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Trauer um Grande Dame von Bad Aibling: Erna Lindner war das Gesicht im Herzen der Kurstadt

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Von: Eva Lagler

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So wird sie den Bad Aiblingern in Erinnerung bleiben: Erna Lindner an ihrem 90. Geburtstag mit ihrer Familie und dem damaligen Bürgermeister Felix Schwaller (rechts).
So wird sie den Bad Aiblingern in Erinnerung bleiben: Erna Lindner an ihrem 90. Geburtstag mit ihrer Familie und dem damaligen Bürgermeister Felix Schwaller (rechts). © Archiv

Sie war das Gesicht im Herzen von Bad Aibling und aus diesem gar nicht wegzudenken. Jetzt ist Erna Lindner, zeit ihres Lebens – und zurecht – als Grande Dame bezeichnet, im Alter von 96 Jahren gestorben.

Bad Aibling – Ihre formvollendete Eleganz und ihre aufrechte Haltung werden in der Kurstadt und bei den unzähligen Gästen des Romantik Hotels Lindner ebenso in Erinnerung bleiben wie ihre ausgesuchte Höflichkeit und Schaffenskraft. Erna Lindner führte das Haus über Jahrzehnte, und auch im hohen Alter gab es keinen Tag, an dem sie nicht im inzwischen verpachteten Hotel unterwegs war oder an ihrem Schreibtisch im Rittersaal anzutreffen war – immer gemäß ihres am 95. Geburtstag geäußerten Lebensmottos „Arbeit schadet nicht“.

„Für mich war Erna Lindner die Grande Dame der oberbayerischen Gastronomie, anders kann man das nicht sagen. Sie war einfach immer präsent in ihrer absolut gepflegten, perfekten Erscheinung. Zugleich war sie sich für nichts zu schade. Täglich hat sie bis zuletzt mit einem Unrat-Greifer draußen Zigarettenkippen aufgesammelt, welke Blüten von den Pflanzen gezupft, ist mit wachsamem Auge durch die Räume gegangen “, sagt Hotel-Inhaber Jost Deitmar. „Ihr Tod ist ein sehr herber Verlust. Vor allem auch für jene Angestellten, die seit Jahrzehnten mit ihr zusammengearbeitet haben und ein sehr enges, vertrautes Verhältnis zu ihr hatten. Erna Lindner hat das Hotel zu dem gemacht, was es heute ist. Davor habe ich ganz großen Respekt.“

Ein echtes Aiblinger Kindl

Erna Lindner war ein echtes „Aiblinger Kindl“, geboren in der Frühlingstraße im Haus ihrer Eltern, dem Baugeschäft Zehetmayr. Nach dem Besuch der Volksschule am Hofberg und der Zeit in Internaten der „Englischen Fräulein“ in Wasserburg und München-Pasing absolvierte sie ihr Pflichtjahr in der Käserei Julius Muggli in Bad Aibling. Die Lehre im Hotel Erbprinz in Ettlingen zeichnete bereits den weiteren Lebensweg vor – denn in Bad Aibling heiratete sie den Gasthausbesitzer Max Lindner. Der Witwer brachte zwei Kinder mit in die Ehe, gemeinsam hatten sie die beiden Töchter Elisabeth und Gabi.

Die Anfänge in einem Gasthaus ohne Gästezimmer waren nicht einfach – so erinnerte sie sich in späteren Gesprächen an eine Zeit, in der es nur in der Küche Wasser gab, mit Kachelöfen das ganze Haus geheizt und auch in Zeiten knapper Kassenlage immer etwas gebaut wurde. Die Jahre waren von harter Arbeit geprägt, doch Entspannung fand Erna Lindner nach ihren langen Tagen bei ihren Gästen am von ihr hoch geschätzten Stammtisch, an den sie sich setzte, nachdem sie um 19 Uhr ihre weiße Kittelschürze abgelegt hatte.

Den Hotelbetrieb startete das Ehepaar Linder in den 50er-Jahren mit 20 Betten. Heute bietet das vom einstigen „Schloss Prantshausen“ zum Vier-Sterne-Hotel immer wieder erweiterte Haus 100 Betten. Seinen Stammplatz im einstigen Wirtshaus hatte vor langer Zeit auch der bekannte Maler Wilhelm Leibl (1944 - 1900), der in seinen Aiblinger Jahren regelmäßig hier verkehrte. Im Laufe der späteren Jahrzehnte gaben sich viele weitere prominente Gäste die Klinke in die Hand: Im Gästebuch finden sich unter anderem Einträge von O. W. Fischer, Peter Weck, Liselotte Pulver, Curd Jürgens und Franz Josef Strauß. Daneben trafen sich die lokale Geistlichkeit, Landwirte, Kommunalpolitiker und Lehrer.

Mit dem Tod ihres Mannes Max 1974 sowie dem ihrer Tochter Elisabeth „Sisi“ vor 14 Jahren trafen Erna Lindner in ihrem Leben schwere Schicksalsschläge. Doch stets ging sie unbeirrt ihren Weg, meisterte jede Hürde. Jetzt ist sie im Alter von 96 Jahren zu Hause eingeschlafen.

Sie war eine herausragende Persönlichkeit

„Erna Lindner war mit ihrer Heimatstadt sehr eng verbunden und als Gastronomin eine herausragende Persönlichkeit. Sie hat das Haus mit sehr viel Fingerspitzengefühl geführt, ihm sehr viel Atmosphäre gegeben und für jeden einzelnen Gast ein freundliches Wort gehabt“, sagt Altbürgermeister Dr. Werner Keitz, der konstatiert: „I hob`s megn.“

Bürgermeister Stephan Schlier erklärt: „Das geht einem schon nahe. Ich kenne wenige, die mit der Stadt so verbunden waren. Sie war eine starke Unternehmerpersönlichkeit, in glanzvollen und auch schwierigen Zeiten, die für ihre Gäste gelebt hat.“

„Für mich war sie immer die ,Queen of Bad Aibling‘“

Altbürgermeister Felix Schwaller über Erna Lindner

Altbürgermeister Felix Schwaller bekennt: „Für mich war sie immer die ,Queen of Bad Aibling‘. Im Auftreten immer korrekt und perfekt .“ Wie Queen Elizabeth II. von England habe auch sie „die gute alte Zeit“ verkörpert. „Beide waren der gleiche Jahrgang, jetzt sind sie im gleichen Jahr verstorben. So ein Pflichtbewusstsein, wie es diese Damen an den Tag gelegt haben, gibt es heute gar nicht mehr.“ Auch Schwaller spricht von der großen Verbundenheit der Verstorbenen mit Bad Aibling, dessen Geschicke sie laut Deitmar bis zuletzt mit größtem Interesse verfolgt hat.

Zu Grabe getragen wird Erna Lindner am kommenden Samstag, 3. Dezember, in Bad Aibling. Gottesdienst ist um 10 Uhr in Mariä Himmelfahrt, anschließend Beerdigung im städtischen Friedhof. „Das Hotel wird an dem Tag voll sein. Es wird ein letztes großes Fest geben – so, wie es ihr ganz sicher gefallen würde“, sagt Jost Deitmar.

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