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Bloß weg vom „Stachus von Au“: Das sind die Pläne der Gemeinde für einen „echten“ Dorfplatz

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Von: Eva Lagler

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So könnte ein Dorfplatz in Au aussehen: Das Trogerhaus in der Mitte, eine große Freifläche davor, ein Anbau für die Vereine dahinter.
Eine Vision rückt näher: So könnte ein Dorfplatz in Au aussehen: Das Trogerhaus in der Mitte, eine große Freifläche davor, ein Anbau für die Vereine dahinter.  © Thomas Poschauko

Dieser Dorfplatz dürfte so ziemlich der unattraktivste und ungemütlichste weit und breit sein. „Stachus von Au“ lautet die viel treffendere Bezeichnung für die Mitte des Bad Feilnbacher Ortsteils. „Aufenthaltsqualität gleich null“, sagt nicht nur Bürgermeister Anton Wallner. Deswegen will man nun handeln.

Bad Feilnbach – „Burgamoasta, schau, dass‘d as kaffst“, hatte schon vor Jahren Diplom-Ingenieur Christoph Scholter vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege dem Bad Feilnbacher Bürgermeister Anton Wallner ans Herz gelegt. „Er war ganz hin und weg, als er das Trogerhaus zum ersten Mal gesehen hat“, erinnert sich das Gemeindeoberhaupt an einen Austausch über das alte Bauernanwesen an der Schmiedgasse in Ortsteil Au.

Zwar sollte es daraufhin noch etliche Jahre dauern, bis es so weit war. Und es war auch nicht Wallner, sondern natürlich die Gemeinde, die das Anwesen schließlich erwarb. Zuvor hatte es dazu durchaus kontroverse Meinungen im Gemeinderat gegeben. Doch die meisten sehen heute vor allem das Potenzial, das in diesem Areal steckt.

Der Dorfplatz von Au, wie ihn jeder kennt.
Der Dorfplatz von Au, wie ihn jeder kennt. © Peter Strim

Experten halten diesen Immobilienkauf für einen echten Glücksgriff. Neben Scholter sieht das auch der Rosenheimer Kreisheimatpfleger Daniel Hoheneder so: „Dass eine Gemeinde so ein Anwesen erwirbt, ist das Gegenteil einer Selbstverständlichkeit. Mancherorts wird so etwas als Schandfleck gesehen.“ Dabei sei ein Hof mit zwei Vollgeschossen aus dem 16. Jahrhundert, der noch so gut erhalten sei, etwas ziemlich Einmaliges.

„Der Troger war koa Kloahäusler“

Kreisheimatpfleger Daniel Hoheneder

Für die Fachwelt hat ein Bauwerk wie dieses einen besonderen Wert auch aus geschichtlicher Sicht: „Wie stehen hier tatsächlich vor einer Zeitmaschine, wir sind damit in der ganz frühen Neuzeit“, meinte Hoheneder jüngst beim Abschlusstreffen der Teilnehmer am Projekt „Baukultur Alpenvorland“ in Au. Das Trogerhaus aus dem Jahr 1537 sei im Moment das älteste und eines der letzten noch so vollständig erhaltenen Bauernhäuser im ganzen Landkreis. Und: „Des war koa Kloahäusler. Das Trogerhaus war ein vollständiger Bauernhof, es erzählt die Bauernhofgeschichte des 16. Jahrhunderts. Allen Respekt der Gemeinde Bad Feilnbach, dass sie diese Chance zum Kauf ergriffen hat und etwas daraus machen will.“

Das Trogerhaus im Dornröschenschlaf. Mittlerweile ist der Bewuchs entfernt und man hat freien Blick auf das historische Anwesen.
Das Trogerhaus im Dornröschenschlaf. Mittlerweile ist der Bewuchs entfernt und man hat freien Blick auf das historische Anwesen. © Peter Strim

