Am Glasberg: Räumungsklage steht ins Haus

Kolbermoor – Seit längerem steht fest: Die bewohnten Häuser am Glasberg 12-14 müssen weg. Offenbar stehen jetzt bald trotzdem einige Bewohner kurzzeitig auf der Straße.
Fassungslos steht eine Nachbarin in ihrem Garten, in der Nähe der Häuser "Am Glasberg 12-14". Wie sie gegenüber rosenheim24.de erzählt, habe seit zwei Jahren festgestanden, dass die Häuser mit Sozial- und Obdachlosenwohnungen von der Stadt Kolbermoor verkauft und danach abgerissen würden. Einige Bewohner hätten sich auch daraufhin selbst eine neue Wohnung gesucht.
Haben sich die Mieter zu wenig um eine neue Wohnung gekümmert?
Andere hätten jedoch gewartet, bis der endgültige Bescheid im Dezember letzten Jahres einging, so die Nachbarin. Diejenigen die bis zuletzt gewartet haben, werden offenbar bald zunächst auf der Straße stehen. Die Stadt Kolbermoor habe den Verbliebenen zwar neue Wohnungen angeboten, allerdings seien diese viel teurer gewesen, so die 49-Jährige weiter. So sei es dazu gekommen, dass bis heute noch acht Bewohner "Am Glasberg 12-14" wohnhaft seien und nicht wüssten, was mit ihnen passiere.

Die 49-Jährige weiß deshalb so gut über die Situation Bescheid, weil sie selbst in diesen Häusern aufgewachsen ist. Auch ihre Tante lebte 54 Jahre und noch bis vor kurzem in einem der Häuser am Glasberg. Allerdings wurde sie auf der Suche nach einer neuen Wohnung schneller fündig als der Rest.
Wohnungen in einem sehr schlechten Zustand
Einerseits wehmütig, andererseits froh sagt die Nichte, dass der Zustand der Häuser sehr schlecht sei: "Es gibt nicht mal anständige Bäder in den Wohnungen." Außerdem sei an den Häusern auch sonst schon lange nichts mehr gemacht worden. "Es ist gut, dass die Häuser deshalb wegkommen. Den Bewohnern hätte die Stadt Kolbermoor allerdings einen vergleichbar günstigen Wohnraum anbieten müssen. Alle Angebote waren einfach zu teuer", so die Frau, die einen Großteil ihres Lebens in einem der Häuser verbracht hat.
Räumungsklage steht unmittelbar bevor:
Die Aussagen der Nachbarin bestätigten auch einige Bewohner in Haus Nummer 12. Unsere Reporterin traf drei Männer und eine Frau mittleren Alters (Namen der Redaktion bekannt), die dort gesellig zusammen in einer gut geheizten Wohnung saßen. Sie zeigten einen Brief der Stadt Kolbermoor, der am gleichen Tag, am Dienstag, 30. Oktober 2012, einging. In diesem war die Rede von einer Zwangsräumung, sollten die restlichen Bewohner ihre Wohnungen bis zum 8. November nicht geräumt haben.
Wörtlich hieß es in dem Schreiben: "Sehr geehrte Frau (...), mit unserem Schreiben vom 14.11.2011 haben wir das Mietverhältnis über die Räume Glasberg (...) zum 30.09.2012 fristgerecht gekündigt. Bis heute sind Sie nicht ausgezogen. Wir teilen Ihnen mit, dass das Mietverhältnis über die o. g. Wohnung nicht verlängert ist, bzw. wir eine Verlängerung des Mietvertrages nach § 545 BGB ablehnen. Seit 01.10.2012 befinden Sie sich jetzt in einem Nutzverhältnis, in dem eine monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe der bisherigen Mietkosten fällig wird. Wir bieten Ihnen an, einen Mietaufhebungsvertrag mit der Befristung 30.11.2012 zu unterzeichnen. Bitte kommen Sie hierfür in das (...) Rathaus. Sollten Sie den Mietaufhebungsvertrag bis 08.11.2012 nicht unterzeichnen, sind wir leider gezwungen, unverzüglich Räumungsklage bei Gericht einzureichen. (...)"
Bürgermeister: Mieter werden nicht allein gelassen
Die acht Verbliebenen werden von der Stadt Kolbermoor allerdings aufgefangen. Das versicherte auf Rückfrage Bürgermeister Peter Kloo: "Das Haus wurde im 19. Jahrhundert gebaut und ist mittlerweile nicht mehr bewohn- und sanierbar. Der Schimmel geht über die Decke rauf, außerdem sind die Elektroinstallationen sehr gefährlich. Deshalb ist die Stadt Kolbermoor verpflichtet, die Wohnungen zu räumen und Leib und Leben der Mieter zu schützen. Was wäre, wenn es mal brennt?", so der Bürgermeister.
Die dann Obdachlosen sollen in andere Unterkünfte gebracht werden, darüber seien sie auch informiert worden, so Kloo. "Wir bauen derzeit auch eine neue Obdachlosenunterbringung an der Pfarrer-Birnkammer-Straße für rund eine Million Euro. Die anderen Mieter der Sozialwohnungen werden geräumt, falls sie die Wohnungen nicht selbst verlassen", sagt Kloo. Doch auch diese würden nicht allein gelassen: Sie sollen danach per Bescheid eine Übergangswohnung zugewiesen bekommen. Dort könnten in einer Drei-Zimmer-Wohnung bis zu sechs Leute untergebracht werden, erklärt Kloo.
Mehr Eigenverantwortung und soziales Engagement
Dass einige Mieter noch keine neue Wohnung gefunden haben, bedauert der Bürgermeister. Allerdings hat er dafür auch eine Erklärung: "Diese Menschen haben auf dem freien Wohnungsmarkt keine Chance. Sie befinden sich in einer sozialen Schieflage. Wir werden allerdings niemanden auf die Straße stellen, dass er erfriert. Dennoch geht unsere Gesellschaft geht davon aus, dass jeder eine gewisse Eigenverantwortung trägt. Machen werden damit eben nicht fertig", erklärt Kloo. Deshalb hofft er, dass diese Menschen mithilfe der Gesellschaft und sozialer Betreuung wieder "auf die Spur gesetzt" werden können.
Was nach dem Abriss entsteht:
Die Häuser "Am Glasberg 12-14" wurden im 19. Jahrhundert einmal als Remisen und Stallungen gebaut. Jetzt sollen daraus durch die Rosenheimer Unternehmensgruppe Drösel 60 neue Wohneinheiten in einem Hochhaus entstehen, ähnlich dem Hochhaus der Stadt Kolbermoor mit der Nummer 15. Laut Bürgermeister Kloo seien ganz normale Wohnungen geplant, keine Luxuswohnungen. Allerdings befänden sich diese natürlich schon in einer ganz exklusiven Lage. "Die oberen Wohnungen mit Bergblick werden mit Sicherheit nicht ganz günstig sein", erklärt Kloo.
kmr