitpunkt in den vergangenen Jahrzehnten so wichtig wie jetzt.“ 2020 gab’s dafür die Europa-Urkunde des Freistaates Bayern.