„Unsere jetzige Dorfmitte ist eine Verkehrsfläche mit null Aufenthaltsqualität, sozusagen der ,Stachus von Au‘“, so Wallner. Nun biete sich das 700 Quadratmeter große Grundstück samt Trogerhaus an, um dort nicht nur eine echte Dorfmitte zu gestalten, sondern für die Auer Bürger einen Ort der Begegnung zu schaffen. Denn: „Auch die Vereine suchen nach dem Wegfall der bisher genutzten Räumlichkeiten im Wirtshaus händeringend nach einer neuen Bleibe und scharren förmlich mit den Füßen, dass endlich was weitergeht.“

„Ideal für Feste und Open-Air-Filmabende“

Die ersten Visionen sind schon da. So kann sich Wallner einen Anbau hinter dem Anwesen vorstellen, in dem Räumlichkeiten für Vereine entstehen. Die große Fläche vor dem Trogerhaus hingegen böte sich für einen Dorfplatz förmlich an. Bei Veranstaltungen – etwa ein Maibaum- oder Weinfest, Open-Air-Filmabend oder musikalische Darbietungen – könne der Verkehr auch umgeleitet werden.

Eine alte Ansicht des Trogerhauses in Au.
Eine alte Ansicht des Trogerhauses in Au. © Archiv Poschauko

Das alles ist auch ganz im Sinne der Vorbesitzer, wie Thomas Poschauko von der Erbengemeinschaft der Familien Poschauko und Kalkusch gegenüber den OVB-Heimatzeitungen sagt. Er könne sich sehr gut vorstellen, dass das Gebäude und sein Umfeld einen klassischen Dorfplatz bilden, in und an dem Künstler und Vereine ihre Traditionen leben könnten.

Pepp Füss hat in dem Haus gelebt wie van Gogh

Thomas Poschauko

Gerade auch die Kunst stünde in der Tradition dieses Ortes: Poschaukos Großvater Karl Reesmann, Pepp Füss und der benachbarte, frühere Diakon Helmut Mayr hatten in jungen Jahren bereits gemeinsam an der Akademie der bildenden Künste in München studiert. Sie blieben zeitlebens miteinander verbunden. Füss bot das Trogerhaus 31 Jahre lang ein Zuhause, in dem er sich ganz seiner Kunst hingab. Das karge Innere hielt ihn nicht davon ab. „Er hat darin gelebt wie van Gogh“, so Poschauko.

Wird der Troger einst ein Treffpunkt für die Auer nach der Christmette in der gegenüberliegenden Pfarrkirche St. Martin?
Wird der Troger dereinst ein Treffpunkt für die Auer nach der Christmette in der gegenüberliegenden Pfarrkirche St. Martin? © Thomas Poschauko

Füss‘ großer Wunsch scheint nun Wirklichkeit zu werden: „Mein schöner Traum ist es, dass der Geist dieses Hauses Segen und Erleuchtung einbringt, die Geister der kommenden Träger zu beflügeln“, hatte er vor seinem Tod Ende 2021 gesagt. Er sehe eine große Chance darin, dass „das wunderbare Anwesen ein Kulturmittelpunkt werden kann, wo Mitglieder der Großgemeinde sich einbringen, zum Glück und Segen aller“. Und auch Thomas Poschauko blickt in diese Richtung: „Mein Traum ist es, eines Tages mit meinem Kind an der Hand an Heiligabend von der Kirche hier herüber zu gehen und dort an einer Feuerstelle mit anderen zusammenzukommen.“

„Behörden sehen eine Riesenchance in de Projekt“

Kreisheimatpfleger Daniel Hoheneder pflichtet bei: „Stimmiger kann es nicht werden. Das wird große Strahlkraft entwickeln, das ist Baukultur. Auch der Ansatz mit der Bürgerbeteiligung verspricht, dass es ein Dorfgemeinschafshaus im Sinne des Dorfes wird.“

Für das Vorhaben erhofft sich die Gemeinde Fördermittel vonseiten des Landesamts für Denkmalpflege und der Städtebauförderung. „Beide Behörden sehen in dieser Entwicklung eine Riesenchance“, sagt Bürgermeister Anton Wallner. Wie es nun weitergeht? „Heuer planen wir, nächstes Jahr wollen wir beginnen.“

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